Gastkommentar Ralf-Wolfgang Lothert
Ein Hoch auf die Freiwilligkeit, ein Ja zur Dienstpflicht

| Redaktion 
| 22.09.2024

Gastkommentar von Ralf-Wolfgang Lothert, Mitglied der Geschäftsleitung und Director Corporate Affairs & Communication von JTI Austria.

In Zeiten von Naturkatastrophen, Unwettern und Überschwemmungen wird uns immer wieder vor Augen geführt, welch gravierende Schicksale damit verbunden sind. Meine Gedanken sind bei all jenen, die Verluste erlitten haben. Auf der anderen Seite zeigt sich aber auch: Österreich kann Katastrophe. Dies ist allen professionellen Organisationen wie Polizei oder Bundesheer, aber vor allem den tausenden Freiwilligen in Blaulicht- und Hilfsorganisationen zu verdanken, die mit unermüdlichem Einsatz oft bis an ihre Grenzen gehen – und im schlimmsten Fall ihr eigenes Leben opfern. Wir können diesen Einsatz gar nicht hoch genug schätzen, und vielleicht sollten wir ihn künftig nicht nur finanziell, sondern auch im täglichen Ansehen noch stärker würdigen.

Solidarität und sozialen Zusammenhalt

Diese Überlegungen führen mich direkt zu meinem eigentlichen Thema: Freiwilligkeit und Dienstpflicht. Freiwillig bedeutet, dass Menschen aus eigenem Antrieb für einen (meist) begrenzten Zeitraum eine unentgeltliche Tätigkeit übernehmen. Wir sind uns wohl alle einig, dass freiwillige Arbeit eine der wertvollsten Formen des Engagements ist – ob in Hilfsorganisationen oder Unternehmen. Das sogenannte "Volunteering", wie es etwa auch bei uns im Unternehmen heißt, ist von unschätzbarem Wert und verdient große Anerkennung.

Es stärkt den Austausch mit der Zivilgesellschaft und fördert so Solidarität und sozialen Zusammenhalt. Nicht nur gibt es den Mitarbeitenden Gelegenheit, sich innerhalb ihrer Arbeitszeit sinnstiftend für das Gemeinwesen zu betätigen oder womöglich sogar bisher unentdeckte Fähigkeiten zu entdecken. Es ist auch eine Möglichkeit, als Unternehmen gleichzeitig in die Mitarbeitenden und in die Gemeinschaft zu investieren. Bei JTI Austria (aber auch im gesamten Konzern auf globaler Ebene) hat sich dieses Konzept auf zahlreichen Ebenen als sehr erfüllend erwiesen. Es bereichert das Engagement in den begünstigten Gemeinschaften und die Mitarbeitenden sind zudem stolz darauf, Teil eines größeren und lohnenswerten Vorhabens zu sein.

Was abseits solcher Volunteering-Programme jedoch manchmal übersehen wird ist, dass es für freiwilliges Engagement nicht nur die Freiwilligen selbst braucht, sondern eben auch die Unternehmer:innen, die ihre Mitarbeitenden für den Zeitraum ihres Einsatzes vom Dienst freistellen – vielfach bei Fortzahlung des Entgelts, selbst wenn keine gesetzliche Verpflichtung dazu besteht. Auch das ist eine Leistung an der Allgemeinheit, für die es nicht immer die entsprechende Anerkennung oder gar Dank gibt.

Gemeinsames Einstehen für ein Ziel

Doch selbst die herausragende Bedeutung der Freiwilligkeit steht meiner Meinung nach nicht im Widerspruch zur Forderung nach einer allgemeinen Dienstpflicht in Deutschland und Österreich. Eine verpflichtende, mindestens einjährige Dienstzeit im Wehr- oder Zivilbereich für alle Bürger:innen wäre aus meiner Sicht nicht nur eine Frage der Fairness, sondern auch eine moralische Verpflichtung aller gegenüber ihrem Land. Einmal mehr zitiere ich die berühmten Worte von John F. Kennedy: "Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann – fragt, was ihr für euer Land tun könnt."

Eine solche Dienstpflicht würde nicht nur die Verbindung der Menschen zu ihrem Land und zu den gemeinsamen Grundwerten stärken. Aus meiner eigenen Erfahrung in der Bundeswehr über einen Zeitraum von fast zwei Jahren weiß ich, dass man in dieser Zeit viel mehr mitnimmt, als man vielleicht zunächst erwartet. Die Kameradschaft, der strukturierte Einsatz und das gemeinsame Einstehen für ein Ziel haben mich tief geprägt und wirken bis heute nach.

Tiefe und nachhaltige Verbindung

Es geht um mehr als nur den Dienst an der Gemeinschaft – es geht um eine tiefe, nachhaltige Verbindung zu unserem Staat, die ein solches Engagement hervorbringt. Wer selbst bereit ist, einen Beitrag zu leisten, wird auch andere dazu ermutigen und damit ein starkes Band der Solidarität schaffen. Ich bin mir sicher, dass nach gewisser Zeit diese Dienstpflicht nicht als wirkliche Pflicht empfunden wird, sondern als ein stolz machender Beitrag für unsere Gesellschaft. Deshalb bin ich fest von der Sinnhaftigkeit einer allgemeinen Dienstpflicht überzeugt – zusätzlich zum großartigen freiwilligen Engagement. Nur so können wir sicherstellen, dass wir gemeinsam stark sind – nicht nur in guten, sondern ganz besonders in schwierigen Zeiten, wie wir sie gerade erleben.

Deshalb lassen Sie uns nicht nur die Freiwilligen hochleben, sondern treten wir gemeinsam auch dafür ein, dass alle ihren persönlichen Beitrag an und für die Gesellschaft leisten.

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