Erzeugt Proteine und Vitamine
Forscher entwickeln Nahrung aus CO₂, die Fleisch und Fisch ersetzen könnte

Ein Team aus Wissenschaftler:innen der Universität Tübingen stellt aus Kohlenstoffdioxid wertvolle Proteine und Vitamine her, die ansonsten bei der Ernährung vorwiegend aus Fleisch und Fisch aufgenommen werden – und läutet damit womöglich eine Revolution unserer Essgewohnheiten ein.

Dass der Konsum von Fleisch und Fisch für die Umwelt bedenklich ist, ist inzwischen bei vielen Menschen angekommen. Eines der Probleme dabei ist etwa, dass neben den Flächen für die Tierhaltung auch unzählige Hektar Land für den Anbau der Futtermittel gebraucht werden. Ein Forschungsteam der Universität Tübingen hat nun eine Lösung entwickelt, die womöglich unser gesamtes Ernährungskonzept auf den Kopf stellen könnte: Nahrung aus CO₂.

"Wir nähern uns zehn Milliarden Menschen auf der Welt, und angesichts des Klimawandels und begrenzter Landressourcen wird es immer schwieriger, genügend Nahrungsmittel zu produzieren", erklärt Forscher Largus Angenent die Problemstellung. "Eine Alternative ist die Herstellung von Proteinen in Bioreaktoren, anstatt Nutzpflanzen anzubauen, um Tiere zu füttern, die heute Proteine liefern. Das macht die Landwirtschaft viel effizienter."

Das Rezept: Wasserstoff, Essigsäure, Sauerstoff – und Germ!

Bei der entwickelten Methode handelt es sich um einen zweistufigen Fermentationsprozess, wie der Wissenschaftler erklärt. Dieser Prozess ähnle der Bierherstellung. Allerdings wird den Mikroben kein Zucker gegeben, wie dies beim Bierbrauen der Fall ist, sondern Wasserstoff und Essigsäure.

In der ersten Stufe der Herstellung der CO₂-Nahrung wandelt das Bakterium "Thermoanaerobacter kivui" Wasserstoff und CO₂ in Essigsäure um. Im zweiten Schritt ernährt sich der Pilz "Saccharomyces cerevisiae" – dabei handelt es sich um herkömmliche Germ bzw. Hefe – von Essigsäure und Sauerstoff. Im Zuge dessen werden Proteine und Vitamin B9 hergestellt. Spannend ist, dass die Proteinkonzentration bei dem erzeugten Produkt höher ist als bei den üblichen Proteinquellen in unserem Ernährungsplan, sprich Fleisch, Fisch und Linsen. 

Die für diese Prozedur verwendeten Elemente Wasserstoff und Sauerstoff stellten die Forscher:innen übrigens aus Wasser her, dessen Moleküle mittels grünem Strom gespalten wurden.

Vegan, gentechnikfrei und nachhaltig

Ganz ausgereift scheint der Prozess aber dann doch noch nicht zu sein. Der Forscher Angenent empfiehlt nämlich, die Germ so zu behandeln, dass keine Purine erzeugt werden. Diese sind etwa in Fleisch, Fisch oder auch Meeresfrüchten enthalten und können Gicht auslösen. Auf die Frage, wie er das schaffen will, liefert der Wissenschaftler aber noch keine Antwort.

Dennoch ist Angenent von seiner CO₂-Nahrung überzeugt: "Die Tatsache, dass wir Vitamine und Proteine gleichzeitig mit einer ziemlich hohen Ausbeute herstellen können, ohne Land zu nutzen, ist aufregend. Das Endprodukt ist vegetarisch/vegan, gentechnikfrei und nachhaltig, was für Verbraucher attraktiv sein könnte."

Die gesamte Studie können Sie hier nachlesen.

www.uni-tuebingen.de

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