"Was wäre die Welt nur ohne Kunst, Rolando Villazón?"

| Gerhard Krispl 
| 06.04.2023

Wie der Opernstar über Humor denkt, wer Clown Rolo ist und was Kunst für ihn bedeutet, erzählt er im Interview mit LEADERSNET-ART-Herausgeber Gerhard Krispl.

LEADERSNET: Überall wo Sie erscheinen, geht die Sonne auf! Macht Humor das Leben leichter?

Villazón: Wissen Sie, das Leben muss nicht leicht sein, es hat ohnehin Gewicht! Humor hilft uns dabei, das Leben in einem anderen Licht zu sehen und macht uns kreativer. Oftmals übertreiben wir es mit unserer Seriosität, aber das hat nichts damit zu tun, wie das Leben eigentlich ist. Lachen kann so befreiend sein, dass man hinterher das Gefühl hat, endlich wieder frei atmen zu können.

LEADERSNET: Bleibt Ihnen das Lachen manchmal im Hals stecken?

Villazón: Die tragischen Geschehnisse, die wir täglich in den Nachrichten sehen, darüber kann ich nicht lachen. Ich lache gern, aber ich weiß, dass es auch Anderes gibt.

LEADERSNET: Lachen und Weinen liegen nah beieinander ...

Villazón: Ich muss über so vieles lachen. Und ich liebe es besonders, wenn die Leute über etwas lachen, das ich erzähle oder mache. Ich liebe es, den Clown zu spielen, genauso wie ich die Ruhe liebe. Wenn die Traurigkeit kommt, umarme ich sie. Alle Arten von Gefühlen zu erfahren, heißt zu leben und das ist ein fixer Teil im Leben aller Menschen. Immer nur zu lachen und fröhlich zu sein, ist auch nicht richtig. In diesem Sinne ist Kunst jeder Art ganz wichtig. Ein Leben, das nur aus Lachen besteht, ist auch kein wahres Leben. Das richtige Lachen kommt aus der Kombination von all diesen Erfahrungen.

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Rolando Villazón © Christian Jungwirth

LEADERSNET: Als Clown "Dr. Rolo" besuchen Sie immer wieder Krankenhäuser. Wie bringt man Menschen, die schwer krank sind, zum Lachen?

Villazón: Das Schöne daran, ein Clown zu sein, ist das Improvisieren! Das ist übrigens sehr Mozart-like, mozartean. Mozart liebte es, zu improvisieren. Die Kunstform der Improvisation ist das Spezialgebiet der Clowns! Bei meinem ersten Kontakt mit Clowns in einem Krankenhaus war mir sofort klar: Das will ich auch machen! Das war die Geburtsstunde von Dr. Rolo, der wie ein dummer August ist, der alles falsch macht und nichts versteht. Wir bringen die Patienten dazu, über ihre eigenen unglücklichen Momente zu lachen, und das befreit und erleichtert. Hierbei muss man ein Gespür dafür entwickeln, ob das für den Patienten jetzt auch so passt. Vieles ist Improvisation, manchmal sind wir Clowns gar nicht da, um jemanden zum Lachen zu bringen. Manchmal reicht auch ein kleines Liedchen aus und du siehst und du spürst, was für eine Energie da entsteht.

LEADERSNET: Kunst ist eine Art Lebensmittel. Was wäre die Welt ohne Kunst?

Villazón: Es wäre eine Welt ohne Unterbewusstsein. Kunst ist eine universelle Sprache, die uns erzählt, wer wir in unserem Innersten sind und die die Leute zusammenbringt. Nur weil wir Menschen sind und weil es Menschen gibt, gibt es Kunst. Kunst ist somit Teil des Menschseins. Das sieht man auch gerade jetzt in dieser schwierigen Zeit: Kunst bleibt bestehen. Wir finden Möglichkeiten, wir finden Wege, weiter Kunst zu machen und Kunst zu erleben.

LEADERSNET: Künstler müssen sich kein Blatt vor den Mund nehmen. Was würden Sie dieser Welt ausrichten wollen?

Villazón: Das Wichtigste ist, dass wir uns – once and for all – als Equals sehen. Als ebenbürtige, gleichwertige Menschen. Dass wir einander zu akzeptieren lernen, unabhängig von Sprache, Herkunft, Hautfarbe, Religion und so weiter.

Derzeit arbeitet Rolando Villazón mit Harfenist Xavier de Maistre an dem gemeinsamen Programm "Serenata latina". Nach dem Auftakt am 4. März in Braunschweig folgt das nächste Konzert am 25. Mai in Hamburg. Das dazugehörige Album besteht aus traditionellem Folk und Art Songs aus seinem Geburtsland Mexiko.

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