Fachkräftemangel – das ist einer der wichtigsten Begriffe unserer Zeit. Und dieses Phänomen macht auch nicht vor dem österreichischen Gesundheitssystem Halt. Die Folge: Es fehlen etliche Fachkräfte in verschiedenen Bereichen. Um den Zusammenbruch des nationalen Gesundheitssystems zu verhindern, hat die österreichische Regierung daher beschlossen, auch ausländischen Arbeitnehmern, die im Krankenhaussektor arbeiten können und möchten, diese Chance zu ermöglichen. Dieses Vorhaben geht auf Gesundheitsminister Johannes Rauch zurück, der eine "Politik der offenen Tür" für Migranten mit Gesundheitsqualifikationen als einzige Lösung für das Problem des Fachkräftemangels sieht.
In konkreten Zahlen: Österreich will bis zum Jahr 2030 mindestens 75.000 Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen für eine Tätigkeit hierzulande gewinnen. Diese Information wurde vom Nachrichtenportal Europa Today veröffentlicht. Ergänzend dazu, kündigte die österreichische Regierung Gehaltserhöhungen und beschleunigte Fristen für die Anerkennung von Universitätsabschlüssen ausländischer Arbeitskräfte an.
"Wir haben in Österreich einen Arbeitskräftemangel und werden Zuwanderung im Gesundheits- und Sozialbereich brauchen", sagte der Minister ebenso in einem Interview mit der Zeitung Der Standard. Und weiter: "Wir können dieses Problem nicht anders lösen. Die anderen Lösungen funktionieren aus demografischer Sicht einfach nicht." Hinzu komme, dass die Pandemie die Nachfrage in den Krankenhäusern des Landes erhöht habe.
Großer Druck und niedrige Gehälter
Aber warum ist dieser Bereich eigentlich so in die Schieflage gekommen? Und warum kehren ihm immer mehr ausgebildete Kräfte den Rücken? Zu den am häufigsten genannten Gründen zählen lange Arbeitszeiten, stressige Arbeitstage und niedrige Gehälter. Berichten zufolge, sei vielen Arbeitnehmern im Gesundheitsbereich der Druck, der mit dem Job einhergehe, schlichtweg mittlerweile zu hoch. Ebenso spielt das Corona-Virus eine essentielle Rolle. Denn es führte laut Rauch, der bereits der dritte österreichische Minister seit Anbeginn der Pandemie ist, zu einer generellen Unzufriedenheit, die nicht zu leugnen ist. Die mangelnde Pflege, der Mangel an Ärzt:innen oder die völlig unzureichende psychologische Betreuung, vor allem für junge Menschen in der Krise, machen die Arbeit in Summe zu einer Herausforderung. Darauf versucht die Regierung jedoch bereits zu reagieren und hat Anfang 2022 ein milliardenschweres Reformpaket vorgelegt, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Zu den Versprechen des Gesundheitsministers gehört dabei auch, die Gehälter der Krankenschwestern zu erhöhen.
Das bedeutet umgekehrt wiederum: Menschen, die sich aktuell für einen Job im Gesundheitswesen interessieren, profitieren von diesem gesellschaftlichen Umbruch und den damit verbundenen Maßnahmen. Denn noch nie hat sich in diesem Sektor so viel in so kurzer Zeit entwickelt. Auch zusätzliche Führungskräfte in Gesundheits- und Sozialbereichen wird es brauchen. Es lohnt sich also, eine Ausbildung im Gesundheitsbereich zu starten und den passenden Bereich für sich zu finden. Auch Studiengänge rund um das Thema Gesundheitsmanagement sind eine Möglichkeit, um eine Leitungsfunktion zu erlangen.
Um Fachkräfte für das Gesundheitswesen in Österreich zu gewinnen, hat die Regierung außerdem – wie bereits erwähnt – versprochen, dass das Verfahren zur Anerkennung von im Ausland erworbenen Ausbildungen erheblich vereinfacht wird. Damit soll die Gleichwertigkeit von Qualifikationen verbessert werden, wodurch es ausländischen Fachkräften erleichtert wird, am österreichischen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Nach Ansicht der Verantwortlichen des europäischen Landes wird diese Änderung auch dazu führen, dass Fachkräfte im Gesundheitswesen eher nach Österreich als in andere Länder der Europäischen Union abwandern.
Nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa
Die Situation beschränkt sich allerdings keineswegs auf das vergleichsweise kleine Land Österreich, sondern während der Pandemie gab es einen wahren Run auf zusätzliche Betten. Zudem drängten die Regierungen Hersteller:innen, Atemschutzgeräte und Masken zu produzieren. Jetzt ist der Nachschub längst da, doch der Mangel an Ärzt:innen, Krankenschwestern und Techniker:innen sorgt für keinerlei Entspannung. Die Regierung rekrutierte daher auch Medizinstudent:innen und bat Ärzt:inne., die im Ausland tätig sind, in ihre Heimat zurückzukehren. Krankenhäuser suchen indes händeringend nach Freiwilligen und bieten sogar Teilzeitjobs für medizinisches, Reinigungs- und Wartungspersonal an.
In einigen französischen Städten ist die Situation mittlerweile sogar dramatisch. In Chinon, in der touristischen Schlossregion des Loiretals, wurden etwa die einzige städtische Notaufnahme sowie die Entbindungsklinik wegen Personalmangels geschlossen. Auch in der Region Paris ist die Lage angespannt: Die Intensivstationen des öffentlichen Netzes kämpfen ebenso mit Schließungen und bereits 30 Prozent der Operationssäle in der französischen Hauptstadt sind von Personalmangel betroffen. Die Folge: Die Chirurgen sind gezwungen, weniger dringende Operationen zu verschieben.