"Diversität und Inklusion sind ein Erfolgsfaktor für Innovation"

Das Logistik-Startup Storebox wächst und steuert die Marktführerschaft im deutschsprachigen Raum an. Dabei achtet es auf eine diverse und inklusive Kultur im Unternehmen und ein nachhaltiges Wirtschaften. LEADERSNET hat Diana Schubert, Head of People and Culture, und Geschäftsführer Johannes Braith zum Gespräch gebeten.

LEADERSNET: Frauen in Führungspositionen sind nach wie vor eine Seltenheit. Storebox zeigt, dass das aber nicht so sein muss. Seit diesem Jahr sind sechs von elf Führungspositionen von Frauen besetzt. Was hat dazu geführt?

Schubert: Die PropTech-Szene ist sehr männerdominiert. Das war auch in der Anfangszeit bei Storebox so. Bewerbungen sind hauptsächlich von männlichen Kandidaten gekommen. Um ein Gleichgewicht zu schaffen, haben wir unsere Recruiting-Strategie geändert. Gleichgewicht bedeutet ja nicht, man schaut, was reinkommt und jeder wird fair behandelt. Man muss ein Gleichgewicht an Personen schaffen, die überhaupt evaluiert werden. Durch das aktive Sourcing haben wir mehr Frauen ins Rennen gebracht und die Bessere hat den Job bekommen. Wir haben auch beim Definieren von Positionen darauf geachtet, eine diverse Kultur zu schaffen. Diese Maßnahme in Kombination mit anderen, Richtung wie wir uns als Arbeitgeber definieren oder welche Benefits wir aufzeigen, hat dazu geführt, dass wir auch als attraktiv wahrgenommen werden von diversen Personen.

LEADERSNET: Sie sagen selbst, dass beim Recruiting Fehler gemacht  wurden und die Strategie geändert wurde. Was machen Sie jetzt besser?

Schubert: Jedes Unternehmen startet einmal klein. Am Anfang hat man diejenigen, die sich beworben haben, eingeladen, einen Kaffee getrunken und dann ging es los, wenn es gepasst hat. Als Storebox größer geworden ist, haben wir gemerkt, dass es nicht so einfach geht. Man weiß, dass man Leute, die einem ähnlich sind, auf gewisse Art und Weise sofort sympathisch findet, aber das sorgt nicht für eine diverse und inklusive Kultur. Als Maßnahme haben wir den Recruiting-Prozess von einem auf drei Schritte erweitert und unterschiedliche Stakeholder involviert. Es gibt drei Meinungen und so können wir ein unbiased Hiring schaffen.

LEADERSNET: Ein Problem, mit dem Frauen und diverse Personen am Arbeitsplatz oft konfrontiert werden, ist Diskriminierung. Wie gehen Sie bei Storebox mit diesem Thema um?

Schubert: Diskriminierung wird bei uns überhaupt nicht geduldet. Das kommt Gott sei Dank nicht vor. Es gibt anonyme Meldungen, Umfragen und Sprechstunden, die Leute können jederzeit zu uns kommen. Mit dem Thema Diskriminierung ist noch nie jemand zu uns gekommen, bei den anonymen Umfragen erhalten wir immer die höchsten Werte bei respektvollem Verhalten. Darauf bin ich sehr stolz. Wir haben auch Menschen mit Behinderung im Unternehmen und ich glaube, dass das dazu beiträgt, dass die Leute sensibler sind und an ihrer sozialen Kompetenz arbeiten. Wir profitieren sehr davon und ich glaube, das ist auch ein Erfolgsfaktor, wieso bei uns Diskriminierung dankenswerterweise nicht auf der Tagesordnung liegt.

LEADERSNET: Storebox weist nicht nur eine hohe Frauenquote in Führungspositionen auf, die 50 Mitarbeiter:innen gehören auch zehn verschiedenen Nationen an. Welche Rolle misst Storebox geschlechtergerechten und diversen Teams bei der Erreichung seiner Unternehmensziele bei?

Schubert: Man kann verschiedensten Studien entnehmen, dass Diversität und Inklusion ein Erfolgsfaktor für Innovation sind. Dadurch wird der Rahmen geschaffen, um offen miteinander zu reden. Die Leute merken, dass sie Sachen ansprechen und laut sein dürfen, ohne diskriminiert zu werden oder in den Hintergrund zu geraten. Man kann noch so viel an Werten und Kultur auf der Website präsentieren oder Presseaussendungen machen, die Umgebung schafft man nur durch Handeln. Diese Handeln verleitet zu Innovation. Innovation ist natürlich Erfolg und als privatwirtschaftliches Unternehmen profitieren wir davon.

LEADERSNET: Welche Ziele verfolgt Storebox aktuell?

Braith: Bis 2025 wollen wir das größte urbane Logistiksystem werden. Aktuell haben wir 150 Filialen und in den nächsten zwölf Monaten wollen wir uns mindestens verdoppeln. Das ist das erklärte Unternehmensziel. Wir sind in erster Linie nur im deutschsprachigen Raum unterwegs, also Österreich, Deutschland und Schweiz, haben allerdings auch eine Filiale in Luxemburg und werden in den nächsten Monaten auch in Belgien starten. Der Hauptfokus ist aktuell aber definitiv in Deutschland.

LEADERSNET: Welche Rolle spielt bei Investitionen der Nachhaltigkeitsgedanke?

Schubert: Wir haben in erster Form kleine Maßnahmen gesetzt – die Steckdosen ausgewechselt, damit die einen Off-Knopf haben, der richtige Umgang mit Standby-Geräten bis hin zur Mülltrennung. Als digitales Unternehmen haben wir Geschäftsreisen auf ein Minimalstes reduziert. Wir wollen auch CO2-Neutralität durch Kompensation erlangen. Dafür haben wir uns für „Fokus Zukunft“ als Partner entschieden und berechnet, wie viel Emissionen Storebox als Unternehmen produziert. Es sind bereits über 500 Tonnen Emissionen neutralisiert worden. Wir sind in einer Wachstumsphase, wollen aber nicht, dass die Emissionen exponentiell mitwachsen.

LEADERSNET: Als eine Möglichkeit, CO2 einzusparen, gelten auch Pick Up-Stationen. Wie kann mit solchen Abholstationen CO2 gespart werden?

Braith: Gemeinsam mit der Technischen Uni Wien und dem Austrian Institute of Technology haben wir uns angesehen, unter welchen Voraussetzungen Click & Collect-Lösungen weniger CO2 emittieren als eine klassische Home-Delivery. Rausgekommen ist, dass man durch höhere Auslastung der Fahrzeuge CO2 einsparen kann. Je höher die Zustellquote, desto weniger Retouren. Studien zeigen auch, dass es generell CO2-ärmer ist, in effizienten Logistiksystem Sachen nach Hause zu bestellen, als mit seinem Pkw selbst in eine Shoppingmall zu fahren. Diese Bündelungseffekte durch Logistik auf der letzten Meile sind CO2-sparender. Es ist ja oft so, dass man sagt, Online-Handel oder E-Commerce sind böse, weil sie verursachen CO2. Das ist nicht die ganze Wahrheit, eigentlich verursacht es weniger.
Schubert: Das E-Commerce-Business boomt einfach. Uns ist es sehr wichtig, in das Logistiknetzwerk nachhaltige Methoden einzubringen.

LEADERSNET: Storebox hat seinen Fokus auf den urbanen Raum gelegt. Ist es dennoch denkbar, gerade Pick Up-Stationen auch auf den ländlichen Raum auszuweiten?

Braith: Wir haben ein Pilotprojekt in Kaumberg, einer 1.500 Seelengemeinde ungefähr eine Stunde südlich von Wien. Dort gibt es einen Storebox-Locker, den Personen als Zustelladresse auswählen können. Der Paketfahrer muss teilweise für eine Zustellung fünf Kilometer in irgendein Tal fahren. So kann er im Zentrum alle Pakete zustellen und derjenige, der in dem Tal ganz hinten wohnt, kann, wenn er Einkaufen oder ins Wirtshaus fährt, das Paket mitnehmen. Wir haben auch die Technologieakzeptanz erforscht. Unsere These war, am Land wird es nicht so gut angenommen. Das Gegenteil war der Fall. Es wird extrem gut angenommen und wir haben auch gesehen, dass  die CO2-Einsparungspotentiale am Land höher als in der Stadt sind. Es ist durchaus denkbar, dass wir das irgendwann ausweiten.

LEADERSNET: Nachhaltig ist auch, dass Storebox leerstehende Geschäftslokale als Lager nutzt. Wie leicht lassen sich Räumlichkeiten, die ursprünglich für einen anderen Zweck als Selfstorage gebaut werden, in eine Lagermöglichkeit umwandeln?

Schubert: Wir verwenden nur leerstehende Objekte, uns ist es ein Anliegen keine Neubildung zu schaffen. Die Umbauten und Ausbauten werden sehr effizient gestaltet. Es werden nur minimal notwendige Sanierungen gemacht. Der Benefit einer Storebox ist, dass wir sehr schnell die Ideen, die so gesehen standardisiert sind, individuell einbauen und die Projekte sehr schnell umsetzen können. Das heißt, das sind keine Sanierungsprojekte von ein paar Monaten, sondern eher von ein paar Wochen. (nf)

www.yourstorebox.com

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