Fotos vom Oesterreichs Energie Trendforum
Experten diskutierten, was Österreich aus iberischem Blackout lernen kann

| Larissa Bilovits 
| 25.11.2025

Beim Trendforum von Oesterreichs Energie stand die Frage im Mittelpunkt, wie Energiesysteme krisenfester werden können. Der Blick auf den jüngsten Fall in Spanien machte deutlich, wo Handlungsbedarf besteht. 

Der großflächige Blackout auf der Iberischen Halbinsel hat eindrucksvoll vor Augen geführt, wie verletzlich hochvernetzte Energiesysteme sind – und wie entscheidend stabile Netze, klare Regeln und gezielte Investitionen für die Versorgungssicherheit bleiben. Beim gestrigen Trendforum von Oesterreichs Energie erläuterte der Leiter der Europäischen Untersuchungskommission erstmals zentrale Erkenntnisse zum Stromausfall vom 28. April 2025 und zeigte ebenso auf, welche Lehren sich daraus für Österreich ziehen lassen.

Blackout kostete Spanien rund eine Milliarde Euro

"Den einen klaren Auslöser gibt es nicht, es war eine Verkettung von mehreren nachteiligen Umständen", resümierte Klaus Kaschnitz, Betriebsdirektor der Austrian Power Grid und Leiter der Untersuchungskommission zum Iberian Blackout bei ENTSO-E, dem Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber. Der spanische Vorfall als "First of its kind" verdeutliche, wie wichtig ausreichende Sicherheitsreserven, genügend Netzkapazität und ein konsequenter Netzausbau seien. Auch die Bedeutung der Blindleistung rücke stärker in den Fokus. "Es ist ein Gebot der Stunde, alle Möglichkeiten zur Netzstabilisierung zu nutzen. Auch kleine Anlagen können einen Beitrag leisten. Dafür brauchen wir klare, zeitgerecht etablierte Regelwerke", ist Kaschnitz überzeugt.

Dies sei gerade deshalb essenziell, weil das Eintreten des Ernstfalls mit hohen Kosten einhergehen kann, erläuterte Monika Köppl-Turyna, Direktorin EcoAustria, Institut für Wirtschaftsforschung: "Der Blackout hat Spanien rund eine Milliarde Euro gekostet. Das sind etwa 0,1 Prozent des BIP. Direkt sichtbar waren Schäden von 300 bis 500 Millionen Euro, der Rest sind länger anhaltende Ausfälle und zusätzliche Kosten, wenn etwa Anlagen komplett zerstört wurden."

Lehren für Österreich

Was im Fall der Fälle nötig ist, um einen solchen Komplettausfall möglichst zu verhindern, erklärte Bernd Klöckl, Universitätsprofessor für Energiesysteme und Netze an der Technischen Universität Wien (TU Wien): "Die Großstörung vom 28. April dieses Jahres wird nach jener vom 4. November 2006 die zweite sein, an die wir noch Jahrzehnte zurückdenken werden, weil sie uns viel über das richtige Design von Netzanschlussregeln und Systemschutzplänen gelehrt haben wird." Österreich stehe zwar nicht außerhalb der Risiken, sei aber besser aufgestellt als Spanien, meinte Klöckl weiter: "Wir sind viel stärker an die Nachbarn angebunden und haben durch den hohen Anteil der Wasserkraft bessere Möglichkeiten zum Versorgungswiederaufbau. Trotzdem müssen auch wir die technischen Herausforderungen der Energiewende ernst nehmen."

Ansatzpunkte zur Optimierung gäbe es laut dem Universitätsprofessor viele: "Alle im iberischen Blackout beobachteten Phänomene sind durch Netzausbau und robuste Systemschutzpläne verbesserbar. Der Ablauf der Störung war ein eindeutiger Beweis dafür, dass sich Investitionen in ein technisch hervorragendes Netz immer auszahlen", so Klöckl. Wirtschaftsforscherin Köppl-Turyna betonte hier zudem die Bedeutung der richtigen Marktanreize: "Etwa für mehr grundlastfähige Erzeugung und zusätzliche Speicherkapazitäten oder durch langfristige Verträge zwischen Energiewirtschaft und Unternehmen, die Investitionssicherheit schaffen. Am Ende ist Resilienz ein harter ökonomischer Standortfaktor: Ein robustes, krisenfestes Energiesystem ist ein Wettbewerbsvorteil für Europa und für Österreich."

Eingriffe von außen müssen verhindert werden

Thomas Starlinger, sicherheitspolitischer Berater der Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten, ergänzte die technische Analyse um eine sicherheitspolitische Perspektive: "Aus sicherheitspolitischer Sicht stellt sich die Frage, ob derartige Szenarien ausschließlich technische Ursachen haben oder auch durch externes Eingreifen ausgelöst werden könnten." Für Österreich würden sich daraus klare Schlussfolgerungen ergeben: "Wir müssen uns fragen, ob wir wirklich ausreichend Reserven im System haben. Technisch, organisatorisch und sicherheitspolitisch. Und wir müssen alles daransetzen, zu verhindern, dass jemand von außen in unsere Netze und Steuerungssysteme eingreifen kann. Das betrifft sowohl den physischen Schutz kritischer Infrastruktur als auch die Cybersicherheit."

Energiesicherheit sei damit längst eine sicherheits- und geopolitische Frage, wie Starlinger zusammenfasset: "Je robuster, redundanter und besser geschützt unsere Systeme sind, desto widerstandsfähiger ist unser Land in Krisen und desto glaubwürdiger können wir sagen, dass wir auf den Ernstfall vorbereitet sind. Fakt ist, Resilienz ist wichtig und wird uns auch etwas kosten."

Hohe Versorgungssicherheit ist kein Selbstläufer

Dass hohe Versorgungssicherheit kein Zufall ist, sondern tägliche Arbeit bedeutet, betonte Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie: "Österreich liegt europaweit an der Spitze. Unsere Netze sind stabil, die Ausfallzeiten im internationalen Vergleich sehr gering, und wir haben eine starke Basis aus Wasserkraft, Speicherkapazitäten und gut eingespielten Abläufen. Für den Wirtschaftsstandort Österreich ist das entscheidend. Ohne sichere Stromversorgung gibt es keine wettbewerbsfähige Industrie, keine Digitalisierung und auch die Energiewende wird nicht funktionieren."

Auch Präsident Michael Strugl unterstrich abschließend den finanziellen und strukturellen Aufwand dahinter: "All das gibt es nicht zum Nulltarif. Hohe Versorgungssicherheit ist kein Selbstläufer. Sie erfordert kontinuierliche, große Investitionen in Netze, Kraftwerke und Digitalisierung sowie eine enge Zusammenarbeit aller Akteure. Wenn wir das hohe Niveau halten wollen, müssen wir auch in Zukunft bereit sein, entsprechend zu investieren."

Eindrücke vom Trendforum finden Sie in unserer Galerie.

www.oesterreichsenergie.at

Kommentar veröffentlichen

* Pflichtfelder.

leadersnet.TV