IHaM-Analyse
Wie Österreichs Online-Shopper auf neue Zollregeln reagieren würden

| Redaktion 
| 13.11.2025

Eine aktuelle IHaM-Studie zeigt, wie Konsument:innen auf die geplante Abschaffung der Zollfreigrenze für Importe unter 150 Euro aus Drittstaaten eingehen.

Die bisher geltende Zollfreigrenze legt fest, dass Waren aus Nicht-EU-Ländern erst ab einem Wert von 150 Euro verzollt werden müssen. Bestellungen unterhalb dieser Grenze – etwa typische Kleinwaren, die häufig über Plattformen wie Temu oder Shein gekauft werden – waren bislang zollfrei. Mit der geplanten Abschaffung dieser Regelung sollen künftig auch günstigere Produkte aus Drittstaaten verzollt werden. Ziel sei es, Wettbewerbsverzerrungen zu reduzieren und die Paketflut aus Ländern wie China einzudämmen. Das Institut für Handel, Absatz und Marketing (IHaM) hat sich nun im Rahmen einer Untersuchung mit diesem Thema tiefer beschäftigt. Das sind die Ergebnisse.

Hohe Nutzung asiatischer Online-Plattformen

Rund 41 Prozent der 16- bis 74-Jährigen in Österreich haben im vergangenen Jahr mindestens einmal bei Online-Anbietern wie Temu oder Shein bestellt. Das Institut für Handel, Absatz und Marketing (IHaM) hat diese Käufergruppe detailliert befragt, um einzuschätzen, wie sie zur Abschaffung der Zollfreigrenze steht und wie sich diese Änderung künftig auf ihr Kaufverhalten auswirken könnte. "Wie signifikant das dynamische Wachstum der asiatischen Online-Plattformen am österreichischen Markt eingebremst werden kann, bleibt abzuwarten. Kurzfristig ist mit Inkrafttreten von Zollgebühren eine Shopping-Delle zu erwarten, auf lange Sicht ist zu befürchten, dass die Warenpreise bei Temu, Shein & Co. auch mit Zollgebühren vergleichsweise billig ausfallen werden und Konsument:innen zur Schnäppchenjagd animiert. Dennoch, die Abschaffung der Zollfreigrenze setzt ein wichtiges Signal an die Österreicher:innen: es ist Zeit zum Umdenken, nicht (nur) der Preis, sondern auch der Wert, Umwelt und Nachhaltigkeit müssen bei Kaufentscheidungen mehr in den Vordergrund rücken", sagt IHaM-Institutsvorstand Christoph Teller.

Meinung zur Abschaffung der Zollfreigrenze für Pakete unter 150 Euro aus Drittstaaten (z.B. Asien) © IHaM Institut für Handel, Absatz und Marketing

Geteilte Einschätzung zur neuen Regelung

Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Spaltung. 47 Prozent der Befragten befürworten die Abschaffung, da auch österreichische Händler:innen bei Importen aus Asien Zoll entrichten müssen. 53 Prozent bewerten sie negativ und sehen darin vor allem eine Belastung für Konsument:innen. Besonders ausgeprägt ist die Kritik unter Personen, die sehr häufig in asiatischen Shops bestellen. In dieser Gruppe sprechen sich 70 Prozent gegen die neue Regelung aus.

Veränderungen beim Kaufverhalten

Durch die Abschaffung der Freigrenze dürfte sich das Einkaufsverhalten verändern – allerdings nicht bei jeder Konsumentengruppe gleichermaßen. 29 Prozent würden weiterhin bestellen, da sie die Produkte auch mit Zoll als preislich attraktiv ansehen. 52 Prozent wollen künftig stärker vergleichen und jeweils die günstigste Option wählen. 19 Prozent geben an, dann überhaupt nicht mehr bei asiatischen Plattformen einzukaufen.

Bei den sogenannten "Heavy Online-Shopper:innen" zeichnet sich jedoch ein anderes Muster ab: 49 Prozent dieser intensiven Nutzer:innen würden ihr Kaufverhalten kaum ändern und auch künftig bestellen – unabhängig davon, ob Zollgebühren anfallen oder nicht. Damit zeigt sich, dass der gewünschte Lenkungseffekt bei Vielbesteller:innen nur begrenzt greifen dürfte.

Verhaltensänderung nach Abschaffung der Zollfreigrenze für Pakete unter 150 Euro aus Drittstaaten (z.B. Asien) © IHaM Institut für Handel, Absatz und Marketing

"Die Abschaffung der Zollfreigrenze für Pakete aus Drittstaaten ist ein erster, wichtiger Schritt zur Eindämmung der Paketflut vor allem aus dem asiatischen Raum. Unsere aktuelle Analyse bestätigt die Wirksamkeit, zeigt aber auch die Grenzen dieser Maßnahme auf. Denn je öfter bei asiatischen Online-Plattformen bestellt wird, desto weniger häufig wird eine Verhaltungsänderung bei Konsument:innen eintreten. Übrig bleibt bei den 'Heavy Online-Shopper:innen' dann nur der Ärger über die Zollgebühren, aber am Einkauf bei Temu, Shein & Co. wird sich in dieser Shopper-Gruppe wenig ändern", resümiert Handelsexperte Ernst Gittenberger vom Institut für Handel, Absatz und Marketing.

www.jku.at/institut-fuer-handel-absatz-und-marketing

Über die Befragung

Die Ergebnisse basieren auf zwei Online-Befragung im September/Oktober 2025 unter 1.004 Konsument:innen und im Oktober/November unter 1.014 Konsument:innen (repräsentativ für die österreichische Bevölkerung 16-74 Jahre) sowie darauf aufbauenden Berechnungen und Analysen des Instituts für Handel, Absatz und Marketing (IHaM) der Johannes Kepler Universität Linz (JKU).

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Über die Befragung

Die Ergebnisse basieren auf zwei Online-Befragung im September/Oktober 2025 unter 1.004 Konsument:innen und im Oktober/November unter 1.014 Konsument:innen (repräsentativ für die österreichische Bevölkerung 16-74 Jahre) sowie darauf aufbauenden Berechnungen und Analysen des Instituts für Handel, Absatz und Marketing (IHaM) der Johannes Kepler Universität Linz (JKU).

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