Laut dem aktuellen Konjunkturreport des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) sind die realen Umsätze im Einzelhandel im dritten Quartal 2025 auf der Stelle getreten. Zwar lagen die nominalen Einnahmen laut Statistik Austria leicht über dem Vorjahreswert, inflationsbereinigt ergibt sich jedoch ein Minus von 0,1 Prozent. Damit setzt sich der seit 2023 anhaltende Seitwärtstrend fort. "Kumuliert betrug der Umsatzzuwachs in den ersten neun Monaten nominell 3,3 Prozent und real 1,5 Prozent", fasst Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands, zusammen. "Der anhaltend hohe Kostendruck – vor allem durch Energiepreise – führt zu steigenden Insolvenzen und sinkender Beschäftigung." Trotzdem zeigt der Erwartungsindex eine leichte Verbesserung: Die Einschätzungen der Händler zur Geschäftslage legten gegenüber dem Vormonat um einen Punkt zu.
Inflation bleibt über dem EU-Schnitt
Die Inflationsrate lag laut Schnellschätzung der Statistik Austria im Oktober bei 4 Prozent – und damit deutlich über dem Eurozonen-Schnitt von 2,1 Prozent. WIFO-Ökonom Jürgen Bierbaumer, Mitautor des Reports, verweist auf zwei Haupttreiber: Energiepreise und Dienstleistungen. "Damit setzt sich der höhere Preisauftrieb in Österreich im internationalen Vergleich fort", so Bierbaumer. Besonders der Dienstleistungssektor trage weiterhin stark zur Teuerung bei. Eine nachhaltige Entspannung sei kurzfristig nicht in Sicht.
Jede fünfte Insolvenz betrifft den Handel
Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen steigt weiter. Laut KSV 1870 wurden im dritten Quartal 2025 990 Verfahren eröffnet – ein Plus von 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Handel verzeichnete man 190 Insolvenzen, ein Anstieg um 13 Prozent. Damit entfällt jede fünfte Insolvenz der Gesamtwirtschaft auf die Handelsbranche. Gleichzeitig verschärft sich die Situation am Arbeitsmarkt: Im Oktober meldete das AMS über 45.000 Arbeitslose im Handel. Das sind um 3.633 Personen mehr als im Vorjahresmonat. Mit insgesamt 331.000 unselbstständig Beschäftigten ist die Branche nicht nur einer der größten Arbeitgeber, sondern aktuell auch jener mit dem höchsten Zuwachs an erwerbslosen Personen.
Kleiner Lichtblick
Ein Lichtblick zeigt sich bei den Preisen für Güter des täglichen Bedarfs. Diese sanken im dritten Quartal deutlich und sorgten damit für eine spürbare Entlastung der Haushalte – zugleich bremsten sie aber das Umsatzwachstum im Lebensmittelhandel. Im Non-Food-Bereich verlief das Quartal besonders schwach: Im September gingen die realen Umsätze um 1,5 Prozent zurück. Das ist der schwächste Wert seit Juni 2024. Auch im Vergleich zu Deutschland zeigt sich Österreichs Einzelhandel weniger dynamisch: Dort fielen die kalenderbereinigten Umsatzzuwächse im August und September etwas höher aus.
Stimmung zwischen Skepsis und Hoffnung
Das Stimmungsbild im Handel bleibt diffus. Zwar beurteilen Händler ihre aktuelle Lage etwas pessimistischer als im September, doch die Erwartungen für die kommenden Monate hellten sich leicht auf. Auch die Konsument:innen zeigen sich zurückhaltend: Der Vertrauensindex lag im Oktober um mehr als dreieinhalb Punkte unter dem Höchstwert von August. Für das Gesamtjahr 2025 rechnet das WIFO mit einer durchschnittlichen Inflation von 3,5 Prozent, 2026 soll sie auf 2,4 Prozent sinken. Die Sparquote bleibt mit rund 11 Prozent hoch. Steigende Gebühren der öffentlichen Hand könnten die Teuerung allerdings erneut befeuern. "Der heimische Handel kämpft weiterhin mit hohen Kosten, zurückhaltender Nachfrage und wachsendem Druck von außen", resümiert Rainer Will. "Ein erfolgreiches Weihnachtsgeschäft wäre für viele Unternehmen ein dringend benötigter Lichtblick."
www.handelsverband.at
www.wifo.ac.at
www.statistik.at
Kommentar veröffentlichen