Mit einer zweitägigen Regierungsklausur am 2. und 3. September startet die Bundesregierung in die politische Herbstarbeit. Diese Zusammenkunft soll vor allem dazu genutzt werden, um am Aufschwung für Österreich zu arbeiten. Dafür notwendig sind Maßnahmen, die Wirtschaftswachstum fördern, die Inflation senken und strukturelle Reformen vorantreiben. Aufgrund der angespannten Budgetsituation ist der (finanzielle) Spielraum jedoch gering. Darüber hinaus wurden die Minister:innen und Staatssekretär:innen kurz vor dem Start der Klausur am Dienstagvormittag von einer Schocknachricht überrascht. Laut Schnellschätzung der Statistik Austria ist die Inflation in Österreich im August auf 4,1 Prozent gestiegen (LEADERSNET berichtete). Das kam der vermittelten Aufbruchstimmung natürlich alles andere als entgegen.
Maßnahmenpaket für die Wirtschaft
Dennoch wurde ein umfassendes Maßnahmenpaket für den Herbst angekündigt, das den Aufschwung und die Beschäftigung stärken, die Inflation insbesondere bei Wohnen, Energie und Lebensmitteln bekämpfen sowie ein Strukturpaket für langfristige Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand für alle enthalten soll. Geplant sei demnach ein Investitions-Booster zur Ankurbelung der Wirtschaft, Maßnahmen zur Leistbarkeit von Wohnen, Lebensmitteleinkauf und Energiekosten sowie ein Strukturpaket, das die Wettbewerbsfähigkeit und den Wohlstand langfristig sichern könnte.
Den Abschluss der Herbstklausur bilden der Ministerrat und das anschließende Pressefoyer am Mittwoch, bei dem die drei Parteichef:innen von ÖVP (Christian Stocker), SPÖ (Andreas Babler) und NEOS (Beate Meinl-Reisinger) über die Ergebnisse informieren werden. Am Dienstagnachmittag traten hingegen Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer, Finanzminister Markus Marterbauer und Staatssekretär Josef Schellhorn vor die Presse.
Investitionen sollen Konjunktur ankurbeln
Hattmannsdorfer kündigte ein Maßnahmenpaket im Umfang von rund einer Milliarde Euro an (siehe Infobox), das gezielt Investitionen fördern soll. So soll der Investitionsfreibetrag von bisher zehn auf künftig 20 Prozent angehoben werden. Die geplanten Schritte seien keine kurzfristige Strohfeuer-Politik, sondern auf langfristiges Wachstum ausgelegt, betonte der Wirtschaftsminister. Hattmannsdorfer betonte, es sei seit Beginn Ziel der Bundesregierung gewesen, Arbeitsplätze zu sichern und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, um Wohlstand und Sozialstaat abzusichern. Die Herausforderungen – hohe Inflation, schwaches Wachstum und geopolitische Unsicherheiten – seien groß. "Der Weg zum Aufschwung ist kein Sprint, sondern ein Marathon", sagte er, den die Regierung bereit wäre zu gehen. Mit einem Sofortpaket für die Wirtschaft würden Investitionen gestärkt, Arbeitskräftepotenzial gehoben und Verfahren beschleunigt, und ein Inflations-Paket solle gegen die Teuerung wirken.
Der Finanzminister stellte mehrere Ansätze zur Dämpfung der Teuerung und Entlastung von Betrieben vor. So sollen energieintensive Unternehmen in diesem und im kommenden Jahr jeweils mit 75 Millionen Euro unterstützt werden. Außerdem ist eine Senkung der Energieabgabe geplant. Um extreme Preissprünge zu vermeiden, soll ein "Energiekrisenmechanismus" eingeführt werden, zusätzlich werden Strom und Gas in das Preisgesetz aufgenommen, so Marterbauer. Ab Anfang 2026 ist eine Reduktion des Ökostrombeitrags für Haushalte und Unternehmen vorgesehen. Im Wohnbereich sollen die Mieterhöhungen gedeckelt werden: Für 2026 ist ein Anstieg um ein Prozent vorgesehen, 2027 um zwei Prozent. Parallel dazu will die Regierung weitere wohnpolitische Vorhaben aus dem Regierungsprogramm zügig in Begutachtung schicken.
Marterbauer erklärte, auch wenn die Konjunktur erste positive Tendenzen zeige, stünden große Herausforderungen bevor. "Wir müssen die Wirtschaft ankurbeln und die Inflation nachhaltig bekämpfen", sagte er. Zugleich müsse beim Budget streng auf Kurs geblieben werden. Nur so ließen sich Standort und Arbeitsplätze stärken, der Sozialstaat absichern und das tägliche Leben der Menschen verbessern. Das Maßnahmenpaket der Bundesregierung solle genau diesen Zielen dienen und den Wohlstand langfristig sichern.
Schellhorn markierte bei der Pressekonferenz den Abschluss und stellte die Entlastung der Wirtschaft durch weniger Bürokratie in den Mittelpunkt. Der Abbau von Vorschriften solle Betrieben zusätzliche Handlungsspielräume eröffnen und die Investitionsbereitschaft stärken. Gleichzeitig mahnte Schellhorn, dass der Staat selbst nicht zur inflationstreibenden Kraft werden dürfe. Konkret sollen die Bundesgebühren im kommenden Jahr maximal um zwei Prozent angehoben werden.
Zudem betonte der Staatssekretär, dass der Fokus auf Reformen und Investitionsanreize liege. "Für den Aufschwung zählen nicht bloß Absichten, sondern Taten", sagte er, Regierung wie Gesellschaft müssten dazu beitragen. Wirtschaft, Betriebe und Konsument:innen seien gleichermaßen gefordert. Vor allem brauche die Wirtschaft neue Zuversicht: in Zukunft, Standort, Leistungskraft und Perspektiven. Mit Reformen und einem Maßnahmenpaket für Bürokratieabbau und schnellere Verfahren solle dafür der Grundstein gelegt werden.
Inflationsbekämpfung
Passend zur Schocknachricht vom morgen erklärte die Bundesregierung die Bekämpfung der Inflation zur Priorität, da diese sämtliche Lebensbereiche durchdringe und besonders hohe Energie- und Lebensmittelpreise das tägliche Leben direkt beträfen. Der Verbraucherpreisindex sei im August 2025 um vorläufig 4,1 Prozent gestiegen, womit Österreich über dem EU-Durchschnitt liege. Trotz der komplexen Ursachen – globale Entwicklungen, Energie- und Lebensmittelpreise, Dienstleistungen und Mietpreise – liege es in der Verantwortung der Regierung, dort entschlossen zu handeln, wo steuernd eingegriffen werden könne.
Der Anspruch der Bundesregierung sei klar: Wohnen, Energie und Lebensmittel sollen für alle Menschen verlässlich leistbar bleiben. Dazu sollen Maßnahmen ergriffen werden, die Lebensmittelpreise durch stärkere Wettbewerbsbehörde, Preistransparenz und Kontrolle von Preiserhöhungen dämpfen, Energiepreise durch gesetzliche Regelungen und Krisenmechanismen stabilisieren sowie Mieten durch Begrenzung der Indexierungen auf maximal ein Prozent 2026 und zwei Prozent 2027 im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes begrenzen könnten.
Kritik
Dass die Opposition diese Ankündigungen nicht unkritisiert stehen lassen kann, ist klar. So bezeichneten die Grünen die vorgestellten Maßnahmen der Bundesregierung als "alter Wein in neuen Schläuchen". Jakob Schwarz, Budgetsprecher der Grünen, kritisierte, viele Maßnahmen seien bereits aus früheren Budget- und Ministerratsvorträgen bekannt und enthielten wenig Neues. Besonders bemängelt wurde die unklare Gegenfinanzierung bei neuen Ankündigungen wie der Verdopplung des Investitionsfreibetrags. Milliardenschwere klimaschädliche Subventionen blieben unangetastet, und für den Industriestrom-Bonus sollten teilweise bestehende Energieeffizienz-Förderungen gestrichen werden.
Die Oppositionspartei betonte, dass die Ziele der Regierung – Inflation dämpfen und Wirtschaft ankurbeln – grundsätzlich unterstützt würden, jedoch sei es nun notwendig, die angekündigten Gesetze und Reformen zügig umzusetzen, etwa das Elektrizitätswirtschaftsgesetz, das Erneuerbare-Ausbau-Beschleunigungsgesetz oder das Erneuerbare-Gas-Gesetz.
Fotos vom ersten Tag der Regierungsklausur sehen Sie in der Galerie.
www.bundeskanzleramt.gv.at
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