Interview mit Veronika Henkelova
"Die Zukunft des Weins liegt für mich nicht in starren Regeln, sondern in Vielfalt"

Veronika Henkelova, Inhaberin von W.E.R.O. Wine, hat sich einer besonderen Mission verschrieben. Im LEADERSNET-Interview spricht sie u. a. über ihre berufliche Laufbahn, darüber, was österreichischen Wein einzigartig macht, und über die Bedeutung des direkten Kontaktes zu den Kund:innen.  

LEADERSNET: Sehr geehrte Frau Henkelova, als diplomierte Sommelière mit langjähriger internationaler Erfahrung im Verkauf verfügen Sie über eine fundierte Perspektive auf die Weinwelt. Welche Entwicklungen haben Sie im Laufe Ihrer beruflichen Laufbahn beobachtet – und welche Trends sehen Sie aktuell auf dem Markt?

Veronika Henkelova: Die Weinwelt ist in Bewegung – und genau das fasziniert mich. Meine Erfahrung im internationalen Verkauf, kombiniert mit meiner Ausbildung zur diplomierten Sommelière, erlaubt mir einen vielschichtigen Blick auf diese Entwicklungen. Besonders spannend ist die wachsende Offenheit für neue Formate: Schaumweine, Natural Wines und ungewöhnliche Stilrichtungen spiegeln ein verändertes Konsumverhalten wider, das auf Individualität, Nachhaltigkeit und Flexibilität setzt. Der Aufstieg alkoholfreier Weine ist ein Beispiel dafür. Was früher kaum ernst genommen wurde, hat sich zu einem innovativen Segment mit hohem Qualitätsanspruch entwickelt. Viele Menschen suchen bewussten Genuss, ohne sich festlegen zu müssen. Gerade jüngere Zielgruppen wollen flexibel bleiben, entdecken, erleben. Die Zukunft des Weins liegt für mich nicht in starren Regeln, sondern in Vielfalt – mit Haltung, Charakter und Offenheit.

LEADERSNET: Die Wachau umfasst etwa 1.284 Hektar Rebfläche. Wie wählen Sie aus dieser Vielfalt die Weine für Ihre Vinothek aus, und welche Kriterien sind dabei ausschlaggebend?

Henkelova: Bei der Auswahl der Weine für meine Vinothek steht Authentizität an erster Stelle. Ich arbeite ausschließlich mit Winzer:innen zusammen, die nicht nur herausragende Qualität liefern, sondern auch eine klare Haltung und regionale Verwurzelung mitbringen. Entscheidend ist für mich, dass ihre Weine Charakter zeigen – ungeschönt, unverwechselbar und mit einem spürbaren Herkunftsprofil. Mein kuratiertes Sortiment bildet bewusst die stilistische, jahrgangsbezogene und sortentypische Vielfalt der Wachau ab: Neben Grünem Veltliner und Riesling finden auch Sorten wie Neuburger, Muskateller, Zweigelt und weitere regionale Rebspezialitäten ihren Platz. Ergänzt wird das durch ausgewählte gereifte Jahrgänge, die das Entwicklungspotenzial der Region eindrucksvoll unterstreichen. So entsteht ein Querschnitt, der nicht nur die Vielfalt der Wachau widerspiegelt, sondern Einsteiger:innen wie Kenner:innen gleichermaßen anspricht.

LEADERSNET: Österreich produziert nur ca. einen Prozent der weltweiten Weinmenge, ist jedoch für seine hohe Qualität bekannt. Was macht österreichischen Wein Ihrer Meinung nach so einzigartig und begehrt?

Henkelova: Österreich steht international für kompromisslose Weinqualität – nicht zuletzt dank eines der strengsten Weingesetze weltweit. Jeder Qualitätswein wird geprüft, das DAC-System sorgt für Herkunftstransparenz und schafft Vertrauen. Was österreichischen Wein für mich besonders macht, ist die Verbindung aus Herkunft, Handwerk und Haltung. Sorten wie Grüner Veltliner oder Riesling zeigen eine präzise, elegante Stilistik, die international geschätzt wird. Hinzu kommen geologische Vielfalt, klimatische Spannung und ein starkes Bewusstsein für Nachhaltigkeit. Viele Winzer:innen führen ihre Betriebe über Generationen und verbinden Tradition mit Innovationsgeist. Genau diese Mischung begeistert meine Kund:innen, ehrliche, handwerklich erzeugte Weine mit Herkunft und Charakter – modern interpretiert.

LEADERSNET: Ihre Mission ist es, internationale Brücken für den österreichischen Weinhandel zu bauen. Welche spezifischen Herausforderungen haben Sie bei der Überwindung sprachlicher und kultureller Barrieren festgestellt?

Henkelova: Meine Mission ist es, Menschen weltweit einen authentischen Zugang zu österreichischem Wein zu ermöglichen – durch Sprache, kulturelles Feingefühl und echte Verbindung. Gerade im persönlichen Gespräch zeigt sich: Sprache allein reicht nicht aus. Begriffe wie "trocken", "DAC" oder "Reserve" werden je nach Herkunft unterschiedlich verstanden, und auch die Erwartungen an Kommunikation variieren stark – von sachlich und analytisch bis zu emotional und erzählerisch. Mit knapp 20 Jahren Erfahrung im internationalen Verkauf kann ich gezielt darauf eingehen, Erwartungen erkennen und Vertrauen aufbauen. So entsteht ein Zugang zu Wein, der nicht nur verständlich, sondern kulturell anschlussfähig ist.

LEADERSNET: Laut einer Studie von Wine Intelligence sind 40 Prozent der Weinliebhaber:innen an der Herkunftsgeschichte des Weins interessiert. Wie nutzen Sie diese Neugier?

Henkelova: Wenn sich Menschen für die Herkunft eines Weins interessieren, entsteht mehr als ein Verkaufsgespräch – es entsteht Beziehung. Viele internationale Kund:innen möchten nicht nur wissen, was im Glas ist, sondern warum es so schmeckt: Wer steht dahinter? Wie wurde gearbeitet? Genau hier setze ich an – mit Sprache, Wissen und Feingefühl. Ich vermittle Herkunft nicht als Etikett, sondern als Geschichte. Wer versteht, was einen Wein besonders macht, schmeckt nicht nur Qualität – sondern Persönlichkeit. Weiß man, dass ein Neuburger von 70 Jahre alten Reben stammt, trinkt man bewusster. Und Stolz schmeckt man, wenn ein:e Winzer:in trotz Hagel weiterarbeitet.

LEADERSNET: Studien zeigen, dass allein im Jahr 2024 weltweit über 30 Milliarden Liter Wein produziert wurden. Wie schaffen Sie es, sich auf einem so globalisierten und gesättigten Markt abzuheben?

Henkelova: In einem globalen Markt voller Auswahl setze ich bewusst auf Qualität, Persönlichkeit und kulturelle Vermittlung. Ich kenne jeden meine:r Winzer:in persönlich und spreche ihre Sprache – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Diese Nähe ermöglicht es mir, ihre Weine genau dorthin zu bringen, wo sie verstanden und geschätzt werden. So wird aus einem Produkt ein Erlebnis und aus einem Glas Wein ein kultureller Brückenschlag. Genau das ist mein Unterschied – und meine Stärke: Für meine Kund:innen wird Wein nicht nur getrunken, sondern erlebt. In einer Welt, in der fast alles verfügbar ist, bleibt das in Erinnerung, was berührt – das Besondere mit Bedeutung.

LEADERSNET: In einer Welt, in der zunehmend alles digitalisiert wird, setzen Sie auf persönliche Begegnungen und das physische Erlebnis in Ihrer Vinothek. Warum glauben Sie, dass der direkte Kontakt zum Wein und den Menschen hinter den Weinen so wichtig ist?

Henkelova: Die Digitalisierung hat vieles bereichert, aber auch eine Sehnsucht nach echten, sinnlichen Erfahrungen geweckt. Gerade deshalb wird das Persönliche wieder kostbar. Für mich ist Wein ein analoges Erlebnis – lebendig, sinnlich, voller Geschichte. Wenn jemand in meiner Vinothek einen Grünen Veltliner verkostet, erlebt er etwas, das keine App vermitteln kann: Aromen, Gespräche, Geschichten. Der direkte Kontakt steht im Mittelpunkt – nicht nur zum Produkt, sondern zu den Menschen dahinter. Wein wirkt anders, wenn man ihn mit allen Sinnen erlebt und weiß, wer ihn gemacht hat. Diese Verbindung schafft Vertrauen und bleibt in Erinnerung. Besonders internationale Gäste schätzen das: Sie kommen nicht nur zum Verkosten, sondern um zu fühlen, zu verstehen, sich zu verbinden.

LEADERSNET: Wenn Sie in die Zukunft blicken, welche Vision haben Sie für W.E.R.O. Wine und die österreichische Weinszene insgesamt? Welche Entwicklungen würden Sie sich für die nächsten Jahre wünschen, sowohl auf lokaler als auch auf globaler Ebene?

Henkelova: Meine Vision für W.E.R.O. Wine ist es, Brücken zu bauen – zwischen Regionen, Menschen, Sprachen und Kulturen. Der Name steht für Wine Export Relations Organisation, abgeleitet von meinem Vornamen Veronika, und verbindet meine persönliche Geschichte mit dem Ziel, österreichischen Wein dort verständlich zu machen, wo er gehört werden soll – authentisch, präzise und mit Respekt für seine Herkunft. Diese Haltung drückt sich auch in meinem Leitsatz Let the Wine Speak aus – denn es geht mir nicht nur darum, Wein zu präsentieren, sondern ihn so zu vermitteln, dass seine Herkunft, sein Charakter und seine Geschichte spürbar werden. In Zukunft möchte ich international stärker präsent sein, ein mehrsprachiges Team aufbauen und meine Leistungen auch externen Betrieben zugänglich machen. Mein Anspruch ist es, W.E.R.O. weiterzuentwickeln, Trends früh zu erkennen und flexibel auf Veränderungen zu reagieren. Denn Wein ist nie nur ein Produkt – er ist ein Erlebnis, Ausdruck von Herkunft und Einladung zur Verbindung.

LEADERSNET: Vielen Dank!

www.wero-wine.eu

Über Veronika Henkelova

Mitten in der UNESCO-geschützten Weinbauregion Wachau, wo sanfte Hügel und die Donau eine der schönsten Kulturlandschaften Europas formen, findet sich die Vinothek W.E.R.O. Wine. Inhaberin Veronika Henkelova hat sich einer besonderen Mission verschrieben: Sie möchte internationale Brücken für den österreichischen Weinhandel bauen und die Schönheit und Qualität der regionalen Weine weltweit erlebbar machen. Doch ihr Ansatz geht über einen reinen Verkauf hinaus – Henkelova sieht ihre Aufgabe darin, sprachliche und kulturelle Barrieren zu überwinden, um Winzer:innen und Händler:innen auf eine Weise zusammenzubringen, die auf Vertrauen und Verständnis basiert. Mit 18 Jahren Erfahrung im Weinhandel und einer tiefen Leidenschaft für Weinkultur ist ihre Arbeit ein Balanceakt zwischen Tradition und globalem Austausch. Ihre Vinothek, bereits mehrfach durch die WKO ausgezeichnet, ist Treffpunkt für Kenner und Genießer:innen, die die Kunst des Weins schätzen. In sechs Sprachen ist Henkelova für Ihre Kund:innen da, doch am liebsten lässt sie den Wein selbst sprechen – seine Qualität und Einzigartigkeit sind ihr bestes Argument.

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Über Veronika Henkelova

Mitten in der UNESCO-geschützten Weinbauregion Wachau, wo sanfte Hügel und die Donau eine der schönsten Kulturlandschaften Europas formen, findet sich die Vinothek W.E.R.O. Wine. Inhaberin Veronika Henkelova hat sich einer besonderen Mission verschrieben: Sie möchte internationale Brücken für den österreichischen Weinhandel bauen und die Schönheit und Qualität der regionalen Weine weltweit erlebbar machen. Doch ihr Ansatz geht über einen reinen Verkauf hinaus – Henkelova sieht ihre Aufgabe darin, sprachliche und kulturelle Barrieren zu überwinden, um Winzer:innen und Händler:innen auf eine Weise zusammenzubringen, die auf Vertrauen und Verständnis basiert. Mit 18 Jahren Erfahrung im Weinhandel und einer tiefen Leidenschaft für Weinkultur ist ihre Arbeit ein Balanceakt zwischen Tradition und globalem Austausch. Ihre Vinothek, bereits mehrfach durch die WKO ausgezeichnet, ist Treffpunkt für Kenner und Genießer:innen, die die Kunst des Weins schätzen. In sechs Sprachen ist Henkelova für Ihre Kund:innen da, doch am liebsten lässt sie den Wein selbst sprechen – seine Qualität und Einzigartigkeit sind ihr bestes Argument.

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