So (un)solidarisch sind die Österreicher am Arbeitsplatz

| Redaktion 
| 20.12.2023

Die Initiative WEconomy und die Kommunikationsagentur Ketchum führten eine Studie zum Thema "Allyship" durch. Im Rahmen der Umfrage wurde auch erhoben, in welchen Diskriminierungsfällen sich Mitarbeiter:innen für Kolleg:innen einsetzen. Manche Ergebnisse sind doch eher überraschend.

Österreich wünscht sich mehr Solidarität am Arbeitsplatz. Wenn es jedoch um ein aktives Einschreiten geht, zeige man sich allerdings zurückhaltend. Diskriminierende Bezeichnungen, vernommener Sexismus und Begrifflichkeiten werden von vielen toleriert. Das zeigen jedenfalls die Kernergebnisse der Umfrage zur "Allyship am österreichischen Arbeitsmarkt" der Initiative WEconomy und der Kommunikationsagentur Ketchum.

Laut der repräsentativen Studie wollen 79 Prozent mehr Solidarität am Arbeitsplatz und wünschen sich, dass es jemand anspricht, wenn es zur ungleichen Behandlung von Mitarbeitenden kommt. Die Studie wurde erstmals im Rahmen des WEconomy Diversity Leaders Summit präsentiert, der exklusiven Führungskräfte Veranstaltung mit rund 100 Diversity Leaders aus der WEconomy-Community, einer Initiative von und für österreichische Unternehmen zur Förderung von Vielfalt am Arbeitsplatz. Das sind die Ergebnisse.

"Ich bin (k)ein Feminist"

Nur zehn Prozent aller Männer und 23 Prozent aller Frauen bezeichnen sich als Feminist:in. Besonders feministisch scheinen die jungen Menschen, ein Drittel aller 14 bis19-Jährigen bezeichnet sich selbst als Feminist:in. Je älter desto unfeministischer wird es. Bei den 40 – 59-Jährigen ist es durchschnittlich nur jede:r Zehnte, der sich selbst als Feminist:in bezeichnet. Für 61 Prozent der Befragten bedeutet Feminismus, sich für Frauenrechte zu engagieren. Feminismus wird teilweise noch negativ assoziiert: Für acht Prozent bedeutet Feminismus die Unterdrückung von Männern und für elf Prozent die Abneigung gegen Männern. Nur zwei Prozent assoziieren mit Feminismus das Verbrennen von BHs. 

"Ich bin Feminist & Ally. Denn die Frauenrechte und die Gleichberechtigung von Frauen und unterrepräsentierten Gruppen liegen auch mir am Herzen. Ein Feminist zu sein, bedeutet für mich, ein Ally zu sein. Und hier sind auch Männer gefordert. Wir profitieren alle von einer gleichberechtigten Gesellschaft. Diversität wird immer mehr zum entscheidenden Zukunftsthema - vor allem auch für die österreichischen Unternehmen", so Hermann Sporrer, Co-Founder von SHEconomy und der Initiative WEconomy.

Wann setzten wir uns für Kolleg:inen ein? 

Im Rahmen der Umfrage wurde ebenfalls erhoben, in welchen Diskriminierungsfällen am Arbeitsplatz Österreicher:innen aktiv werden würden. Hierbei wurden Situationen vorgegeben in denen physische Übergriffe stattfinden und Anmerkungen mit ableistischen (Diskriminierung von Menschen mit körperlichen und psychischen Einschränkungen), sexistischen, rassistischen und homophoben Hintergründen getätigt werden. Bei einem körperlichen Angriff würden 89 Prozent der Personen aktiv werden. Nur die Hälfte (52 Prozent) aller Männer schreitet ein, wenn ein Mitarbeitender in Anwesenheit einer weiblichen Kollegin einen sexistischen Witz macht. Wenn keine Frau anwesend ist, halbiert sich die Solidarität. Ohne eine anwesenden Frau schreiten nur 29 Prozent der männlichen Kollegen ein.

Sind Frauen solidarischer als Männer? 

Frauen gaben an, wesentlich öfter bei Diskriminierungsfällen einzuschreiten als ihre männlichen Kollegen. Am solidarischsten zeigt man sich mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Wenn ein Witz auf deren Kosten am Arbeitsplatz geäußert wird, schreiten 72 Prozent der Männer und 83 Prozent der Frauen ein. Bei homophoben Äußerungen, wie beispielsweise der Verwendung des Wortes "Schwuchtel" würden 72 Prozent der Frauen und 65 Prozent der Männer einschreiten. Bei rassistischen Witzen, bzw. der Verwendung des "N-Wortes" würden 57 Prozent der Frauen und 45 Prozent der Männer einschreiten. Bei sexistischen Witzen würden 48 Prozent der Frauen und nur 29 Prozent der Männer einschreiten. 

"Wir Frauen profitieren nicht so stark vom bestehenden System wie unsere männlichen Kolleg:innen. Das System zu kritisieren, von dem man profitiert ist schwierig. Sich für andere einzusetzen, heißt seine Privilegien zu teilen. Allyship bedeutet für mich, Menschen, die mit weniger Privilegien geboren wurden als ich, eine Hand zu reichen und mich mit ihnen zu solidarisieren. Wir können uns jeden Tag dazu entscheiden mutig zu sein und uns aktiv für Gleichgerechtigkeit in unserer Welt einzusetzen", so Manisha Joshi, Business Director und Head of Diversity bei Ketchum.

Freie Meinungsäußerungen in heimischen Unternehmen nur teilweise gefördert 

Jedoch kennen mehr als die Hälfte der Befragten das Gefühl sich am Arbeitsplatz unfair behandelt zu fühlen und würden sich wünschen, dass ihnen dabei geholfen wird, sich sicher zu fühlen. 9 von 10 Personen ist es wichtig, sich sicher zu fühlen und ihre Meinung am Arbeitsplatz zu teilen. Fast ein Drittel (31 Prozent) gab an, dass kritische Meinungen zum Thema Vielfalt, Inklusion, Gleichberechtigung am Arbeitsplatz nicht gefördert werden. 60 Prozent gab ein, dass es Veranstaltungen und Initiativen am Arbeitsplatz gibt, um auf das Thema Gleichberechtigung aufmerksam zu machen. 90 Prozent traut sich die eigene Meinung am Arbeitsplatz zu äußern und das geschlechter- und generationsübergreifend. "Diversity Management steht bereits durch den Generations- und Wertewandel auf vielen Agenden. Den österreichischen Unternehmen fehlt es jedoch oftmals noch an passenden Strategien und auch an Mut zur Umsetzung. Vielfalt zu leben ist persönlich, kulturell, aber auch unternehmerisch ein voller Gewinn für alle", so Manisha Joshi, Business Director und Head of Diversity, Equity & Inclusion bei Ketchum.

WEconomy gründet Allyship Initiative #alliesforequity

(Männliche) Verbündete seien ein zentraler Punkt in der erfolgreichen Implementierung von Diversity Equity & Inklusion im Unternehmen, heißt es von WEconomy. Um dieses Miteinander zu fördern, startet WEconomy die Allyship Initiative. Ziel sei es in der heimischen Businesswelt aufzuklären: Wie findet man Verbündete im Unternehmen? Wie gewinnt man Männer für das Thema? Wie kann man selbst ein Ally sein? Im Rahmen der Initiative sollen Rolemodels vor den Vorhang geholt und gemeinsam Mut für ein Miteinander gemacht werden. "Zu Allyship gehört auch dazu, die Komplizenschaft ein Stück weit aufzugeben und ganz klar zu sagen: 'Das finde ich nicht in Ordnung.' Dafür braucht es Mut und wiederum Mutmacher:innen. Wir wollen diese Mutmacher:innen sein und Vorbilder präsentieren, die zeigen, wie Allyship funktioniert", so Sporrer abschließend.

LEADERSNET war bei der Präsentation der Studie dabei. Eindrücke gibt es hier.

www.weconomy.media

www.ketchum.com

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