Interview
"Man muss das Gesetzbuch künstlerisch auslegen"

LEADERSNET-ART zu Gast bei Univ.-Prof. Dr. Georg Eisenberger aka Feromontana. Ein Gespräch über die Kunst, beides zu sein: Jurist und Kunstschaffender. 

LEADERSNET: Du bist renommierter Jurist und hältst eine Professur an der Universität Graz inne. Als "Feromontana" erregst du mit Deiner Kunst weltweit Aufsehen. Wie ist es dazu gekommen?

Eisenberger: Das war eigentlich ein Zufall, nicht geplant. Ich habe vor 15 Jahren ein altes Bauernhaus gekauft und renoviert. Wir haben am Dachboden eine alte Statue gefunden. Die wollten wir behalten, aber sie hat nicht dazu gepasst, weil sie einfach zu antik war. Die habe ich zeitgenössisch bemalt, einfach so. Das war tatsächlich mein erstes Werk und damit hat alles seinen Anfang genommen.

LEADERSNET: Welche Herausforderungen bringt dieses "berufliche Doppelleben" mit sich?

Eisenberger: Die größte Herausforderung ist das Zeitmanagement. Ich habe einerseits einen sehr fordernden Beruf, muss irrsinnig viel dafür tun und andererseits mach ich in der verbleibenden Freizeit, was ich immer gern gemacht hab, nämlich malen. Aber manchmal überfordert der zeitliche Aufwand. Mittlerweile ist es so, dass ich über die Welt verstreut ein paar Galerien habe, die ständig neue Bilder wollen – obwohl es eigentlich ein Hobby bleiben sollte.

LEADERSNET: Wie beeinflusst deine berufliche Erfahrung als Jurist deine künstlerische Tätigkeit und vice versa?

Eisenberger: Beide Tätigkeiten erfordern Kreativität, es geht darum, Ideen zu haben und sie umzusetzen. Das, was man in der Kunst automatisch macht, ist in der Juristerei auch wichtig, nur da geschieht es nicht automatisch. Da muss man die Kreativität bewusster ins Spiel bringen.

LEADERSNET: Hast du deine Fähigkeiten als Jurist genutzt, um deine künstlerische Karriere voranzutreiben?

Eisenberger: Nein, ich versuche das zu trennen. In den ersten Jahren meiner künstlerischen Tätigkeit habe ich noch anonym bei Kunstausstellungen, zum Beispiel bei der Biennale in Venedig teilgenommen, weil ich die Sorge hatte, dass das Eine negativ aufs Andere wirkt. Da war ich tatsächlich nicht sicher, ob meine künstlerische Tätigkeit belächelt wird und mir das beruflich vielleicht sogar schadet. Letztlich hat sich gezeigt, dass das Gegenteil der Fall ist, aber das weiß man am Anfang nicht.

LEADERSNET: Welche Formen der Kunst bevorzugst du? Und was inspiriert deine künstlerische Arbeit?

Eisenberger: Ich bin begeistert von zeitgenössischer Kunst und ich versuche, sie neu zu gestalten. Das hier ist ein Bild von Damien Hirst. (Zeigt auf ein Bild) Und diese zwei Bilder da hinten, die habe ich daraus gemacht. Eine Weiterentwicklung also. Und diese Hunde da, das sind Jeff-Koons-Hunde. Die habe ich mit dem Damien Hirst Bild verknüpft und dreidimensional dargestellt, sodass der Hund, wenn man es von links betrachtet, aus dem Bild kommt.

LEADERSNET: Was würdest du jungen Menschen raten, wenn es darum geht, Beruf und Kreativität miteinander zu verbinden, wenn so etwas möglich ist?

Eisenberger: Ich habe eine Übung auf der Uni mit dem Titel "Perfekte Rechtsberatung". Da nehmen Studierende teil, die noch wenig bis nichts aus der Praxis miterlebt haben und sich oft zu wenig Gedanken machen, wie es nach dem Studium weitergeht. Ich sage diesen Leuten immer am Anfang: Man muss wissen, was man möchte, man muss früh schauen, was man gerne hat und das, was man gerne hat, weiterverfolgen. Nicht die Sachen, die man schlecht macht, besser machen, sondern die Sachen, die man gut macht, weiterentwickeln. Also nicht nivellieren, sondern herausstechen. Das rate ich meinen Studierenden.

LEADERSNET: Wie würdest du die Verbindung zwischen Kunst und Wirtschaft beschreiben? Was ist das für ein Verhältnis? Wer braucht wen mehr?

Eisenberger: Ich glaube, dass die Kunst die Wirtschaft mehr braucht, weil die Kunst in großen Bereichen nicht selbst überlebensfähig ist. Aber umgekehrt als Wirtschaftstreibender könnte ich mir meine Umgebung hier nicht ohne Kunst vorstellen und ob das jetzt eigene Kunst ist oder von einem Dritten, das ist eigentlich nebensächlich, solange es mir und den Mandanten unserer Kanzlei gefällt.

LEADERSNET: Was waren deine Beweggründe für den Umzug von der schönen Villa am Hilmteich in die Denkmalgeschützten Räumlichkeiten von Günther Domenig? Wie nennen sich deine neuen Räumlichkeiten hier?

Eisenberger: Die Aula der alten pädagogischen Akademie. Mit der Entscheidung, die von mir mitaufgebaute Großkanzlei zu verlassen, war klar, dass es auch einen beruflichen Ortswechsel braucht. Es gibt ca. 6.500 Anwältinnen und Anwälte in Österreich. 95 Prozent von ihnen sind im 2. oder 3. Stock eines Altbaus in der Innenstadt einer Landeshauptstadt. Wir wollten eine völlig andere moderne Kanzlei. Gut erreichbar, mit Parkplätzen, ebenerdig, großzügige Räume, einzigartige Architektur, Grünflächen, Teamfeeling. Die Aula in Eggenberg hat alle unsere Anforderungen bestmöglich erfüllt.

LEADERSNET: Wie könnte man die Wirtschaft noch mehr motivieren, etwas für die Kunst zu tun?

Eisenberger: Keine Ahnung. Ich glaube aber, wenn man auch Künstler akzeptiert, die nicht zehn Jahre an einer Kunsthochschule studiert haben und die wirtschaftlich denken, wenn man die nicht von vornherein niedermacht, dann ist schon viel erreicht. Damien Hirst wäre in Österreich nie groß geworden. Jeff Koons auch nicht. Da hätte man sofort gesagt, das ist Mist, da fehlt die universitäre Ausbildung, das kann doch jeder oder so. Ich denke, man sollte einfach eine positivere Einstellung zur Kunst haben, sodass sich die Leute auch entwickeln können. Also niemanden in ein bestimmtes Muster zwingen – Gott sei Dank brauche ich nicht von der Kunst zu leben. Das macht auf jeden Fall frei. Du kannst machen, was dir Spaß macht, wenn du nicht davon leben musst. Du brauchst dich nicht irgendwie anpassen.

Weitere Eindrücke von "Feromontana" gibt es in der Galerie.

www.feromontana.art

FEROMONTANA

  • 14. Mai 2023

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