LEADERSNET: Sie wechselten als CCO von VMLY&R zu Heimat Wien. Wie kam es dazu?
Hofmann: Markus Wieser und ich kennen einander seit über 20 Jahren. Wir haben unsere Karrieren gemeinsam begonnen, und uns gegenseitig immer zu Höchstleistungen angetrieben. Haben gemeinsam mit unseren Teams wirklich herausragende Arbeiten gemacht, die durchaus auch angeeckt sind – und darum aufgefallen. Markus und ich haben in den letzten zwei Jahren immer wieder darüber gesprochen, wieder gemeinsam etwas zu machen. Und nun war die Zeit perfekt. Heimat Wien hat sich als fixe Größe am Österreichischen Markt etabliert, ohne zum Establishment zu gehören. Nach nur sieben Jahren gewann die Agentur heuer im Agenturranking in zwei Kategorien Platz eins. Das ist schon was. Und parallel wollte ich nach fast acht Jahren in einer Netzwerkagentur habe ich mich auch wieder auf die Vorteile und Freiheiten einer unabhängigen, eigentümergeführten Agentur gefreut.
LEADERSNET: Wann haben sich Ihre Wege zum ersten Mal gekreuzt?
Hofmann: Ich habe Markus Wieser 2001 kennengelernt, als wir beide maßgeblich dazu beigetragen haben, dass die damalige BBDO Wien aus dem "kreativen Nichts" eine Top-3 Agentur wurde. Wir schafften damals mit unseren Teams die meist-dekorierten Kampagnen des Landes – und die erste österreichische Arbeit, die in den Gunn-Report aufgenommen wurde. Markus als Berater, ich als Texter.
LEADERSNET: Welche Aufgaben werden Sie konkret übernehmen?
Hofmann: Viele. Heimat Wien hat besonders in den letzten Monaten viel gewonnen und ist stark gewachsen. Jetzt gilt es Strukturen zu entwerfen und zu bauen, die dieses Wachstum nicht nur spiegeln sondern die Agentur auf den nächsten Level heben. Mit Simon Pointner haben wir ja das große Glück einen der talentiertesten Kreativen des Landes als ECD zu haben, der ein starkes Kreation-Team aufgebaut und geführt hat. Wir werden gemeinsam daran arbeiten, dass Heimat Wien in allem eine unverkennbare Handschrift zeigt und wir die Latte immer höher legen. Ich unterstütze Simon dabei natürlich mit meiner Erfahrung, und werde mich in wichtigen Bereichen natürlich auch kreativ einbringen. Ich werde aber auch mit Markus gemeinsam die Agentur in andere Richtungen öffnen und neue Bereiche aufbauen. Aber darüber sprechen wir, wenn es soweit ist.
LEADERSNET: Wie sieht der Berufsalltag als CCO aus? Kann man in dieser Branche überhaupt von Alltag sprechen?
Hofmann: Viele Meetings, viele Telefonate, viele Präsentationen. Und im Moment versuche ich mir, alle Namen fehlerfrei zu merken. Was für mich bei 32 neuen Kollegen gar nicht so einfach ist. Und natürlich Ideen inspirieren, entdecken, entwickeln und umsetzen. Das ist Alltag und doch jeden Tag ganz anders. Das macht ja auch den Reiz aus.
LEADERSNET: Was sind für Sie die Vorteile einer eigentümergeführten oder unabhängigen Agentur?
Hofmann: Wir entscheiden bei Heimat Wien hier und in der Sekunde, was wir machen wollen. Wenn wir unsere Planung ändern wollen, tun wir das. Wenn wir einen Pitch absagen wollen, tun wir das. Wenn wir einen neuen Bereich ausbauen wollen, dann tun wir das. Diese Freiheit beflügelt. Und dass es dabei nicht im das Geld eines Konzerns geht, fokussiert das Denken dabei ungemein.
LEADERSNET: Wie hat sich der Beruf Chief Creative Officer im Verlauf der letzten Jahre verändert?
Hofmann: Ich glaube, es geht im Grunde immer noch darum, die richtigen Menschen an die richtigen Positionen zu bringen, sie zu motivieren und zu unterstützen, dass sie die bestmögliche Arbeit machen können. Und dann die besten Ideen zu erkennen und die Teams dabei unterstützen, sie bestmöglich zum Leben zu erwecken – und sie beschützen (sowohl die Teams als auch die Ideen).
Natürlich ist heute alles immens komplexer geworden, aber umso wichtiger ist es, diese Komplexität mit einfachen Ideen zu bändigen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist sicher den Arbeiten der Agentur Charakter und Handschrift zu geben. Sicherzustellen, dass man einer Grundüberzeugung folgend die besten, herausragendsten Ideen hinausbringt.
LEADERSNET: Welche Anforderungen werden an diese Position gestellt?
Hofmann: Das ist wohl sehr unterschiedlich. Aber man sollte in der Lage sein, Druck abzufedern und diesen in positive Energie zu verwandeln. Kreativität schadet sicher auch nicht. Aber vor allem ein Verständnis für das Geschäft und die Probleme der Kunden. Wenn ich nicht verstehe, vor welchen Problemen Kunden stehen, wie soll ich sie dann lösen?
LEADERSNET: Wie kann man im Spannungsfeld zwischen Zeitstress, Kundenwünschen, Budgets und der angespannten Lage (Krieg, Corona) kreativ sein?
Hofmann: Kreativität ist immer die Antwort auf Herausforderungen. Je schwieriger die Ausgangslage, desto mehr Kreativität braucht man für die Lösung.
LEADERSNET: Wie muss eine Kampagne gestaltet sein, damit sie in den Köpfen hängenbleibt?
Hofmann: Was keine Ecken und Kanten hat, kann nicht hängenbleiben. Rundgeschliffen, glatt gebügelt und brav wirkt gerne mal gefällig. Doch in dieser lauten Welt, kann das ja nicht auffallen. Und was nicht auffällt, kann nicht hängen bleiben – und damit existiert es in den Köpfen der Menschen nicht. Wer würde dafür Geld ausgeben wollen? Kampagnen müssen Menschen bewegen. Weil sie sie unterhalten, berühren, schockieren. Ganz egal ob digital oder analog, Hauptsache ist, dass mit ihrem Publikum emotional etwas tun.
LEADERSNET: Was sind die Stolpersteine auf dem Weg dorthin?
Hofmann: Da gibt es leider unendlich Viele. Angst, der Glaube, dass Technologie alleine alles löst, das Vergessen der Basics, es allen recht machen zu wollen … Das wichtigste ist immer, dass man nicht darauf vergisst, für wen man das alles macht: für die Menschen da draußen. Wer die und ihre Art zu denken, zu fühlen und zu handeln nicht versteht oder ignoriert hat von Anfang an verloren.
LEADERSNET: Wie muss "die Agentur der Zukunft" aufgestellt sein?
Hofmann: Auf diese Frage gibt wahrscheinlich jeder jeden Tag eine andere Antwort. Aber von einem bin ich überzeugt: eine Agentur muss es schaffen, die richtigen Talente im richtigen Set-up mit einer Vision und dem Willen etwas zu bewegen auf die richtigen Aufgaben zu setzen. Ob das Freelancer oder Fixe sind, ob das remote oder vor Ort ist, digital oder analog ist alles egal.
LEADERSNET: Wie steht es um das Gewinnen von neuen Talenten? Will noch immer jeder "etwas mit Werbung machen"?
Hofmann: Nein, nicht jeder. Das liegt sicher an vielem, wie auch spannenden anderen kreativen Jobs und Ausdrucksmöglichkeiten. Aber so wie Werbung heutzutage großteils gemacht wird, verstehe ich, dass das viele Menschen nicht mehr machen wollen. Werbung wird wieder mehr Talente anziehen, wenn sie wieder besser wird. Und wer sagt, dass Werbung heute noch Werbung sein muss? Warum kann Werbung nicht Entertainment sein? Oder Bildung oder Service … Werbung wird sich massiv ändern müssen, damit sie weiterhin relevant bleibt. (jw)
www.heimat.wien
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