Masken-Krimi: "Es gibt nichts zu verheimlichen"

Der Versuch von Lenzing die operative Kontrolle bei Hygiene Austria zu übernehmen, ist gescheitert. Palmers weist alle Vorwürfe zurück, Tino Wieser "herrscht nun alleine" und die Lenzing Aktie schließt im Minus. 

Von einem der größten Kriminal- und Korruptionsfälle der jüngeren Wirtschaftsgeschichte ist medial die Rede, ein immenser Schaden für den Standort Österreich sei entstanden, die Liste der Vorwürfe wird immer länger. Fakt ist, der Krimi rund um die Masken von Hygiene Austria, dem Joint Venture der Lenzing AG (50,1 Prozent) und der Palmers Textil AG (49,9 Prozent), spitzt sich zu. Hintergrund sind Vorwürfe, wonach ein Teil der als "Made in Austria" vermarkteten Covid-Masken in China zugekauft wurde.

Operative Kontrolle

Lenzing hat vergangene Woche auf Basis der vertraglichen Vereinbarung mit Palmers versucht die operative Kontrolle von Hygiene Austria zu übernehmen. "Da wir keinen vollständigen Zugang zu wichtigen Unterlagen sowie verlässlicher Dokumentation erhalten haben, sieht sich Lenzing außer Stand, die operative Geschäftsführung im Interesse der Kunden der Hygiene Austria auszuüben und die beabsichtigte forensische Arbeit zur Aufarbeitung der Vorgänge umfassend und in der erforderlichen Qualität umzusetzen", lautet es in einer Aussendung.

Die dafür notwendigen Unterlagen befinden sich zum größten Teil in den Räumen von Palmers, zu denen Lenzing weder Zutritt noch Zugriff bekommen hat. Trotz intensivstem Ressourceneinsatz seitens Lenzing, sei die dringend erforderliche rasche Aufklärung mit belastbaren Resultaten ebenso wenig möglich gewesen, wie die tatsächliche Ausübung der Geschäftsführung. Lenzing sieht daher die Aufarbeitung der aktuellen Vorwürfe bei den zuständigen Behörden. Dabei werde man nach besten Kräften unterstützen, lautet es weiter.

Wirtschaftstreuhänder wird mit der Verwaltung der Lenzing-Anteile betraut

Mit sofortiger Wirkung wird die Nominierung von Stephan Sielaff als Geschäftsführer der Hygiene Austria zurückgezogen und Stephan Trubrich als Geschäftsführer abberufen. Ein ehest baldig zu bestimmender Wirtschaftstreuhänder wird mit der Verwaltung der Lenzing-Anteile an Hygiene Austria betraut. Im Vorstand der Lenzing AG wird künftig ausschließlich Stephan Sielaff für alle Agenden betreffend der Beteiligung an der Hygiene Austria zuständig sein. Sielaff wird alle Entscheidungen mit dem Aufsichtsrat abstimmen, lautet es in der Aussendung. An der Wiener Börse schloss die Lenzing-Aktie (8.3.2021) 1,35 Prozent tiefer bei 116,60 Euro.

Palmers ist überrascht

Die Palmers Textil AG zeigt sich als Minderheitseigentümer der Hygiene Austria LP GmbH von den getätigten Aussagen der Lenzing AG überrascht und gibt in diesem Zusammenhang folgendes Statement ab: Zu keiner Zeit habe Palmers die Aufklärung der Untersuchung behindert oder Unterlagen zurückgehalten. Vielmehr seien sämtliche Unterlagen in voller Transparenz bei der am 2. März 2021 durchgeführten Hausdurchsuchung den ermittelnden Behörden übergeben worden. Der Mehrheitseigentümer Lenzing AG zeichnete seit der Gründung des Joint-Ventures für die Beschaffung, die Zertifizierung und das Qualitätsmanagement der Ware sowie für die Produktion und Produktinnovation verantwortlich, lautet es weiter. "Da immer nur beide Geschäftsführer wirksam für Hygiene Austria LP GmbH zeichnen konnten, lagen immer alle Unterlagen auch beiden Geschäftsführern vor. Noch dazu ist der von Lenzing AG bestellte Geschäftsführer auch deren Kapitalmarktbeauftragter", heißt es in der Aussendung.

Am vergangenen Wochenende seien Verhandlungen zur Übernahme der Anteile der Lenzing AG durch die Palmers Textil AG geführt worden, die derzeit noch nicht abgeschlossen sind. Es ist dem zweiten Geschäftsführer Tino Wieser ein Anliegen, dass sämtliche Vorwürfe hinsichtlich der behaupteten Mängel restlos aufgeklärt werden.

"Die Masken sind besser als alle anderen"

Erstmals meldet sich nun Tino Wieser, der verbliebene Geschäftsführer vom Minderheitsgesellschafter Palmers, auch persönlich zu Wort: "Wir sind stolz darauf, 200 Arbeitsplätze geschaffen zu haben. Ich habe keine Ahnung von Schwarzarbeit und Scheinfirmen", so Wieser zum ORF.

Von der Aufgabenaufteilung her sei von Anfang an klar gewesen, dass Lenzing für die Produktion und die Materialbeschaffung plus Qualitätssicherung und Zertifikate zuständig sei und Palmers sich um Verkauf, Marketing, Logistik und Buchhaltung kümmert. Es sei nicht in Ordnung, "wenn sich ein Partner in dieser Zeit, salopp gesagt, ein bisserl davonstiehlt." 

Es gebe Wieser zufolge "nichts zu verheimlichen". Zur Umetikettierung auf "rot-weiß-rot" merkt er an: "Baumuster und Know-How reichen meines Erachtens aus, um Made in Austria darauf zu schreiben."

Er verstehe die Verunsicherung der Menschen. Aber die Masken seien alle höchste Qualität, auch die beim Lohnfertiger gefertigten Masken seien über das Wochenende noch einmal überprüft worden. "Es muss sich niemand Sorgen machen, die Masken sind besser als alle anderen, die man am Markt kaufen kann", sagt Wieser. (jw)

www.hygiene-austria.at

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