"orf.at"-Redakteure wollen keinen zweiten Chefredakteur

| 27.08.2020

Angriff auf die Unabhängigkeit der Redaktion befürchtet.

orf.at soll einen zweiten Chefredakteur bekommen. Eine entsprechende Stellenausschreibung wurde vom ORF am Dienstag veröffentlicht (LEADERSNET berichtete). Doch die Pläne der ORF-Führung stoßen bei der Redaktion von orf.at auf wenig Gegenliebe.

Wie Der Standard berichtet, hat die orf.at-Redaktionsvertretung eine Mail an ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz und die beiden orf.at-Geschäftsführer Karl Pachner und Roland Weissmann geschrieben, in der sie die ORF-Geschäftsführung bitten, von den Plänen einen zweiten Chefredakteur zu installieren, Abstand nehmen sollen.

Redaktion ortet Pauschalkritik an ihrer Arbeit

Zwar seien neue Ideen und Umstrukturierungen wie der Ausbau des Bewegtbildangebots sinnvoll, aber einen weiteren Chefredakteur neben Gerald Heidegger betrachtet die Redaktionsvertretung als Pauschalkritik an orf.at und die bisherige jahrzehntelange erfolgreiche journalistische Arbeit, zitiert der Standard aus der Mail. "Dass in Medien bereits ein erster Name – die Person hat notabene null Onlineerfahrung – kursiert, untergräbt die Glaubwürdigkeit des ORF."

Darüber hinaus verwehre man sich gegen eine Chefredaktion mit geteilten Aufgaben. "Die Verzahnung der Produktion und des Einsatzes der unterschiedlichen Formate auf und für orf.at ist bereits von der Planung weg zu eng, um sinnvoll und ökonomisch aufgeteilt zu werden. Das setzt sich bei den personellen Ressourcen und den eingespielten Workflows fort. Getrennte Verantwortlichkeiten würden diese Effizienz der Arbeit von orf.at massiv gefährden."

"Politisches Kuratel" befürchtet

Die orf.at-Redaktion befürchtet, dass sie unter "politisches Kuratel" gestellt werden könnte. So wurde in der Vergangenheit immer wieder spekuliert, dass die ÖVP auf eine Ablöse des langjährigen orf.at-Chefredakteurs Gerald Heidegger drängen soll. Heidegger soll zwar in Amt und Würden bleiben, jedoch könnte sein Kompetenzbereich auf Reportagen, Features und Feuilleton beschnitten werden, kolportiert der Standard, während die redaktionelle Hoheit über die Nachrichten in die Agenden des neuen, zweiten Chefredakteurs wandern könnte.

"Die durch das ORF-Gesetz und ORF-Statuten garantierte Unabhängigkeit der Redaktion, aber auch jeder einzelnen Redakteurin und jedes einzelnen Redakteurs muss weiterhin gewahrt bleiben", fordert die Redaktionsvertretung. Am Freitag soll es eine Infoveranstaltung des Betriebsrats und der Redaktionsvertretung für die Belegschaft geben. (as)

www.orf.at

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