So denken Anwälte über virtuelle Verhandlungen

Die globale Anwaltskanzlei DLA Piper hat eine internationale empirische Studie zur verstärkten Nutzung von virtuellen Gerichtsverhandlungen im Zuge der Eindämmungsmaßnahmen gegen COVID-19 durchgeführt.

Der Shutdown im Zuge der Coronakrise stellte auch die Justiz vor Herausforderungen. Verhandlungen mussten vom Gerichtssaal in den virtuellen Raum verlagert werden. DLA Piper hat in seinem globalen Netzwerk 150 Partner zu ihren diesbezüglichen Erfahrungen befragt. Wichtigstes Fazit: Alle Umfrageteilnehmer sahen die Autorität des jeweiligen Gerichts gewährleistet.

86 Prozent der Befragten befanden die eingesetzten Software-Lösungen für zufriedenstellend. "Zoom" ist derzeit die meistverwendete Plattform, auch wenn einige Gerichte diese aufgrund von Sicherheitsbedenken gesperrt haben. Dahinter folgen "Bluejeans" und "Microsoft Teams". Die Anwendung "Skype" wurde mehrmals als zu wenig funktional und zu anfällig für "Freezing" eingestuft. In einigen Jurisdiktionen wie etwa in China sei die Auswahl der Anwendungen eingeschränkt.

Verfahrensgerechtigkeit gewahrt

71 Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, dass die Verfahrensgerechtigkeit gewahrt wurde. Ein höherer Wert sei durch die Beschränkung der Teilnehmerzahl aufgrund von niedrigen Internet-Bandweiten in manchen Jurisdiktionen oder die Kollision grob unterschiedlicher Zeitzonen verhindert worden.

Virtuelle Verhandlungen sind für manche Gerichte noch Neuland, wie auch Fälle mangelhafter technischer Vorbereitung beweisen. Wie sich zeigte, müssen Eigenheiten virtueller Hearings wie etwa ein größerer Zeitpuffer aufgrund länger andauernder Befragungen und zusätzlicher Pausen stärker berücksichtigt werden.

Virtuelle Verhandlungen in Österreich

In einigen Ländern, darunter Australien, England und Wales, die Vereinigten Arabischen Emirate und auch Österreich, waren die technologischen Voraussetzungen für virtuelle Verhandlungen schon vor der Krise gegeben. Andere Länder, darunter auch EU-Mitgliedsstaaten wie Spanien, mussten erst die rechtlichen Vorkehrungen treffen, bevor am 5. Mai die erste virtuelle Verhandlung stattfinden konnte.

In manchen Jurisdiktionen wie etwa England und Wales wurden spezifische Regeln festgelegt oder Handlungsempfehlungen erteilt. In Österreich finden virtuelle Verhandlungen schon seit Jahren statt, dennoch existieren keine zentral festgelegten Vorschriften. Es liegt im Ermessen des Richters, die genaue Vorgangsweise festzulegen. An dieser Praxis wurde auch in der Zeit der COVID-19-Pandemie nichts geändert, weil sich das System bislang als praktikabel erwiesen hat.

Pionierarbeit der internationalen Schiedsgerichte

Vorreiter in der globalen Entwicklung sind internationale Schiedsgerichte, die aufgrund der Autonomie der Streitparteien, der Flexibilität der Abläufe und nicht zuletzt auch aus Zeit- und Kostenersparnis schon seit einigen Jahren verstärkt auf virtuelle Verhandlungen zurückgreifen. Die Erfahrungen der befragten Anwälte zeigen, dass die Schiedsgerichte die Technologie besonders gut beherrschen und auch die Teilnahme von mehreren Dutzend Personen oder die Einbindung von Übersetzern keine Probleme darstellen.

"Virtuelle Verhandlungen sind eine innovative Möglichkeit, den Gerichtsalltag und Schiedsverhandlungen mit mehr Flexibilität auszustatten. Sie werden auch nach der COVID-19-Pandemie weiter an Bedeutung gewinnen. Wir stehen diesbezüglich im ständigen Austausch mit unseren internationalen Kollegen im globalen Netzwerk von DLA Piper", berichtet David Christian Bauer, Country Managing Partner im Wiener Büro von DLA Piper. (red)

www.dlapiper.com

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