Zwischen Sicherheit und Bevormundung
Diese Assistenzsysteme nerven Autofahrer am stärksten

| Tobias Seifried 
| 03.11.2025

Der ÖAMTC hat untersucht, wie Notbremsassistent, Rückfahrassistent, Tempomat oder Abstandshalter wahrgenommen werden. Die Ergebnisse zeigen ein geteiltes Bild zwischen Vertrauen und Frust – ein "Helfer" steht besonders in der Kritik.

Moderne Fahrzeuge verfügen über zahlreiche Assistenzsysteme, die das Fahren sicherer und komfortabler machen sollen. Doch wie hilfreich sind Spurhalte-, Notbremsassistent:innen und Co. tatsächlich? Der ÖAMTC befragte 190 Viel- und 38 Wenigfahrer:innen zu ihren Erfahrungen mit sogenannten Advanced Driver Assistance Systems (ADAS).

Laut ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger zeigt sich ein gemischtes Bild: "Während die Systeme von einer großen Mehrheit – rund 75 Prozent beider Gruppen – als vertrauenswürdig empfunden werden, berichten viele auch von Fehlreaktionen." Unter Vielfahrer:innen seien dies 65 Prozent, unter Wenigfahrer:innen 45 Prozent gewesen.

Spurhalteassistent oft deaktiviert

Besonders der Spurhalteassistent stößt laut Untersuchung auf Kritik. Viele Fahrer:innen würden ihn regelmäßig ausschalten, weil er zu stark ins Fahrgeschehen eingreife oder als störend empfunden werde – etwa, weil er das eigene "Nicht-Blink-Verhalten" offenlege, so die Psychologin. Auch der seit Juli 2024 in der EU verpflichtende intelligente Geschwindigkeitsassistent (ISA) zählt zu den weniger beliebten Systemen. Als besonders hilfreich gelten dagegen der Notbremsassistent, der Rückfahrassistent, der Tempomat sowie Abstands- und Lichtautomatik. 

Bemerkenswert: 59 Prozent der Vielfahrer:innen und 63 Prozent der Wenigfahrer:innen gaben an, bereits durch ein Assistenzsystem vor einem Unfall bewahrt worden zu sein. Gleichzeitig hätten 61 Prozent der Vielfahrer:innen berichtet, dass Systeme auch schon gefährliche Situationen ausgelöst hätten.

Müdigkeitswarner mit Schwächen

Auch der Müdigkeitswarner, seit Juli 2024 verpflichtend, wird unterschiedlich bewertet. "Je nach System gibt es große Unterschiede, wie früh und wie klar Müdigkeitswarner reagieren", erklärt Seidenberger. Manche Systeme analysierten das Lenkverhalten, andere die Augenbewegungen. Trotz technischer Fortschritte bleibe Eigenverantwortung zentral: Wer müde sei, solle eine Pause machen – Technik könne warnen, aber keine Erholung ersetzen.

Die Mehrheit der Befragten wünscht sich, dass Assistenzsysteme nur in Gefahrensituationen eingreifen. Fahrer:innen wollten "unterstützt, aber nicht bevormundet werden", fasst die Psychologin zusammen. Kritisiert wurden zudem uneinheitliche Symbole und die fehlende Möglichkeit, persönliche Einstellungen dauerhaft zu speichern.

Praxistests zeigen Nachbesserungsbedarf

Zusätzlich zur Befragung führte der Mobilitätsclub gemeinsam mit der hauseigenen ÖAMTC Fahrtechnik Praxistests durch. Dabei zeigte sich, dass allein die Personalisierung der Systeme bis zu zwölf Minuten dauern kann. "Einige Proband:innen klagten über unübersichtliche Menüführungen und komplizierte Einstellungen", so Seidenberger. Teilweise hätten erst Instruktor:innen weiterhelfen müssen – ein Hinweis auf mangelnde Bedienfreundlichkeit.

Fazit

"Lenker:innen möchten ihr Fahrzeug aktiv kontrollieren, akzeptieren aber die Unterstützung der Assistenzsysteme, solange sie nicht bevormundet werden", betont Marion Seidenberger. Abschließend empfiehlt sie, sich mit den Systemen vertraut zu machen und deren Funktionsweise zu verstehen. Nur wer wisse, wie die Assistenten arbeiten, könne sie richtig nutzen – und im Ernstfall souverän eingreifen.

www.oeamtc.at

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