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Internet Summit Austria thematisierte Digitalisierung der Demokratie

| Larissa Bilovits 
| 15.09.2025

Rund 140 Fachgäste aus Politik, Zivilgesellschaft, Journalismus, Wirtschaft und Wissenschaft tauschten sich beim diesjährigen Summit darüber aus, wie Demokratie und Technik sinnvoll zusammenspielen können. 

Unsere Gesellschaft ist längst im digitalen Zeitalter angekommen. Doch während Technologien unseren Alltag prägen und verändern, stellt sich die Frage, wie gut unsere Demokratie mit diesem Wandel Schritt hält. Digitale Werkzeuge eröffnen zwar neue Möglichkeiten für Beteiligung und Entscheidungsfindung, bergen aber auch oftmals Risiken für Transparenz, Sicherheit und Souveränität. Besonders im europäischen Kontext geht es darum, wie viel Selbstbestimmung Staaten in einer global vernetzten Welt behalten können – und welche Antworten die österreichische Politik darauf gibt. Ebendieser Themenkomplex stand vergangenen Donnerstag im Zentrum des Internet Summit Austria 2025, bei dem sich rund 140 Fachgäste aus Politik, Zivilgesellschaft, Journalismus, Wirtschaft und Wissenschaft unter dem Leitmotto "Digitale Demokratie. Codes, Kontrolle und Gestaltung" untereinander austauschten. 

Digitaler Humanismus als "einzige Hoffnung"

"Wie wir als Gesellschaft zusammenleben, hat sich immer verändert. Mit dem technologischen Fortschritt leben wir heute zunehmend in einer digitalen Demokratie", erklärte Stefan Ebenberger, Generalsekretär der ISPA, dem Dachverband der österreichischen Internetwirtschaft und Organisator des Summits, in seiner Eröffnungsrede. Demnach sei es entscheidend, die Chancen so zu nutzen, dass diese Veränderung positiv verlaufen kann. "Wir dürfen nicht den Anschluss an die technische Entwicklung verlieren und uns damit in Abhängigkeiten begeben, sondern sollten in Europa enger zusammenarbeiten und die digitalen Kompetenzen stärken. Wir befinden uns in einem globalen Wettbewerb. Gleichzeitig müssen wir unsere Grundwerte tatsächlich leben: Wenn wir Freiheit und Grundrechte wollen, müssen wir diese auch im digitalen Raum schützen. Und bei Abwägungen zwischen Grundrechten und Sicherheit sollte immer auch die technische Realität beachtet werden", so Ebenberger, der betont, dass sich die ISPA schon seit vielen Jahren für Digitalen Humanismus ausspreche, wobei langsam ein Bewusstsein entstehe, die Umsetzung aber oftmals noch "halbherzig" erfolge. 

Ebendies unterstrich auch Julian Nida-Rümelin, der Rektor der Humanistischen Hochschule Berlin und ehemaliger deutscher Staatsminister, in seiner Keynote: "Der Humanismus gilt vielen als überholt. Tatsächlich ist er so aktuell wie noch nie und wohl aktuell die einzige Hoffnung, um den Verlust von Menschlichkeit und Demokratie aufzuhalten." Er sei der Ansicht, dass die digitale Transformation "ethisch gerahmt und politisch gestaltet" werden müsse, um zum Wohle der Menschheit beizutragen. "Das, was ich als 'Digitalen Humanismus' bezeichne, bietet dazu die Orientierung", so der Experte.

Für Sicherheit die Freiheit einschränken?

Im Anschluss beschäftigte sich eine Podiumsdiskussion mit den Themen Sicherheit und Freiheit im Internet, insbesondere betrefflich der zuletzt beschlossenen Messenger-Überwachung. Dabei würde man allerdings keine neuen Lücken schaffen, sondern lediglich bereits bestehende nutzen, hielt DSN-Direktor Omar Haijawi-Pirchner fest. Und: Im Zweifel ginge es dabei um Leben und Gesundheit der Bevölkerung. Dazu meinte Thomas Korntheuer (Staatsanwältevereinigung), dass man im Ermittlungsverfahren immer wieder sehe, dass Täter bewusst auf verschlüsselte Software wechseln.

Dem gegenüber positionierten sich Thomas Lohninger (epicenter.works) und René Mayrhofer (JKU), die erklärten, dass solche genutzten Lücken einen massiven Unsicherheitsfaktor für die allgemeine Bevölkerung bedeuten, wenn sie bestehen bleiben – immerhin könnten sie auch von Kriminellen genutzt werden, wie auch die ISPA in der Vergangenheit bereits mehrfach betonte. Zudem bedeute Sicherheit nicht ausschließlich die Abwehr von Terrorismus, sondern habe mehrere Dimensionen. So müsse man etwa die Stabilität der IT-Infrastruktur schützen, die die Basis unserer modernen Gesellschaft ist. 

Technik als Werkzeug zur Demokratiepflege

Darüber hinaus standen beim diesjährigen Internet Summit Austria zahlreiche Kleingruppen-Diskussionen mit Fachexpert:innen statt, etwa zu Themen wie selbstbestimmter IT-Infrastruktur, Europas technischer Abhängigkeit und der Bedeutung des digitalen Diskurses. Überdies wurde den Gästen eine Podiumsdiskussion der Parlamentsparteien mit Peter Harrer (SPÖ), Rudolf Taschner (ÖVP), Ines Holzegger (NEOS) und Süleyman Zorba (Grüne) geboten.

"Demokratie ist nicht nur der Gang zur Wahlurne alle paar Jahre, wie wir heute in immer mehr Ländern beobachten können. Sie muss bewusst gelebt und gepflegt werden", meint ISPA-Präsident Harald Kapper. Hierzu könne Technik einen Beitrag leisten, gleichzeitig aber neue Schwierigkeiten hervorrufen. "Wenn Propaganda-Bots den digitalen Diskurs vergiften, brauchen wir dafür neue Lösungen – und dürfen doch nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und in die vermeintlich heile Welt zurückflüchten, in der der öffentliche Diskurs einigen wenigen Gatekeeper:innen vorbehalten war." Dafür brauche es allerdings Transparenz und Vertrauen, weswegen die ISPA sämtliche Maßnahmen, die Bürger:innen im digitalen Raum "in ihren Rechten beschneiden", grundsätzlich ablehne. "Technik ist ein Werkzeug – nutzen wir sie für eine offenere, demokratische, menschlichere Zukunft!", so Kapper abschließend.

Eindrücke vom Event finden Sie in der Galerie.

www.ispa.at

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