Lichtblick trotz Turbulenzen
Österreichs Handel trotzt der Rezession

| Wolfgang Zechner 
| 09.09.2025

Mit einem Umsatz von 303 Milliarden Euro und 615.000 Beschäftigten bleibt die Branche laut eigenen Angaben stärkster Wirtschaftszweig des Landes. Zudem sieht man sich trotz wirtschaftlicher Turbulenzen als Jobmotor.

Trotz rückläufiger Umsätze und steigender Insolvenzen bleibt der Handel ein Eckpfeiler der österreichischen Wirtschaft. Laut dem vom Handelsverband und der KMU Forschung Austria präsentierten Jahrbuch Handel 2025 zählt die Branche 92.000 Unternehmen mit rund 615.000 unselbstständig Beschäftigten. Der Gesamtumsatz belief sich 2024 auf 303 Milliarden Euro, die Bruttowertschöpfung lag bei knapp 49 Milliarden Euro.

Besonders stark zeigt sich der Einzelhandel mit 52.500 Unternehmen und 345.000 Beschäftigten. Davon entfallen über ein Drittel auf den Lebensmitteleinzelhandel, der mehr als 121.000 Menschen beschäftigt. Mit einem Frauenanteil von 71 Prozent und einer Teilzeitquote von 48 Prozent ist der Einzelhandel einer der vielfältigsten Arbeitgeber des Landes.

Branche kämpft mit Strukturwandel

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bleiben herausfordernd: Die Schließungsquote lag 2024 bei 6,5 Prozent, während die Umsatzrentabilität auf 5,2 Prozent sank. Real gingen die Umsätze um 1,6 Prozent zurück. Inflationsbereinigt liegt das Niveau fast vier Prozent unter jenem von 2019. Laut HV-Geschäftsführer Rainer Will sei die Vorstellung, der Handel hätte sich an der Teuerung bereichert, realitätsfern: "Der Handel hat inflationsdämpfend gewirkt."

Politik erkennt Bedeutung des Binnenmarkts

Arbeitsministerin Korinna Schumann betont den Stellenwert des Handels als zweitgrößten Arbeitgeber Österreichs. Das neue Regierungsprogramm bringt laut Handelsverband spürbaren Rückenwind: freiere Rahmenbedingungen, mehr Einbezug der Stakeholder und Maßnahmen gegen Arbeitskräftemangel stehen im Fokus. 

Teilzeit als Herausforderung und Chance

Die Branche bietet flexible Arbeitszeitmodelle. Das ist ein Grund, warum viele Beschäftigte dem Handel treu bleiben. Laut aktueller HV-Befragung empfinden 85 Prozent ihren Arbeitsplatz als attraktiv. 79 Prozent sind mit den Arbeitszeiten zufrieden. Doch der steigende Anteil an Teilzeitkräften zeigt auch strukturelle Defizite: Leistbare, flächendeckende Kinderbetreuung fehlt vielerorts. "Wir müssen Frauen ermöglichen, in Vollzeit zu arbeiten, wenn sie es wollen", so Schumann. Ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr sei ein Hebel, um den Arbeitsmarkt zu entlasten.

Demografie fordert Reformen

Laut OECD schrumpft die erwerbsfähige Bevölkerung Österreichs bis 2060 um 24 Prozent. Der Handelsverband sieht daher dringenden Reformbedarf: Bürokratieabbau bei der Rot-Weiß-Rot-Karte, bessere Integration von Menschen mit Migrationshintergrund und Angleichung des faktischen an das gesetzliche Pensionsantrittsalter. Ziel sei, die Erwerbsquote und vor allem die Vollzeitquote zu erhöhen. "Ein gesunder Arbeitsmarkt ist Grundlage für jede wirtschaftliche Erholung", betont HV-Präsident Stephan Mayer-Heinisch. Die Abgabenlast auf Arbeit sei mit 55,6 Prozent im EU-Vergleich zu hoch. Zwar wurde die kalte Progression abgeschafft, dennoch brauche es neue Anreize, um die Beschäftigung zu fördern. Besonders für jene, "die tagtäglich ins System einzahlen".

Das vollständige Jahrbuch Handel 2025 können Sie hier kostenpflichtig bestellen.

www.handelsverband.at

www.kmuforschung.ac.at

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