Aktuell beschäftigen sich Politik und Wirtschaft damit, ob die Österreicher:innen künftig womöglich mehr und länger arbeiten müssen, um den Wohlstand im Land zu sichern. Grund dafür ist die verzwickte Lage des österreichischen Arbeitsmarktes, der mit Fachkräftemangel trotz steigender Arbeitslosigkeit, einer generell angespannten Wirtschaftslage sowie dem Pensionseintritt der Babyboomer-Generation zu kämpfen hat.
Die Bevölkerung zeigt sich hier mit gespaltenen Meinungen: So meinen rund sechs von zehn hierzulande Beschäftigten (58 %), dass Mehrarbeit aus Gründen der Wohlstandssicherung nicht notwendig sei. 54 Prozent erklären sich gar nicht erst dazu bereit. Vielmehr würden 57 Prozent der Arbeitnehmer:innen sogar gerne weniger arbeiten. Dies hält der aktuelle, repräsentative Xing Arbeitsmarktreport 2025 fest, für den das Marktforschungsinstitut Appinio im Auftrag des Online-Jobs-Netzwerks 1.000 Beschäftigte in Österreich befragt hat.
Frauen und alte Menschen besonders ablehnend eingestellt
Im Vergleich zum Vorjahr scheint das Bewusstsein der aktuell angespannten Lage etwas gewachsen zu sein: Während heuer 58 Prozent keine Notwendigkeit für Mehrarbeit zur Wohlstandssicherung sehen, waren dies 2024 noch 61 Prozent. Laut der aktuellen Umfrage stehen Frauen dem mit 61 Prozent deutlich negativer gegenüber als Männer (56 %), was allerdings daran liegen könnte, dass Frauen nach wie vor einen Großteil der unbezahlten Care-Arbeit leisten, wofür ihnen dann weniger Zeit bleiben würde. Und auch das Alter scheint entscheidend zu sein: Während bei den 18- bis 24-Jährigen 51 Prozent eine solche Mehrarbeit ablehnen, sind es bei den über 55-Jährigen ganze 66 Prozent.
Wunsch nach mehr "Me-Time"
Obwohl viele in der Mehrarbeit eine Notwendigkeit sehen, würden 57 Prozent der Beschäftigten in Österreich sogar gerne weniger arbeiten, wenn es nach ihnen ginge. Der Hauptgrund dafür ist das Bedürfnis nach mehr "Me-Time": So geben 65 Prozent an, gerne mehr Zeit für Hobbies, persönliche Projekte oder ähnliches zu haben. Zudem sehnen sich 55 Prozent nach weniger Stress, und 47 Prozent nach mehr Zeit für Verwandte und Freunde. Zudem würden 15 Prozent gerne weniger arbeiten, um mehr Zeit für Care-Arbeit zu haben.
© Xing
Beim Wunsch nach einem verringerten Arbeitspensum fallen vor allem die beiden Altersgruppen zwischen 25 und 34 sowie zwischen 35 bis 44 Jahren auf, bei denen dieser Wunsch mit jeweils 63 Prozent am stärksten ausgeprägt ist. Und auch die jüngste Gruppe (18 bis 24 Jahre) verzeichnet mit 60 Prozent einen hohen Wert. Bei den 45- bis 55-Jährigen (50 %) und bei den 55- bis 65-Jährigen (53 %) sind es deutlich weniger.
Zufriedenheit mit eigener Work-Life-Balance gestiegen
Interessant ist auch, dass viele der Befragten zwar laut eigenen Angaben weniger arbeiten möchten, generell aber mit der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben zufrieden sind. So geben sich 58 Prozent "zufrieden" oder "sehr zufrieden" (2024: 55 %), und nur sechs Prozent sind "unzufrieden" oder "sehr unzufrieden" (2024: 7 %).
"Die Ergebnisse zeigen: Menschen wollen arbeiten – aber unter Bedingungen, die ein gesundes, erfülltes Leben ermöglichen", sagt Thomas Kindler, Managing Director von Xing. "Dass die Zufriedenheit mit der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben gestiegen ist, ist ein positives Signal. Zeit für Familie, Freunde und Erholung ist für viele Beschäftigte genauso wichtig wie Karriere. Unternehmen müssen diese Realität ernst nehmen, können sie aber auch für sich nutzen."
Finanzielle Anreize als Hauptmotivator
Unter jenen, die nicht weniger arbeiten möchten (43 %), geben sechs von zehn Beschäftigten (60 %) primär finanzielle Beweggründe dafür an. Für 56 Prozent ist der Spaß an der Arbeit der entscheidende Faktor. Ähnlich verhält es sich bei jenen, die tatsächlich zu Mehrarbeit bereit wären – auch hier liegen das Geld (71 %) und der Spaß an der Arbeit (45 %) vorne.
Wenn es um freiwillige Mehrarbeit geht, sind Bonuszahlungen und Prämien mit 52 Prozent der stärkste Motivator. Darauf folgen ein deutlich höheres Gehalt über die anteilige Stundenzahl hinaus (47 %), ein höheres Gehalt anteilig zur geleisteten Stundenzahl (43 %), zusätzliche Urlaubstage (40 %) sowie steuerliche Anreize (36 %).
Vielfältige Belastungen im Arbeitsalltag
Gefragt nach den persönlichen Perspektiven am Arbeitsmarkt, zeigt sich ein differenziertes Bild. So glauben 53 Prozent, dass es "eher schwierig" bis "sehr schwierig" sei, derzeit einen neuen Job zu finden. Dem gegenüber stehen 47 Prozent, die es für "überhaupt nicht schwierig" bis "eher nicht schwierig" halten.
Gleichzeitig ist auch der Fachkräftemangel im Arbeitsalltag der heimischen Beschäftigten spürbar. So berichten 39 Prozent von Schwierigkeiten, Personal zu finden. Überdies empfinden 29 Prozent, dass ihr Stresslevel zugenommen hat, und 28 Prozent klagen über eine erhöhte Arbeitsbelastung. Eine schlechte Stimmung und Motivationsprobleme im Team nehmen 22 Prozent war. Zudem haben 17 Prozent mehr Verantwortung übertragen bekommen, und 16 Prozent fürchten ein Burnout. Die Frage, ob sich ihr Unternehmen nun verstärkt um die Anliegen der Mitarbeitenden kümmere, um diese zu halten, bejahen nur zehn Prozent.
"Es gibt hier ganz klaren Handlungsdruck", sagt Thomas Kindler. "Es ist für Unternehmen deutlich aufwändiger und teurer, neue Mitarbeitende zu rekrutieren und einzuarbeiten als bestehende zu halten, gerade dann, wenn es um hochqualifizierte Fachkräfte geht. Die Zahlen zeigen, dass viele Menschen bereit sind, mehr zu leisten und mehr zu arbeiten, wenn man ihnen die richtigen Anreize bietet. Spaß an der Arbeit ist für viele Menschen genauso wichtig wie Geld. Und auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gilt: Motivation und Wertschätzung kosten nichts außer gut investierte Zeit."
www.xing.com
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