Klaus Schauer und Stefan Lassnig sind seit vergangenen Oktober die Vorstände der RMA (Regionalmedien Austria), die 128 lokale und regionale Wochenzeitungen unter ihrem Dach vereint. leadersnet.at sprach mit den beiden Medienmanagern über die Anzeigenerlöse der RMA, über die Reform der ÖAK, den umkämpften Wiener Wochen-Gratiszeitungsmarkt und warum man nicht mit Panzern auf funktionierende Geschäftsmodelle losgehen sollte.
leadersnet.at: Sie haben beide Ihre Tätigkeit im Oktober begonnen. Nach einem guten halben Jahr Einarbeitungszeit: Welche Ziele haben Sie sich für 2013 gesetzt?
Lassnig: Wir haben für 2013 drei Schwerpunkte gesetzt: Markt, Produkt und Digital. Markt bedeutet, dass wir in bestimmten Bereichen noch nicht den Plafond erreicht haben. Beispielsweise gibt es eine RMA-weite Offensive um den Bereich Stellenmarkt in unseren Zeitungen auf allen Verkaufsebenen verstärkt zum Thema zu machen. Im Bereich Produkt geht es in erster Linie um die Steigerung der Qualität des Layouts und der Redaktion. Das Thema Digital hat viele Aspekte. Einerseits natürlich die Zukunftsabsicherung, aber auch das, was wir bereits jetzt machen. Wir haben zum Beispiel kürzlich die iPad-E-Paper-App gelauncht. Wir merken auch, dass die Zugriffe auf das E-paper kontinuierlich steigen. Wir müssen also als Unternehmen in diesen Bereich etwas anbieten und gleichzeitig lernen es stetig besser zu machen.
leadersnet.at: Die Leserschaft der RMA ist aber sicherlich eine, die zum größten Teil nicht Internet-affin ist.
Lassnig: Ich würde nicht die unterschiedliche Mediennutzung der verschiedenen Generationen unterschätzen. Wenn wir beispielsweise das Burgenland hernehmen, wo wir fast 80 Prozent Reichweite haben, erwischen wir natürlich auch viele junge Leute. Die kennen die Marke Bezirksblätter schon, wollen aber vielleicht eine Bildergalerie online anschauen, weil sie sagen, mit dem einen Foto in der Zeitung habe ich nicht genug. Da spielt der digitale Aspekt schon eine große Rolle. Ich möchte auf jeden Fall vermeiden, dass wir dieses Thema verschlafen, nur weil unser Printmodell so gut läuft. Vielmehr gilt es, die passenden digitalen Angebote dazu anzubieten.
leadersnet.at: Wie gedenken Sie sich zu positionieren? Soll es ein verlängerter Arm des Printproduktes werden?
Lassnig: Die Leser wollen einen lokal-relevanten Inhalt haben. Der kann sowohl die Redaktion als auch die Werbung betreffen. Es wird gerne unterschätzt, dass die Werbung in unseren Medien auch als Information wahrgenommen wird. Wir müssen uns dann die Frage stellen, wo wir diese Informationen ausspielen. Das kann auf Papier, auf einem Tablet oder auf einem Smartphone sein. Demzufolge haben wir unser Redaktionssystem auch darauf ausgelegt, dass wir den Content dort web-basiert sammeln und danach entscheiden können, auf welchem Kanal wir welche Infos ausspielen. Derzeit machen wir sowohl die Zeitung, das E-Paper als auch den Internetauftritt damit.
leadersnet.at: Wie sind Sie mit den momentanen Anzeigenerlösen zufrieden und ist die Regionalität zukunftsweisend um mehr Anzeigenerlöse zu erzielen?
Schauer: Das Lokale kann niemand in der Form anbieten, wie es die RMA macht. Die Möglichkeit zu sagen, ich habe einerseits ganz Österreich aus einer Hand, aber ich kann andererseits trotzdem sehr lokal werben, das ist sicherlich unser Asset, das macht die RMA einmalig. Die Umsätze entsprechen schon dem, was wir erwartet und geplant haben.
Lassnig: Wir haben im Vergleich zum Vorjahr ein Netto-Wachstum, was in der Branche derzeit nicht gerade üblich ist.
leadersnet.at: Wieviel Prozent der Erlöse werden online generiert?
Lassnig: Wenig. Mit genauen Zahlen wollen wir jetzt nicht rausgehen, aber es bewegt sich im einstelligen Prozentbereich.
leadersnet.at: Gibt es eigene Onlineverkäufer?
Schauer: Wir sind dabei eine entsprechende Struktur aufzubauen. Es gibt in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Zugänge zu diesem Thema.
Lassnig: Da müssen wir noch deutlich Fahrt aufnehmen. Mir geht es ehrlich gesagt zu langsam, aber wir sind ein österreichweites Unternehmen und da dauert es manchmal ein bisschen länger, bis etwas auf allen Ebenen in Bewegung ist.
leadersnet.at: Wie verhält sich der Werbeumsatz lokal zu national?
Schauer: Lokal liegt er bei knapp 55 Prozent. Der regionale Anteil liegt bei 18 bis 20 Prozent und der Rest ist national.
leadersnet.at: Thema Presseförderung: Sie fordern den Zugang auch für Gratismedien?
Schauer: Wir fordern in erster Linie einmal, diese Unterscheidung zwischen Gratis- und Kaufzeitung aufzuheben, denn es handelt sich dabei ausschließlich um eine Vertriebsform. Manche tun ja so, als würde es sich bei einem Gratismedium um eine ansteckende Krankheit handeln. Es sollte einfach eine faire Bewertung geben, mit Kriterien, die für alle gelten. Der Ausdruck Presseförderung ist an und für sich schon falsch und ein Ausdruck der Antiquiertheit. Es müsste eigentlich Medienförderung heißen.
Lassnig: Wenn man die Presseförderung heute erfinden würde, dann würde sie sicherlich ganz anders ausschauen. Das Rad der Zeit hat sich weitergedreht und die derzeitige Presseförderung ist ein Anachronismus. Als die Presseförderung eingeführt wurde, hat es noch kein Internet gegeben und allein deswegen kann das Gesetz nicht mehr passen. Auf jeden Fall muss die Unterscheidung zwischen Gratis- und Bezahlmedium weg. Danach stellen wir uns jedem Kriterium.
leadersnet.at: Müsste demzufolge auch die ÖAK reformiert werden?
Schauer: Natürlich müssen sich auch diese Analysen an veränderte Rahmenbedingungen anpassen. Ich bin froh, dass es die ÖAK gibt, das hat der Branche insgesamt schon gut getan. Bei der Media Analyse ist es hingegen so, dass es jedes Jahr irgendjemand gibt, der die Kriterien wieder in Frage stellt.
Lassnig: Die RMA wird sich jetzt auch in der ÖWA engagieren. Da wird meiner Meinung nach extrem zukunftsorientiert gedacht. Extrem spannend wird das Media-Server-Projekt, wo man versucht die ganzen Quellen der Mediennutzung, egal ob Media Analyse oder Radiotest, miteinander zu verknüpfen.
leadersnet.at: Wie ist Ihre Meinung zur aktuellen VÖZ-Kampagne?
Lassnig: Inserate zu gestalten, in denen man mit dem Panzer auf funktionierende Geschäftsmodelle losgeht – Ich weiß nicht, ob das so gescheit ist und ob uns das weiterbringt. Man kann Dinge wie Google und Twitter durchaus kritisch beäugen, aber ich würde mir lieber einen Weg überlegen, wie man damit umgeht und nicht wie man es sich wegwünscht.
Schauer: Das ist ein bisschen wie im Mittelalter. Lasst uns die Hexen verbrennen und es verschwinden Pest und Cholera. Etwas Schrägeres habe ich schon lange nicht mehr erlebt.
leadersnet.at: Wien haben Sie mit dem Wiener Bezirksblatt einen starken Konkurrenten. Wird es langfristig genug Platz für die Bezirkszeitung und das Bezirksblatt geben?
Lassnig: Es gibt im Gratiswochenzeitungsmarkt eine Rangliste. Der Erste hat wirklich die Chance am Markt zu reüssieren und gutes Geld zu verdienen. Die Nummer Zwei am Markt ist meist entlang der Nulllinie, mal ein bisschen im Plus, mal ein bisschen im Minus. Die Nummer Drei hat es dann ganz ganz schwer. Wenn man sich Wien anschaut, ist es derzeit im Bereich der Reichweite ein Kopf an Kopf Rennen. Wirtschaftlich hat die RMA einen Riesenvorteil: Wir können auch nationale Kunden ansprechen. Da tut sich das Wiener Bezirksblatt natürlich schwer. Die Frage ist also, wer langfristig die Nummer Eins am Markt sein wird und da rechnen wir uns gute Chancen aus. (red)
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