Wie der jüngste Blackout auf der iberischen Halbinsel Ende April verdeutlichte, ist eine verlässliche Energieinfrastruktur keine Selbstverständlichkeit, sondern etwas, woran die Branche Tag für Tag mit vollem Einsatz arbeitet. Und dennoch lasse hierzulande die Unterstützung vonseiten der Politik seit Jahren zu wünschen übrig, beklagt die Energiewirtschaft und fordert dringend rechtliche Grundlagen für einen raschen Ausbau von Stromerzeugungsanlagen und Netzinfrastruktur. Große Erwartungen steckt man dementsprechend in die neue Bundesregierung und hofft darauf, dass entscheidende Gesetze, auf die die österreichische Energiewirtschaft seit Langem wartet, endlich beschlossen werden. So fordert die Branche unter anderem, dass das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) noch vor dem Sommer beschlossen wird und das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG) in Begutachtung geht.
Dies und weitere Themen standen jüngst im Mittelpunkt des zweiten Trendforums 2025 von Oesterreichs Energie, das mehr als 150 Teilnehmer:innen anlockte. "Wir stecken mitten im größten Umbau des Energiesystems, den wir je erlebt haben. Jetzt kommt es darauf an, das Angebot durch mehr erneuerbare Erzeugung zu erhöhen, mehr Flexibilität durch den Bau von Speichern zu schaffen und die Netze auszubauen", appellierte Michael Strugl, Präsident von Oesterreichs Energie, zum Auftakt der Veranstaltung und beklagt, dass die heimische E-Wirtschaft nun bereits seit mehr als einem Jahr auf ein modernes Energierecht wartet.
Ministerium erkennt Dringlichkeit
Die Dringlichkeit einer raschen Reform sieht auch Benedikt Ennser, Sektionschef Energie im Wirtschaftsministerium, und betont anlässlich des Trendforums, dass er für Tempo bei der Umsetzung sorgen will. "Das ElWG bringt klare Regeln für die Anforderungen unserer Zeit – mit Vorteilen für Kund:innen, Erzeuger, Versorger und Netzbetreiber. Je länger das alte Gesetz von 2010 gilt, desto teurer wird es für uns alle. Jetzt ist alles für eine rasche Beschlussfassung angerichtet. Ich appelliere an alle Beteiligten, mit Pragmatismus und Fokus auf das gemeinsame Ziel an diese große Aufgabe heranzugehen."
Parallel dazu arbeite die neue Bundesregierung auch an Änderungen des Förderwesens, wie Staatssekretärin Elisabeth Zehetner in einer Videobotschaft erklärt: "Neue Gesetzesvorhaben sind das Fundament eines starken Standorts. Und Fördermittel müssen dort wirken, wo der Hebel am größten ist. Das gelingt nur im Schulterschluss von Politik, Wirtschaft, Bund und Ländern."
Opposition zeigt sich gesprächsbereit
Wie es aber tatsächlich um die Umsetzung steht, und ob es den Parlamentsparteien gelingt, einen tragfähigen Kompromiss zu finden, bleibt allerdings fraglich. Immerhin bräuchte es etwa für den Beschluss des EIWG im Nationalrat eine Zweidrittelmehrheit. Also wurden Vertreter:innen aller Fraktionen zum Trendforum geladen, um im Rahmen einer von Manuela Raidl moderierten Podiumsdiskussion ihre Positionen zu erläutern. Den Anfang machten dabei die Oppositionsparteien.
"Das ElWG ist das neue Betriebssystem für die Energiewirtschaft – es liegt ein guter Entwurf vor, der mit allen Stakeholdern ausverhandelt wurde. Wir warten gespannt auf die Regierungsvorlage und stehen für Gespräche bereit. Es braucht so rasch wie möglich langfristige Rahmenbedingungen, die die notwendige Orientierung geben", sagt Lukas Hammer, Sprecher für Mobilität, Umweltschutz, Biodiversität der Grünen, die in der früheren Regierung die Energieagenden steuerten.
Gesprächsbereit positionierte sich auch die ebenfalls in der Opposition befindliche FPÖ, wie Paul Hammerl, stellvertretender Energiesprecher der FPÖ, beteuerte: "Wer erfolgreiche Energiepolitik machen möchte, der muss die Grundlagen der Volkswirtschaftslehre, der Betriebswirtschaftslehre und der Physik beachten. Zahlreiche staatliche Eingriffe in den Energiemarkt waren in der Vergangenheit zwar gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Dies führt zu bedeutenden Ineffizienzen im Markt und kostet der Bevölkerung und der Wirtschaft sehr viel Geld. Wir haben keine Zeit zu verlieren und müssen nun endlich die notwendigen und allseits bekannten Schritte setzen."
Regierungsfraktionen räumen Energiepolitik hohe Priorität ein
Auch vonseiten der Regierungsparteien wurde dem Thema Energie hohe Priorität eingeräumt. So meint etwa Joachim Schnabel, Sprecher für Verkehr und Telekommunikation der ÖVP: "Energiepolitik ist Standortpolitik – alles ist eingetaktet. Jetzt braucht es noch Gespräche mit der Opposition. Unser Ziel ist klar: Das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz soll noch vor dem Sommer beschlossen werden, die anderen Vorhaben in Begutachtung gehen und zeitnah verabschiedet werden."
Und auch Alois Schroll, SPÖ-Energiesprecher, sichert seine Unterstützung zu. Allerdings pochte er im selben Atemzug auf eine möglichst günstige Versorgung. "Wir bringen uns verlässlich in die Energiewende ein. Die Abstimmungen laufen gut – wir nutzen die Zeit, um EU-Vorgaben und das Regierungsprogramm in die notwendigen Gesetze einzubeziehen und behalten dabei immer die Leistbarkeit von Energie im Blick."
Das Bewusstsein für ein stabiles Rahmenrecht ist auch bei den NEOS fest verankert. "Wir brauchen eine Energiepolitik, die den Bedarf für günstige und verlässliche Energieversorgung sowohl für Endkunden als auch für Industrie- und Gewerbetreibende im Fokus hat. Dabei brauchen wir weiter konsequente Fortschritte für die erneuerbare Stromerzeugung, -übertragung und -speicherung. Gleich wichtig ist, rasch eine Strategie für grüne und wettbewerbsfähige Energieversorgung für die Industrie zu beschließen", betont Markus Hofer, NEOS-Sprecher für Wirtschaft, Finanzen und Industrie/Standort.
Rascher Beschluss erforderlich
"Wir stehen im Energiebereich vor enormen Herausforderungen. Damit wir diese bewältigen können, brauchen wir rechtliche Klarheit", bringt Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, die Position der Energiewirtschaft abschließend auf den Punkt. "Natürlich gibt es auch aus Sicht der Branche weitere Punkte, die uns wichtig sind – vom Thema der Rechtssicherheit bei Preisanpassungen bis hin zur Entlastung von Speichern. Klar ist aber: Wir wollen, dass diese Gesetze möglichst rasch beschlossen werden."
Namhafte Gäste
Unter den rund 150 namhaften Gästen waren neben den Podiumsteilnehmer:innen u. a. auch Doris Stiksl (Geschäftsführerin ProPellets), Gerd Jung (Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus), Robert Strayhammer (SPÖ), Michael Marketz (Geschäftsführer Kärnten Netz GmbH), Wolfgang Urbantschitsch (Vorstandsmitglied E-Control), Eva Tatschl-Unterberger (Geschäftsführerin Kärnten Netz GmbH), Alfons Haber (Vorstandsmitglied E-Control), Gundula Konrad (Verbund AG) und Jutta Fabjan (Verbund AG).
Eindrücke vom Trendforum finden Sie in der Galerie.
www.oesterreichsenergie.at
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