Was in Österreich bisher als unmöglich schien, dürfte nun doch ziemlich schnell Realität werden. Die Bundesregierung hat am Sonntag angekündigt, den Weg für eine Verkehrsberuhigung in Städten und Gemeinden frei zu machen. Aufgrund von Datenschutzbedenken sind derartige Pläne bisher gescheitert. Denn für die Umsetzung ist ein kamerabasiertes Zufahrtsmanagement notwendig, was hierzulande nur mit einer Änderung in der Straßenverkehrsordnung (StVO) möglich ist.
Datenschutzkonforme Rechtsgrundlage
Und genau diese wurde jetzt vom neuen Mobilitätsministers Peter Hanke angekündigt. Hanke war vor seinem Einzug in die Bundesregierung Finanz- und Wirtschaftsstadtrat in Wien. In der Bundeshauptstadt gibt es den Ruf nach der Möglichkeit einer Verkehrsberuhigung - vor allem im ersten Bezirk - bereits seit Jahren. Doch nicht nur Wien, sondern viele heimische Kommunen haben zuletzt auf eine entsprechende StVO-Novelle gedrängt. Kein Wunder, schließlich ist ein automatisiertes Zufahrtsmanagement in vielen europäischen Städten längst gängige Praxis. Schon bald soll es auch in Österreich so weit sein.
"Viele österreichische Städte haben die ehemalige Bundesregierung bereits um die Schaffung einer praxisgerechten und datenschutzkonformen Rechtsgrundlage für kamerabasiertes Zufahrtsmanagement ersucht. Mit dieser Novelle setzen wir das Regierungsprogramm konsequent um und schaffen die Möglichkeit für Kommunen, verkehrsberuhigte Zonen effektiver zu gestalten. Damit erhöhen wir die Lebens- und Aufenthaltsqualität in Österreichs Kommunen und schaffen mehr Raum zum Leben", sagte Peter Hanke am Sonntag. Er werde eine entsprechende Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) in die Regierungskoordination schicken. Diese soll den österreichischen Kommunen künftig Verkehrsberuhigung mittels automatisierten Zufahrtsmanagements ermöglichen.
Großes Interesse
Bereits über 25 Städte hätten Interesse an einer solchen Novelle bekundet, nun nehme man dieses "längst überfällige Projekt gleich zu Beginn ihrer Amtszeit in Angriff", so die neue Bundesregierung. Kamerabasierte Systeme sind in Österreich schon lange im Einsatz, etwa bei der Mauterfassung, der Section Control und bei Ein- und Ausfahrtssystemen in Parkgaragen. Mit der Novelle der StVO will die Bundesregierung den rechtlichen Rahmen für ein automatisiertes Zufahrtsmanagement schaffen. Die konkrete Ausgestaltung obliege bei der Umsetzung den Städten und Gemeinden. Durch die Novelle soll künftig eine effektivere und lückenlose Zufahrtskontrolle ermöglicht werden. Die Novelle geht nun in die Regierungskoordination und danach in Begutachtung. Ziel ist ein Inkrafttreten der Novelle mit 1. Jänner 2026.
V.l.n.r.: Peter Hanke, Ulli Sima, Walter Ruck und Markus Figl © Tobias Holzer
Am Sonntag fielen die meisten Reaktionen positiv aus. Vor allem in Wien, wo gerade Wahlkampf herrscht, zeigten sich viele Entscheider:innen regelrecht begeistert. Städtebund-Präsident und Bürgermeister Michael Ludwig meinte u.a.: "Über 25 Städte in Österreich sehen die automationsunterstützten Ein- und Zufahrtskontrollen positiv und zeigen Interesse dieses Instrument für ihre Innenstädte umzusetzen. Es freut mich daher besonders, dass die verkehrsberuhigte Innere Stadt, für die wir uns so lange eingesetzt haben, nun Wirklichkeit wird. Mit der Einführung eines elektronischen Zufahrtsmanagements nach europäischen Standards schaffen wir ein Stadtzentrum, das Raum für Begrünung, Kühlung, attraktive Fuß- und Radwege sowie einladende Aufenthaltsbereiche bietet. Die Innenstadt wird zu einem Ort, an dem man sich gerne aufhält, begegnet und Zeit verbringt. Damit erfüllen wir nicht nur einen langjährigen Wunsch vieler Wienerinnen und Wiener, sondern auch eine zentrale Forderung zahlreicher österreichischer Städte und des Österreichischen Städtebundes."
Wien will neue rechtliche Möglichkeiten zeitnah umsetzen
"Ich freue mich sehr, dass der neue Mobilitätsminister Peter Hanke dem intensiven Wunsch der Städte nach Verkehrsberuhigung und effektiver Kontrolle nun so rasch nachkommt. Die Grüne Ex-Verkehrsministerin Gewessler hat die dafür notwendige Novelle der Straßenverkehrsordnung und damit die größte Verkehrsberuhigung Österreichs jahrelang verhindert. Die Stadt Wien und der erste Bezirk haben ihre Hausaufgaben gemacht. Wir haben vor Jahren eine technische Machbarkeitsstudie vorgelegt, die zeigt, dass täglich bis zu 15.700 Einfahrten in Wiens Innere Stadt verhindert und die Stellplatzauslastung um fast ein Viertel reduziert werden können", sagte Wiens Mobilitätsstadträtin Ulli Sima.
Auch Wirtschaftstreibende begrüßen diesen Schritt, da die Novelle die Aufenthaltsqualität in den Stadtzentren erhöhe und damit Gastronomie und Handel stärke. Wirtschaftskammer Wien-Präsident Walter Ruck meinte: "Verkehrsberuhigung im innerstädtischen Bereich bringt allen Beteiligten etwas. Das zeigen auch Erfahrungen mit den bisher eingerichteten Begegnungszonen. Durch die gesteigerte Aufenthaltsqualität und die bessere fußläufige Zugänglichkeit profitieren neben den Bewohnerinnen und Bewohnern auch die Unternehmen vor Ort. Solche Zonen weisen eine gesteigerte wirtschaftliche Wertschöpfung auf." Klar sei aber auch, dass der freiwerdende Platz an der Oberfläche sinnvoll und im Interesse aller Betroffenen genutzt werden müsse, inklusive kurzfristigem Parkens. Die Innere Stadt sei laut dem WK Wien-Präsidenten nicht nur Wohnraum, sondern auch das wirtschaftliche, touristische und gesellschaftliche Zentrum der Stadt.
Markus Figl, Bezirksvorsteher der Inneren Stadt, schlug in die selbe Kerbe: "Die Verkehrsberuhigte Innere Stadt ist ein wichtiger Beitrag für die Bewohnte Innere Stadt und für alle Menschen, die sich in der Inneren Stadt aufhalten möchten. Seit vielen Jahren gibt es für dieses Projekt einen breiten Konsens im Bezirk gemeinsam mit der Stadt, und nun auch mit dem neuen Bundesminister." Thomas Weninger, Generalsekretär des Städtebundes, sagt zum Vorstoß: "Leider werden verkehrsberuhigte Bereiche wie Fußgängerzonen oftmals unberechtigt befahren. Der Österreichische Städtebund fordert daher schon seit vielen Jahren eine Rechtsgrundlage, damit Städte automationsunterstützte Zufahrtskontrollen nach italienischem Beispiel vornehmen können. Datenschutzrechtliche Fragen hat der Städtebund bereits 2022 gemeinsam mit dem BMK unter Ex-Ministerin Gewessler in einem entsprechenden Rechtsgutachten von Nikolaus Forgó geklärt." Man hoffe daher im Sinne der Verkehrssicherheit auf eine baldige, praxistaugliche Rechtsgrundlage.
Kritik
Kritik kam unter anderem von den Wiener Grünen. Lukas Hammer, Verkehrssprecher der Grünen, meinte etwa, dass ein konkreter Begutachtungsentwurf oder gar eine Regierungsvorlage zur angekündigten StVO-Novelle nicht vorliege. Noch vor weniger als drei Wochen sei im Parlament die Abstimmung über einen konkreten Gesetzesvorschlag der Grünen zur Ermöglichung eines solchen Zufahrtsmanagements durch Vertagung seitens der Regierungskoalition verhindert worden.
www.bmk.gv.at
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