"Ist Stress zu haben wirklich hip?"

| 23.05.2013

Bolech im Interview über Burnout als neue Epidemie, Kostenentlastung der Unternehmen, das Energie- und Stressbarometer sowie den neuen Medientag. 

Statistiken und Medienberichten zufolge wird Burnout zur neuen Epidemie der westlichen Welt. Liegen die Ursachen dieses Phänomens im System – also in den gestiegenen ökonomischen Anforderungen, denen sich viele nicht mehr gewachsen fühlen, oder machen wir uns diesen Stress selbst, weil es „hip und in“ ist, Stress zu haben? leadersnet.at hat mit Brigitte Bolech, Präsidentin des in Wien gegründeten Instituts für Informations- und Quantenmedizin und HRV Forschungsergebnisse sowie Leiterin des BEAM HRV Wirkungsforschungsinstituts, über “Burnout”, die Novelle des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes  und das Energie- und Stressbarometer als Benchmark gesprochen.

leadersnet.at: Burnout war noch vor nicht allzu langer Zeit eher ein "Statussymbol“ für elitäre Einzelpersönlichkeiten als eine Herausforderung für die Volksgesundheit. Was bedeutet diese Erschöpfungskrankheit heute für die österreichische Volkswirtschaft/Gesellschaft?

Bolech: Tatsächlich wird „Burnout“ immer noch mit dem „Los der Privilegierten“ in Verbindung gebracht. Ein Burnout müsse man sich “verdienen“ – rund um die Uhr verfügbar sein, perfekt funktionieren und erfolgreich in jeder Hinsicht,… „Nur wer je gebrannt hat, kann auch ausbrennen“, so lautet das gängige Klischee.  Die Wahrheit ist freilich weniger glanzvoll: Burnout und Stressbelastung der Mitarbeiter kosten Österreichs Unternehmen gewaltige Summen. Laut Ärztekammer leiden rund 500.000 Menschen unter Burnout und weitere 1,1 Millionen gelten als gefährdet. Rund sieben Milliarden Euro verliert die heimische Volkswirtschaft pro Jahr durch psychosoziale Erkrankungen. Vier Milliarden davon entfallen laut jüngsten Studienergebnissen auf die Unternehmen, die durch Produktivitätsverlust und Krankenstandstage der Mitarbeiter Geld verlieren.

leadersnet.at: Nun reagiert sogar der Gesetzgeber auf die Phänomene der Stressbelastung und verpflichtet die Unternehmer, auch die psychische Belastung der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz zu evaluieren.  Wie soll das vor sich gehen?

Bolech: Mit der Novelle des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (2013) soll die Wichtigkeit der psychischen Gesundheit und der Prävention psychischer Belastungen unterstrichen werden. Arbeitgeber müssen beeinträchtigende Arbeitsbedingungen erkennen und diese durch entsprechende Maßnahmen gezielt verbessern. Im Zuge der gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitsplatzevaluierung hat der Arbeitgeber zu prüfen, ob arbeitsbedingte physische und psychische Belastungen vorliegen, die zu Fehlbeanspruchungen von Arbeitnehmern führen können.

leadersnet.at: Welche Ursachen können diese haben?

Bolech: Die Ursachen solcher arbeitsbedingter psychischer Fehlbeanspruchungen sind unserer Erfahrung nach sehr mannigfaltig; sie reichen von unklaren, widersprüchlichen oder als sinnlos erlebten Arbeitsaufgaben, unangemessenen Terminvorgaben, über geringe Gestaltungsmöglichkeiten, dem Gefühl, dem System ohnmächtig ausgeliefert zu sein, dem Zwang zu ständiger Erreichbarkeit, mangelnde Information und fehlende Unterstützung durch Vorgesetzte bis hin zur Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes.  Besondere Stressfaktoren sind auch nicht genutzte oder überstrapazierte Stärken und Potenziale der MitarbeiterInnen sowie das meist fehlende Wissen bei Führungskräften, wie sie ihre Leistungsbringer optimal einsetzen und unterstützen können.

Da das Stressverhalten der Menschen je nach Stresstyp absolut unterschiedlich ist, ist es nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig, den „Performern“ das nötige praxisorientierte Wissen sowie wirksame „Stressmanagement –Tools“ an die Hand zu geben. Was jetzt gebraucht wird, ist echte Hilfestellung, wie „Leistungssteigerung UND Stressreduktion“ umgesetzt werden können. Zu diesem Thema haben wir nun bereits sieben Jahre Forschungs- und Praxiserfahrung. Wenn dann die ManagerInnen einen „ungeschönten“ Blick auf ihre Organisationen werfen – wozu sie in der Regel nur bereit sind, wenn sie ihre eigenen Stärken kennen und schätzen - haben sie die große Chance, rechtzeitig Schwachstellen in ihren Aufbau- und Ablauforganisationen festzustellen. Erst dann können Maßnahmen gesetzt werden, die durch potenzialgerechte (=stressreduzierende) Teamarbeit nicht nur das „Betriebsklima“ verbessern, sondern auch das Unternehmen effizienter machen.  Es wäre aber voreilig zu behaupten, die Unternehmen wären sich - wenige Monate nach Inkrafttreten dieser Novelle - bereits der darin liegenden Chancen bewusst.

leadersnet.at: Das BEAM HRV Wirkungsforschungsinstitut arbeitet mit einem besonderen Messinstrument, das nicht nur bewusste, sondern auch unterbewusste Wirkfaktoren auf körperlicher und psychischer Ebene sichtbar macht. Sie messen in Echtzeit, wie hoch der Stresslevel ist und wie viel Energie aktuell zur Verfügung steht. Was ist HRV?  Was misst man da?

Bolech: Die Herzratenvariabilität (HRV) bezeichnet die Fähigkeit eines Organismus, gezielt die Frequenz des Herzrhythmus zu verändern. Ist der Organismus gesund, so passt er über das autonome Nervensystem, das die automatisierten Prozesse im Körper regelt, seine Herzfrequenz ständig den momentanen physischen und psychischen Erfordernissen an. Mit genauesten EKG-ähnlichen Messinstrumenten und Analyseverfahren kann man rasch, schmerzlos und sehr zuverlässig den Funktionszustand des vegetativen Nervensystems bestimmen.
Die Möglichkeiten der Anwendung sind breit gestreut. Das Messinstrument ist streng betrachtet, das Herz selbst, das wie ein Seismograph alle Informationen aus dem autonomen Nervensystem zeitgleich erfasst. BEAM HRV real-time ist somit ein nützliche Lernsystem, das sichtbar macht, was speziell bei MIR wirksam ist. Die Motivation, etwas umzusetzen, was sicher Erfolg bringt, ist naturgemäß groß.

leadersnet.at: Wofür steht das BEAM HRV Wirkungsforschungsinstitut?  Welche Ziele werden verfolgt?

Bolech: Das BEAM HRV Wirkungsforschungsinstitut beschäftigt sich mit interdisziplinärer Forschung zum Thema „Die Wirksamkeit von Maßnahmen, Therapien und Substanzen sichtbar und wissenschaftlich nachvollziehbar machen.“ Unser besonderer Fokus richtet sich auf „Wirksame Stressprävention“ in einer ständig auf Leistungssteigerung ausgerichteten Gesellschaft.

leadersnet.at: Ist ein Energie- und Stressbarometer ein taugliches Instrument, die Problematik im sozial-ökonomischen Kontext sichtbar zu machen?

Bolech: Überall in der Wirtschaft finden Monitoring- und Frühwarnsysteme Anwendung, weil sie uns helfen, künftige Trendwechsel zu antizipieren und bessere Entscheidungen zu treffen. Beim Burnout, das bereits zu einem volkswirtschaftlich relevanten Faktor geworden ist, fehlt ein derartiger Mechanismus noch.
Wir wollen ein methodisches Verfahren zur Messung und Vorhersage des Verlaufs von Burnout in Österreich in Form einer laufend durchgeführten Repräsentativerhebung etablieren.

Es motiviert und beeindruckt, wenn man live sehen kann, wie man sich selbst durch geringe Livestyle-Änderungen biologisch um Jahre verjüngen kann, und wie der Stresslevel sinkt und der Energielevel steigt, wenn man z.B. für sich die richtige Atemtechnik gefunden hat.  Noch beeindruckender ist aber für die meisten, wenn sie sofort sehen können, wie unmittelbar sich Gedanken und Gefühle auf ihr Wohlbefinden auswirken. Schon der römische Kaiser und Philosoph Marc Aurel wusste, was wir heute nachweisen und live zeigen können „Unser Leben ist das Produkt unserer Gedanken“. Die wertvollste neue Erkenntnis nach einer BEAM HRV real-time Messung ist jedoch, dass es für alles eine Lösung gibt, und ob sie für uns gut ist, können wir selbst überprüfen. Natürlich sind alle Einzelmessungen für Teilnehmer absolut vertraulich.

leadersnet.at: Noch im November diesen Jahres soll ein Medientag unter dem Motto "Wirksame Stressreduktion am Arbeitsplatz - Bewusst und selbstverantwortlich handeln" stattfinden. Wer tritt als Veranstalter auf? Welche Zielgruppen sollen angesprochen werden?

Bolech: Wir möchten insbesondere jene Führungskräfte erreichen, die auf der Suche nach leistbarer und wirksamer Stressprävention sind, die mehr als nur ein „kosmetischer Akt“ ist, um dem Gesetz zu genügen. Zu den Zielgruppen gehören vor allem: UnternehmerInnen, EntscheidungsträgerInnen, Führungskräfte, Verantwortliche für Human Resources und Personalentwicklung, BetriebsrätInnen, BetriebsärztInnen, Verantwortliche für die betriebliche Gesundheitsvorsorge, Personen, die in der Stress-, Depressions-, Burnoutfrüherkennung und –therapie tätig sind, MultiplikatorInnen und ExpertInnen der Gesundheitsförderung. Als Veranstalter wird das BEAM HRV Wirkungsforschungsinstitut fungieren.

 leadersnet.at: Welche Funktionen kann eine österreichische Gesamtdatenbank für "Power und Balance statt Stress und Burnout" erfüllen und welche Schritte und Maßnahmen sind erforderlich um eine solche zu etablieren?

Bolech: Wichtigster Schritt ist die Gründung einer Plattform von teilnehmenden Unternehmen und Organisationen. Diese soll nach Anzahl der Mitglieder, Geschäftszweck, Unternehmensgröße, geographischer Verteilung und anderen Faktoren so zusammengesetzt sein, dass die Ergebnisse periodisch durchgeführter Messungen und Befragungen der MitarbeiterInnen genaue Hochrechnungen auf die österreichische Grundgesamtheit zulassen.

Die Unternehmensleitungen gewinnen wissenschaftlich erhobene Zahlen und Fakten, um wirksame Präventionsprogramme installieren zu können. Gleichzeitig mit der Statuserhebung durch Messungen können den MitarbeiterInnen auch für sie individuell passende Stress-Präventionsmaßnahmen angeboten werden. Die Volkswirtschaft schließlich gewinnt genauer strukturierte Daten über Stresserkrankungen und Burnout im beruflichen Kontext, insbesondere in einem sehr frühen, bisher noch nicht erforschten Stadium, als Basis für weitergehende Untersuchungen und wirksame Präventionsmaßnahmen und letztlich eine Kostenentlastung der Unternehmen sowie des gesamten Gesundheitssystems.

www.hrv-wirkungsforschung.com

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