A1, Drei und Magenta sind gegen weitere Breitband-Ausbauförderungen

| Tobias Seifried 
| 04.10.2023

Was zunächst kurios klingt, hat einen schlüssigen Hintergrund. Bei der Präsentation des "Digitalen Aktionsplan für Österreich - Mission 2029" gab es noch weitere Forderungen an die Politik.

Eigentlich sollte man meinen, dass sich die großen österreichischen Telekomunternehmen A1, Drei und Magenta darüber freuen, wenn ihnen der Staat beim Ausbau der Infrastruktur finanziell unter die Arme greift. Doch aktuell ist das Gegenteil der Fall. Die drei Unternehmen appellierten am Mittwoch an die Bundesregierung, keine weiteren Breitband-Ausbauförderungen mehr auszuschreiben. Grund: die dafür notwendigen finanziellen Mittel seien ausreichend vorhanden. Stattdessen fordern sie eine Umwidmung der Gelder.

"Digitaler Aktionsplan für Österreich - Mission 2029"

Für die nächste Ausbauförderung waren 400 Millionen Euro vorgesehen, die nun nach Meinung der IKT-Branche für eine Digitalisierungsoffensive dringend investiert werden sollen. Wie diese Digitalisierungsoffensive aussehen soll, haben 400 Expert:innen aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Verwaltung in den vergangenen zwölf Monaten im sogenannten "Digitalen Aktionsplan für Österreich - Mission 2029" zusammengefasst und im Rahmen des IKT-Konvents am Mittwoch vorgestellt.

"Alle großen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit wie die Energiewende, Cybersicherheit, Gesundheitsversorgung oder aber Investitionen in Bildung sind Herausforderungen, die ohne Digitalisierung nicht gestemmt werden können. Wenn es uns ein Anliegen ist, dass Österreich auch weiterhin attraktiv und wettbewerbsfähig bleibt, dann müssen die heute präsentierten Pakete ehestmöglich umgesetzt werden. Unser Ziel muss sein, dass Österreich im wirtschaftlichen und sozialen Kontext unter die führenden digitalen Nationen aufschließt", so Patricia Neumann, Präsidentin der Internetoffensive Österreich und Vorstandsvorsitzende von Siemens AG Österreich.

Ziel von 80 Milliarden Euro zusätzlicher Wirtschaftsleistung

Das Potenzial einer Umsetzung des nun vorliegenden "Digitalen Aktionsplans" in Österreich wird vom Branchenverband auf insgesamt 80 Milliarden Euro an zusätzlicher Wirtschaftsleistung bis 2029 geschätzt: "Die wirtschaftlichen Impulse durch die richtige Nutzung von KI, Cloudinfrastrukturen und -anwendungen und anderen neuen Technologien sind enorm und bewirken laut einer Studie von EcoAustria 3,5 Prozent an Wirtschafts-Leistungssteigerung", sagte Markus Schaffhauser, Vorstand der Internetoffensive und CEO von Evidon Austria.

Martin Peck, Country Manager von Oracle Österreich, betonte: "Große wirtschaftspolitische Projekte der nächsten Jahre wie die Energiewende sind ohne die Umsetzung von zwingenden Digitalisierungsmaßnahmen undenkbar. Antworten dazu liefert der Digitale Aktionsplan der  Internetoffensive. Wir müssen diese Chancen für Bürger:innen und Unternehmen in den kommenden fünf Jahren nutzen, um im weltweiten Wettbewerb zu reüssieren". Dazu brauche es mehr Investitionen in digitale Bildung und Fachschulen, mehr Investitionen in Forschungs- und Entwicklungsinfrastrukturen, sowie die finanzielle Unterstützung für Bürger:innen bei der Errichtung von Hochgeschwindigkeits-Internetanschlüssen.

"Digitalisierungsoffensive" für Bürger:innen und Unternehmen

Weiters waren sich die Vertreter:innen beim IKT-Konvent darüber einig, dass eine Überhitzung bei Ausbauförderungen zu Preisexplosion der Baukosten und Verzögerungen des Breitbandausbaues führe. Stattdessen wünschen sie sich eine Digitalisierungsoffensive für Forschung und Entwicklung von KI, digitale Bildung und Nachfrageförderung. Die Regierung sollte demnach die geplante 400 Millionen Euro Breitbandförderung in eine "Digitalisierungsoffensive" für Bürger:innen und Unternehmen umwidmen.

"Österreich hat schon massiv Gelder für die Förderung des Breitbandausbaus ausgegeben. Man sollte nun auch eine Nachfrageförderung für die Menschen einführen. Die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen uns, dass mit einer Nachfrageförderung eine deutlich höhere Nutzung von Breitbandinternet erreicht werden kann", so Rodrigo Diehl, CEO von Magenta Telekom.

Natascha Kantauer-Gansch, CCO Consumer der A1 Telekom Austria, schlägt in die selbe Kerbe: "Von den in den 2022 ausgeschütteten 900 Millionen Euro an Breitband-Ausbauförderung wurde bis heute kaum etwas tatsächlich abgerufen und verbaut. Durch die Ausschüttung öffentlicher Fördermittel für Bautätigkeiten in den vergangenen Jahren ist der Markt mittlerweile so überhitzt, dass es zu Engpässen und Preissteigerungen für Bautätigkeiten und Equipment kommt. Zudem spießt es sich an den Arbeitskräften. Bis 2030 fehlen 58.000 Personen im IKT-Umfeld, die hier zusätzlich benötigt werden. Das hat eine vor wenigen Tagen veröffentlichte Studie gezeigt. Daher schlagen wir ein Ende der Breitband-Ausbauförderung vor. Ein Förderstopp bedeutet übrigens nicht, dass weniger gebaut werden wird."

Abbau von teurer Bürokratie

Um den Breitbandausbau in Österreich zu beschleunigen, brauche es keine Ausbauförderungen mehr, sondern einen Abbau der bürokratischen Hürden. Dazu sei ein nationaler Schulterschluss aller Verwaltungseinheiten notwendig, so Kantauer-Gansch und weiter: "Wir warten beispielsweise für einfache Baubewilligungen für dringende Ausbautätigkeiten nach wie vor bis zu 18 Monate. Hier sind Bundesländer und Gemeinden gefordert, endlich einfache One-Stop-Shop-Verfahren umzusetzen. Das bringt Kostenvorteile sowie Ressourcenschonung und macht uns zukunftsfit."

Rudolf Schrefl, Vizepräsident des Branchenverbandes und CEO von Drei Österreich, plädiert ebenfalls für einen anderen Einsatz der für einen weiteren Breitband-Ausbaufördercall vorgesehenen 400 Millionen Euro: "Eine Förderung digitaler Forschung und Entwicklung, beispielsweise in KI oder Quantencomputing, sowie digitaler Bildung am Lebens- und Wirtschaftsstandort Österreich ist aufgrund der schwierigen globalen Herausforderungen dringend notwendig", so Rudolf Schrefl, Vizepräsident des Branchenverbandes und CEO von Drei Österreich.

Ferner müsse Menschen und Unternehmen geholfen werden, sich den Anschluss an Hochgeschwindigkeits-Internet wie beispielsweise Glasfaserinternet oder 5G leisten zu können. Ein Teil der Digitalisierungsoffensive solle daher in eine flächendeckende Nachfrageförderung investiert werden. Erfolgreiche Beispiele gebe es aus mehreren EU-Staaten, Österreich sollte darauf zurückgreifen, so Schrefl abschließend.

LEADERSNET war beim IKT-Konvent. Fotos sehen Sie hier und hier.

www.internetoffensive.at

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