ATX mit Jahresminus von 19 Prozent: Diese heimischen Aktien trotzten dem Abwärtstrend

| Tobias Seifried 
| 01.01.2023

Chef der Wiener Börse plädiert einmal mehr für eine Wiedereinführung einer Behaltefrist.

Eine veränderte Inflations- und Zinssituation, der russische Angriff auf die Ukraine sowie die anhaltende Energiekrise belasteten die europäischen Aktienmärkte im Jahr 2022. Beim ATX fiel das Minus mit 19 Prozent besonders hoch aus (Schlussstand 2022: 3.126,39 Punkte). Zum Vergleich: Beim deutschen Leitindex DAX waren es "nur" 12 Prozent. Dennoch gibt es von der Wiener Börse auch Positives zu vermelden.

Konstanter Umsatz, Zuwachs im prime market

Laut vorläufiger Prognose wurde von den Handelsteilnehmer:innen an der Wiener Börse in etwa gleich viel umgesetzt wie im Vorjahr. Der Emissionsmarkt blieb herausfordernd. Mit Pierer Mobility AG und RHI Magnesita N.V. wuchs der prime market auf 40 Unternehmen. Im KMU-Segment gab die Salzburger VAS AG ihr Börsendebüt. Im Anleihen-Bereich konnte der heimische Handelsplatz einige neue internationale Kund:innen gewinnen.

"Die Börsengruppe Wien-Prag konnte im Jahr 2022 wichtige Projekte umsetzen und ihre Position als zentraleuropäische Börsenbetreiberin stärken. Dank der Diversifikation unserer Geschäftsfelder und strategischen Planung für die nächsten Jahre, sehe ich die Wiener Börse auf einem guten Kurs," so Christoph Boschan, CEO der Wiener Börse. Für Finanzierungen über die Börse sieht er eine vielversprechende Zukunft: "Um unsere Wirtschaft zukunftsfit zu machen, braucht Europa Innovation, die nur mit Eigenkapital finanziert werden kann. Volkswirtschaften mit entwickelten Kapitalmärkten wachsen stärker und werden die Transformation rascher gestalten."

Aktienumsatz auf Vorjahres-Niveau

Nach einem starken ersten Quartal, geprägt von hoher Volatilität, pendelten sich die Aktienumsätze bis zum Ende des Jahres auf Vorkrisenniveau ein. Für das Jahr 2022 wird ein Aktienumsatz von 72 Milliarden Euro prognostiziert (2021 73,4 Milliarden Euro). Die drei stärksten Handelstage waren 31. Mai (1.117 Millionen Euro), 28. Februar (911 Millionen Euro) und 18. März (870 Millionen Euro). An einem durchschnittlichen Handelstag wurden 283 Millionen Euro Umsatz verzeichnet.

An der Wiener Börse sind 65 Handelsteilnehmer:innen aktiv (44 internationale, 21 nationale). Mit rund 88 Prozent wird der Großteil der Umsätze von internationalen Handelsmitgliedern generiert. Seit September handelt auch das internationale Market Making-Haus Optiver in Wien. Um mit weltweiten Investor:innen im Dialog zu bleiben, organisiert die Wiener Börse für börsennotierte Unternehmen im Jahr 2023 sechs internationale Investorenkonferenzen in Köln, London, New York, Paris, Warschau und Zürich.

Die meistgehandelten österreichischen Aktien im Jahr 2022 waren:

  1. Erste Group Bank AG (12,16 Milliarden Euro)
  2. OMV AG (9,75 Milliarden Euro)
  3. Verbund AG (7,33 Milliarden Euro)
  4. Raiffeisen Bank International AG (6,16 Milliarden Euro)
  5. voestalpine AG (5,24 Milliarden Euro)

Geduld machte sich 2022 bezahlt

Weltweit zeigten die entwickelten Aktienmärkte im Jahresverlauf zumeist Kursrückgänge im zweistelligen Bereich. Der österreichische Aktienmarkt fügt sich 2022 in dieses Bild ein. Nachdem der österreichische Nationalindex ATX TR inklusive Dividenden im Vorjahr 43,59 Prozent zulegte, gab er year-to-date 16,04 Prozent ab. Am 28. Dezember 2022 hielt der ATX TR mit 6.589,84 Punkten in etwa auf dem Niveau vor Pandemiebeginn (ATX ohne Dividenden -19,12 Prozent, 3.122,96 Punkte). Auch wenn der Nationalindex mitunter stärker schwanke als andere Barometer, liege er langfristig mit einer Durchschnittsrendite von sechs Prozent im europäischen Mittel, teilte die Wiener Börse mit.

Im prime market trotzten einige Unternehmen dem diesjährigen, weltweiten Abwärtstrend: Im Jahresverlauf lagen Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipment AG (+85,78 Prozent), Flughafen Wien AG (+23,87 Prozent), Do&Co AG (+20,65 Prozent), Andritz AG (+18,67 Prozent) und STRABAG SE (+6,14 Prozent) teils deutlich im Plus. Die Marktkapitalisierung aller heimischen, in Wien notierten Unternehmen lag per 28. Dezember 2022 bei 114,73 Milliarden Euro.

Wiedereinführung einer Behaltefrist gefordert

"Die Geschäftsmodelle österreichischer Unternehmen erweisen sich als krisenfest, stabil und dividendenstark, das macht sie bei internationalen Investoren beliebt. Österreichische Aktien dürfen in keinem Europa-Portfolio fehlen. Nur jene Anleger, die auch in Zeiten von Rückgängen durchhalten, profitieren langfristig von den Renditen des Aktienmarktes. Die historische Durchschnittsrendite des Aktienmarktes ist anderen Anlageklassen deutlich überlegen. Auch der Staat sollte langfristiges Agieren an den Märkten belohnen und Bürger:innen, die eigenverantwortlich vorsorgen, steuerlich entgegenkommen," plädiert Boschan für die Wiedereinführung einer Behaltefrist, also einer Befreiung von der Wertpapier-Kapitalertragssteuer ab einer Haltedauer von einem Jahr.

www.wienerborse.at

Kommentar schreiben

* Pflichtfelder.

leadersnet.TV