"Wir haben nicht das größte, sondern das richtige Sortiment"

Alessandro Wolf, CEO von Lidl Österreich, im Interview über die Erhöhung der Mindesteinstiegsgehälter, wie sich der Smart Diskonter in der Pandemie positioniert hat, wo es "Luft nach oben" gibt, wohin sich das Produktportfolio entwickelt, wie es mit dem Bereich eFood aussieht und wie man es schafft, so lange ein "Great Place to Work" zu bleiben.

Ab 1. März 2022 bekommen alle Lidl Filial-Mitarbeiter:innen in Österreich zumindest 2.090 Euro brutto pro Monat. Das entspricht einer Überzahlung von 16 Prozent gegenüber Kollektivvertrag. Zusätzlich arbeitet Lidl Österreich an weiteren Maßnahmen für mehr Flexibilität am Arbeitsplatz. Fix ist beispielsweise die Einführung einer sechsten Urlaubswoche. LEADERSNET hat den CEO von Lidl Österreich, Alessandro Wolf, zum Interview gebeten und mit ihm unter anderem über die besondere Wettbewerbssituation in Zeiten einer Pandemie, die Positionierung des Diskonters, seinen Führungsstil und den Ausbau des veganen Angebots gesprochen

LEADERSNET: Die Lebensmittelbranche hat Krisenfestigkeit bewiesen, es ist gelungen, die Versorgung auch unter Pandemiebedingungen sicherzustellen. Wie hat sich Lidl im Ranking der Lebensmitteldiskonter in der Pandemie-Zeit positioniert?

Wolf: Auch die Pandemie ist von einer besonderen Wettbewerbssituation geprägt. Die Marktanteile sind in Bewegung gekommen und auch wir haben uns ordentlich anstrengen müssen, um unsere Marktanteile zu halten. Wir sind nicht unzufrieden, aber Luft nach oben gibt es immer. Aber man kann sagen: Die Richtung stimmt.

LEADERSNET: Wofür steht Lidl als Diskonter im heimischen Lebensmittelmarkt?

Wolf: Wir sind der Smart Diskonter. Wir haben nicht das größte, sondern das richtige Sortiment – und das alles zu einem überragenden Preis-Leistungs-Verhältnis. Damit wollen wir für unsere Kund:innen Haupteinkaufsstätte und die erste Wahl sein. Die Kund:innen sollen zuerst zu uns kommen, um den Wocheneinkauf machen. Dazu arbeiten wir vor allem an der Auswahl in unserem Sortiment und an der Außenwirkung. Mit mittlerweile über 2.000 Produkten im dauerhaften Sortiment und wechselnden Aktionen aus den besten Feinkostregionen Europas bieten wir unseren Kund:innen alles, was man für den täglichen und wöchentlichen Familieneinkauf braucht. Der Fokus liegt klar auf Österreich, auf heimischen Lebensmitteln und davon immer mehr in Bio-Qualität. Und eben immer alles zum Lidl-Preis.

LEADERSNET: Wie hat sich der Marken-Relaunch von Merkur auf Billa-Plus auf das Geschäft von Lidl ausgewirkt?

Wolf: Diese Frage schließt an das eingangs Gesagte an: REWE hat sich hier ordentlich ins Zeug gelegt und insbesondere durch die aggressiven Preisaktionen zu Beginn des Marken-Relaunch den Markt ordentlich in Bewegung gebracht. Ich sehe aber jede Herausforderung auch als Chance und wir haben als Reaktion darauf die richtigen Entscheidungen getroffen.

LEADERSNET: Ist Lidl als Lebensmittelhändler ein Krisengewinner?

Wolf: Das muss man differenziert betrachten. Natürlich hatten wir im Lebensmittelhandel in der Krise deutlich bessere Voraussetzungen als andere Branchen. Aber wir mussten auch viel dafür tun, dass alles weiterhin funktioniert und unsere Kundinnen und Kunden sorglos einkaufen gehen konnten. Vor allem für unsere Kolleg:innen in den Filialen uind den Warenverteilzentren war und ist es eine extrem herausfordernde Zeit. Deshalb haben wir auch freiwillige Sonderzahlungen geleistet und aktuell erneut den Mindestlohn angehoben. Ab 1. März steigt das Mindestgehalt auf Vollzeitbasis für alle Filial-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiterauf 2.090 Euro brutto, das sind 16 Prozent  über dem Kollektivvertrag. Davon werden mehr als 1.500 Kolleginnen und Kollegen profitieren.

LEADERSNET: Für welchen Führungsstil stehen Sie als CEO von Lidl?

Wolf: Wir arbeiten bei Lidl mit einem Führungsleitbild, das für alle gleich ist. Dieses Leitbild ist der Führungsauftrag an uns und zugleich ein Versprechen an unsere Mitarbeiter. Wir als Führungskräfte verstehen uns als Teil des Teams und stellen den gemeinsamen Erfolg in den Mittelpunkt. Wir ziehen alle an einem Strang, auch über Team- und Hierarchiegrenzen hinweg. Wir arbeiten effizient und leistungsorientiert, bleiben dabei immer auf Augenhöhe und mit gegenseitigem Respekt – nicht umsonst pflegen wir das DU-Wort über den gesamten Konzern hinweg. Das schafft Vertrauen und damit eine sehr wichtige Voraussetzung für den Unternehmenserfolg: Team Work! Kurz gesagt – meine Türe steht immer offen für meine Mitarbeiter und pflege einen unkomplizierten Umgang. Ich fordere und fördere mein Managementteam. Treffe gerne schnelle Entscheidungen die auf ZDF - Zahlen, Daten, Fakten basieren und bin dann bei der Umsetzung dieser konsequent.

LEADERSNET: Lidl wird seit Jahren als "Great Place to Work" ausgezeichnet. Was muss man heute machen, um zufriedene Mitarbeiter zu haben und zu halten?

Wolf: Die Zeiten ändern sich – nicht erst seit Corona. Als verantwortungsvoller Arbeitgeber muss man etwas tun, um die besten Mitarbeiter:innenzu bekommen. Und das tun wir. Die Liste der Incentives ist lang und es ist für jede und jeden etwas dabei – wie z.B. eine überdurchschnittliche Bezahlung, Teil- und Gleitzeitmodelle, Mitarbeiterrabatte, Sabbaticals, Vergünstigungen bei Partner-Unternehmen, vielfältige Angebote im betrieblichen Gesundheitsmanagement und eigene Budgets für Teamevents. Als konkretes Beispiel haben wir uns erst vor kurzem dazu entschieden ab diesem Jahr für alle Mitarbeiter:innen mit "Pauschalverträgen" eine sechste Urlaubswoche einzuführen.

LEADERSNET: Wieviel Regionalität steckt im Produktsortiment von Lidl?

Wolf: Regionalität ist neben Bio und Vegan weiterhin ein Trend. Konsumenten von heute wollen bewusster und damit nachhaltiger einkaufen. Es wird wieder mehr Zuhause gekocht und auch mehr Geld für hochwertige Lebensmittel ausgegeben – vor allem für heimische Artikel und Bio-Qualität. Deshalb haben wir uns hier ambitionierte Ziele gesetzt und unser Produktportfolio in diese Richtung angepasst und deutlich ausgebaut: Allein im vergangenen Jahr haben wir rund 400 neue Artikel eingelistet. Wir sind jetzt noch regionaler und noch vielfältiger, unser Frischeangebot haben wir deutlich ausgebaut, ebenso wie das Bio-Angebot. Hier haben wir uns zum Ziel gesetzt, jeden Eckartikel auch in Bio-Qualität anzubieten. Aktuell kommen wir hier bereits auf über 250 Bio-Produkte, schon Ende 2023 werden es 350 sein.

LEADERSNET: Wie schätzen Sie die Entwicklung des Lebensmittel-Onlinehandels in den nächsten Jahren ein? Was hat Lidl diesbezüglich auf der Agenda?

Wolf: Selbstverständlich beobachten wir die Entwicklungen diesbezüglich genau und Lidl testet auch bereits in einigen Ländern "eFood", somit haben wir in der Gruppe bereits eine sehr gute Expertise zum Thema Online-Lebensmittel. Trotzdem haben wir uns aktuell explizit gegen ein Engagement im Bereich eFood entschieden, da unter anderem die Nutzung durch die Kundinnen und Kunden noch äußerst überschaubar ist. Demzufolge werden wir mittelfristig keine Ressourcen in dieses Thema in Österreich investieren, unser Fokus bleibt auf dem stationären Geschäft, wo wir alle Kundinnen und Kunden ansprechen wollen. Und da haben wir noch genügend Projekte und Ideen, um den Einkauf für unsere Kundinnen und Kunden so einfach wie möglich zu gestalten. Aber: Das gestiegene Interesse an Onlineshopping nehmen wir natürlich wahr und uns ist bewusst, dass Corona die Dynamik und Akzeptanz für Onlineshopping positiv beeinflusst hat.

LEADERSNET: Welche (Produkt)-Innovationen befinden sich bereits in den Startlöchern?

Wolf: Wir haben definitiv noch viel vor, aber wir reden nicht gerne über "ungelegte Eier". Wir werden jedenfalls unser Filialnetz weiter modernisieren und alle Filialen sukzessive auf das neue Shop-Design umstellen. Auch beim Sortiment wird sich wieder einiges tun – Stichwort fleischlose Ernährung. Bis 2025 werden wir hier auf über 400 Produkte aufstocken. Unser Ziel ist klar, im Diskontbereich beim veganen Angebot die Nummer eins zu werden. Auch die Lidl Klima-Offensive und unser Engagement in der WWF Climate Group werden wir mit Nachdruck fortsetzen. (jw)

www.lidl.at

Bereits zum achten Mal in Folge gehört Lidl Österreich zu den besten Arbeitgebern im Land. Impressionen von den Great Place-to-Work-Verleihungen finden Sie in unseren Galerien:

Alessandro Wolf

Alessandro Wolf übernahm am 1. Dezember 2019 mit damals 34 Jahren den Vorsitz der Geschäftsleitung von Lidl Österreich.  Der gebürtige Schweizer war zuvor seit über zehn Jahren im Unternehmen, zuletzt war er Geschäftsleiter bei Lidl Schweiz.

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Alessandro Wolf

Alessandro Wolf übernahm am 1. Dezember 2019 mit damals 34 Jahren den Vorsitz der Geschäftsleitung von Lidl Österreich.  Der gebürtige Schweizer war zuvor seit über zehn Jahren im Unternehmen, zuletzt war er Geschäftsleiter bei Lidl Schweiz.

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