"Wir sind auf dem richtigen Weg und dieser wird jetzt einzementiert"

Andreas Ladich, Leiter Werbung & Marketing des Flughafen Wien sowie Präsident des MCÖ, erklärt im Interview, warum die Marketer den Controllern den Steuerknüppel abluchsen müssen und wie das zu schaffen ist, ob die Branche eine Imagekorrektur braucht und was der Marketing Club eigentlich für eine Funktion hat.

LEADERSNET: Sie sind seit knapp einem Jahr Präsident des Marketing Club Österreich (MCÖ). Wofür steht der MCÖ und was sind eigentlich seine Ziele und Aufgaben?

Ladich: Der MCÖ ist der größte Marketingclub in Österreich. Er ist für die Bundesländer Wien, Niederösterreich, und Burgenland zuständig. Es gibt in anderen Bundesländern natürlich auch Clubs, aber zahlenmäßig sind wir mit rund 1.000 Leuten, die wir erreichen, der größte Club. Wir sind sehr breit aufgestellt. Wir haben in den letzten Monaten mit dem Vorstand und der Geschäftsführung die Ziele des MCÖ evaluiert und haben festgestellt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Dieser wird jetzt sozusagen "einzementiert".

Wir stehen für das brancheninterne Netzwerken. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, dass sich die Leute untereinander kennen, um sich auch untereinander zu helfen und auszutauschen. Das zweite große Standbein auf das wir setzen, ist die Wissensvermittlung in fachlicher Hinsicht. Hier stehen ganz klar auch digitale Themen im Vordergrund. Wir haben schon vor einigen Jahren begonnen einen Crashkurs für Marketingentscheider aufzusetzen, wo es um digitale Themen ging und forcieren das in der nächsten Zeit auch mit anderen Formaten. Ganz wichtig ist uns dabei, dass wir im Marketing nicht nur fachlich nach vorne kommen wollen, sondern auch zusätzliche Angebote haben, wie beispielsweise Führungsqualität und andere Skills zu vermitteln, die in der heutigen Zeit notwendig sind.

LEADERSNET: Fast jeder glaubt zu wissen, was Marketing ist und bedeutet oder hat zumindest eine Vorstellung davon. Können Sie uns als Experte erklären, was Marketing genau ist?

Ladich: Marketing ist ein irrsinnig breites Feld und jetzt irgendein Buch zu zitieren, würde nicht meiner Art und Weise, über Marketing zu denken, entsprechen. Wenn ich Marketing zusammenfasse, dann ist es die Summe von Aktivitäten und vielen Gedanken, bei denen es darum geht, ein Produkt oder eine Idee nach vorne zu bringen. Das bedeutet im Konkreten, Kunden dafür zu begeistern und letztendlich auch das Produkt zu verkaufen und erfolgreich zu sein.

LEADERSNET: Gerade die durch die Pandemie ausgelöste Wirtschaftskrise hat gezeigt, dass im Management eher das Controlling und die Finanzbranche die Führungshand übernommen haben und nicht das Marketing. Weshalb ist das so?

Ladich: Da hat den Controllern natürlich die wirtschaftliche Situation in den letzten Monaten, aber auch schon zuvor, sehr stark in die Hand gespielt. In Zeiten wie diesen kommt bei den Vorständen natürlich besser an, wenn jemand kommt und sagt "Ich spare Geld ein", im Gegensatz zu jemand, der in so einer Situation sagt, "Ich gebe jetzt Geld aus und bringe das Unternehmen damit vielleicht nach vorne". Das kommt in Zeiten wie diesen nicht so gut an – außer in Unternehmen, die genügend Vision und Weitsicht haben und genau wissen, wo sie hin wollen. Dort funktioniert es nach wie vor. 

Was wichtig ist – und darauf möchten wir auch in den nächsten Jahren verstärkt setzen – ist die Relevanz der Marketer in den Unternehmen wieder zu erhöhen. Niemand wird darauf warten. Niemand wird uns einladen. Niemand wird uns die Tür öffnen und uns mit offenen Armen empfangen. Das müssen wir uns, glaube ich, schon selbst erkämpfen. Das nötige Skill-Set gibt es im MCÖ.

Ganz wichtig ist, dass wir uns weg von diesem Expertentum, indem wir oft verhaftet sind, bewegen, Themen setzen und dann auch die Themenführerschaft übernehmen. Dieser Vorgang muss geschickter passieren, um auch den entsprechenden Stellenwert wieder dorthin zu bekommen, wo er hingehört. Was jedoch den Verkauf betrifft, gehört dieser zum Marketing, darum haben sich die Marketer auch gekümmert – das passiert allerdings im Controlling zu wenig. Die sind ja nicht berühmt dafür, neue Ideen und die richtigen Konzepte anzukurbeln. Dafür braucht es die Marketer. Und um diesen Weg zurück zu schaffen, müssen wir einfach aktiver werden.

LEADERSNET: Das heißt, wir leben jetzt auf Kosten der Marke, nützen die ein bisschen aus und machen momentan viel zu wenig, um neue Akquisitionstätigkeiten zu setzen. Alle sprechen von Digitalisierung – wenn wir das ernst meinen, dann brauchen wir eigentlich die Freiheit des Marketings, um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln ...

Ladich: Definitiv. In den Digitalisierungsthemen sind sehr oft die Techniker vorne und in den entsprechenden Entscheidungspositionen. Wie jeder Marketer oder jeder, wenn er drüber nachdenkt, aber weiß: Was nützt mir die beste Technik, wenn sie nicht zu bedienen ist? Ich zitiere einfach das iPhone. Apple hat es mir sehr vielen Produkten geschafft, dem User dienlich zu sein. Das geht, glaube ich, nur mit einem richtigen Marketingansatz bzw. mit Marketing das den Kunden und den Kundennutzen ganz klar im Fokus hat.

LEADERSNET: Marketing ist sozusagen Begeisterung seines Umfeldes und seiner Kunden. Was haben Sie als Präsident in diese Richtung vor? Wie viele Mitglieder wollen Sie begeistern?

Wir wollen Begeisterung durch die Themen und Begeisterung durch die Arbeit hervorrufen. Gemeinsam mit unserem Geschäftsführer Nico Pabst ist in den letzten Jahren sehr viel entstanden. Georg Wiedenhofer hat das in seiner Funktion als früherer Präsident in die Wege geleitet. Darauf aufzubauen ist zwar nicht schwer, weil schon so viel da war, aber es ist anspruchsvoll. Auch der MCÖ entwickelt sich ständig weiter und das Thema Wissensvermittlung sowie ein wirklich gutes Netzwerk und ein guter und intensiver Austausch, mit hervorragenden Köpfen aus dem Marketing in diesem Land, ist das, was wir uns als Ziel für die nächsten Jahre gesetzt haben.

LEADERSNET: Könnte man sagen, dass es darum geht, das Image des Marketings bzw. des Berufsbildes wieder so zu erhöhen, dass man wieder selbst den Steuerknüppel in der Hand hat und nicht die Controller?

Ladich: Das ist das große Ziel dahinter. Wir haben das in einer letzten Studie im letzten Jahr gesehen, wo es um das Berufsbild Marketing und das Standing der Marketer in Österreich ging. Die Branche leidet darunter, diesen Stand verloren zu haben. Deshalb muss es ganz klar wieder dort hingehen. Das ist, glaube ich, für die Konsumenten wichtig, es ist für uns alle wichtig, es ist für alle, die die Kreativität lieben, wichtig oder gute Produkte lieben wichtig. (red)

www.marketingclub.at

www.viennaairport.com

„Ganz wichtig ist, dass wir uns weg von diesem Expertentum, indem wir oft verhaftet sind, bewegen...“
Viel Erfolg Herr Ladich ohne Experten, vor allem dem Flughafen

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