Das Heulen der "Grauen Wölfe" in Wien

Krimi-Autor Günther Zäuner präsentierte bei "Medien im Zeitgeist" die Recherchen zu seinem Roman.

Die Buchpräsentation eines Polit-Krimis startete im Hotel Zeitgeist Vienna mit einer aktuellen Stunde zum Thema Türkei. 181 Journalistinnen und Journalisten seien derzeit weltweit in Haft, 151 davon in der Türkei. Kürzlich habe auch eine Pro-Erdoğan-Gruppe einen großen oppositionellen Medienkonzern aufgekauft. Seinem Vorbesitzer wurde Steuerhinterziehung vorgeworfen. Auch der Springer-Konzern hat sich nach der Haft von Deniz Yücel aus der Türkei zurückgezogen. Seit vergangener können auch Online-Portale gesperrt werden, wenn sie gegen den §301 verstoßen ("Herabwürdigung des Türkentums").

Buchautor Günther Zäuner erinnerte daran, dass in der Türkei derzeit tausende Menschen in Haft seien, darunter Juristen, Ärzte und Militärs, jene ehemalige Führungselite des Landes, gegen die Erdoğan einen Rachefeldzug führt. Fred Turnheim, Moderator des Abends und Präsident des Österreichischen Journalisten Clubs (ÖJC) mahnte Solidarität ein. Denn während der Freilassung von Meşale Tolu, der nach wie vor ein Verfahren in der Türkei droht, und jener von Deniz Yücel wurden zwei andere Journalisten verurteilt.

Penible Recherche

Im neuen Krimi des ehemaligen ORF-Journalisten Günther Zäuner geht es um den ehemaligen ORF-Journalisten Heinz Kokoschansky, der mit einem Partner ein Online-Portal betreibt und auf diesem die Regierung Erdoğan massiv kritisiert. Das bleibt dem türkischen Geheimdienst nicht verborgen. So wird seine Frau von Männern bedrängt, ihr Retter entpuppt sich als Gefährder. Als dann sein kleiner Sohn verschwindet, überstürzen sich endgültig die Ereignisse.

Der Handlungsstrang um Heinz Kokoschitzky sei fiktiv, alle darin enthaltenen Recherchen zur Türkei und zu der rechtsextremen, militärisch organisierten Gruppe der Grauen Wölfe, die auch in Österreich wie Spitzel in die türkischen Familien hineinregierten, seien penibel recherchiert, betont Zäuner, der seinen Informanten zu deren Schutz nicht nennen will. Seine Leseprobe verrät entsprechend viel über die Recherche und wenig über die Handlung rund um den Protagonisten Kokoschansky.

Auf der schwarzen Liste

Es sei im vollkommen bewusst, dass er in der Türkei auf der schwarzen Liste stehe und es brauche einen mutigen Verlag wie "federfrei", um derartige Bücher zu publizieren. "Mir gehen die Landkrimis, die den Markt überschwemmen, furchtbar auf den Nerv", so Zäuner. "Ich widme mich dem politischen Krimi." Und, so viel sei verraten, das Ende ist ein offenes: "Ich lasse das Ende immer offen. Es ist so fad, wenn Dinge aufgeklärt werden. Das ist ja auch nicht in der Realität so", so Zäuner.

In der anschließenden Fragerunde bekam ein höchst interessiertes und informiertes Publikum auch präzise Antworten, etwa auf den Faschismusbegriff der Grauen Wölfe: "Faschismus ist für sie alles, was sich gegen die Türkei richtet." Und auf die Frage, wie gefährdet ausländische Journalisten seinen, wenn sie in die Türkei reisen, hieß es, wer in der Türkei gegen Erdoğan auftritt, ist gefährdet. Die Tatsache, dass Meşale Tolu am 8. März eine Demo zum Frauentag organisieren konnte und andere wegen viel nichtigeren Dingen eingesperrt wurden, zeige auch die Unberechenbarkeit des Systems. Musikalisch untermalt wurde die Veranstaltung von einem türkisch-iranischen Musik Duo: Algül, der Türke ist seit 27 Jahren in Wien und Alewit. Sein Partner ist Adibdoost, Iraner. Er saß in Teheran im Evrin-Gefängnis, weil er mit den Mullahs nicht klar kam. (as)

Wer alles Zäuners Ausführungen lauschte, sehen Sie hier.

www.oejc.at

Günther Zäuner

Günther Zäuner, geboren 1957 in Wien, studierte neben einer musikalischen Ausbildung Klassische Philologie, Geschichte und Zeitgeschichte. Als freier Schriftsteller, Sachbuch- und Drehbuchautor, Dokumentarfilmer und Journalist; ist er Verfasser der erfolgreichen "Kokoschansky-Thriller", hat zahlreiche Kurzkrimis in verschiedenen Anthologien publiziert und ist spezialisiert auf organisierte Kriminalität, Geheimdienste, Drogen, Sektenunwesen, Rechtsextremismus, Terrorismus und Politik. Der Autor ist im "Writers-In-Prison"-Committee des PEN-Club aktiv.

Günther Zäuner

Günther Zäuner, geboren 1957 in Wien, studierte neben einer musikalischen Ausbildung Klassische Philologie, Geschichte und Zeitgeschichte. Als freier Schriftsteller, Sachbuch- und Drehbuchautor, Dokumentarfilmer und Journalist; ist er Verfasser der erfolgreichen "Kokoschansky-Thriller", hat zahlreiche Kurzkrimis in verschiedenen Anthologien publiziert und ist spezialisiert auf organisierte Kriminalität, Geheimdienste, Drogen, Sektenunwesen, Rechtsextremismus, Terrorismus und Politik. Der Autor ist im "Writers-In-Prison"-Committee des PEN-Club aktiv.

leadersnet.TV