„Die absolute Mehrheit fühlt sich nicht vertreten“

Javurek und Arige, Team Werbung Wien, im Interview über EPUs, Modernisierungsprozesse und fehlende Transparenz.

Unter dem Namen Team Werbung Wien wollen Gewista-Chef Karl Javurek und Kommunikationsberater Marcus Arige (Halle 34) die Fachgruppe Werbung in der Wiener Wirtschaftskammer aufmischen und bei der nächsten Kammerwahl die Mehrheit zurückerobern, die sie vor fünf Jahren abgeben mussten. leadersnet.at hat Javurek und Arige zu einem Gespräch getroffen, indem sie erklären, warum sie die Fachgruppe wieder leiten wollen und welche Veränderungen sie anstreben.

leadersnet.at: Wie hat sich der Werbemarkt im abgelaufenen Jahr entwickelt und was kann man sich für 2015 erwarten?

Javurek: Meiner Meinung nach war die Entwicklung eher verhalten. Im Moment ist es so, dass die meisten Unternehmen eher defensiv am Markt agieren. Das macht sich sowohl bei der Werbeleistung direkt als auch beim Medieneinsatz bemerkbar. Was immer stärker eingefordert wird, ist die unmittelbare Überprüfbarkeit. Es geht also Richtung Promotionslastigkeit. Leider wird das, was die Marktkommunikation im Stande ist zu leisten, sehr oft nicht als vorrangig betrachtet. Die Focus Werbebilanz weist zwar aus, dass der Werbedruck gestiegen ist, was sicherlich richtig ist, aber die tatsächlich eingesetzten Mittel und Budgets sinken. Die Brutto-Netto-Schere geht also klar auseinander. Der Printsektor, als dominierendes Segment am heimischen Werbemarkt, steht besonders unter Druck und das hat natürlich Auswirkungen.

leadersnet.at: Welche Veränderungen in der Kommunikationsbranche orten Sie denn konkret?

Javurek: Allein in Wien gibt es an die 10.000 Unternehmer, die in diesem Segment tätig sind. Die Veränderungen in den letzten 20 Jahren waren enorm. Damals gab es einige wenige große Player und ein paar kleinere Spezialisten. Die Anzahl der Unternehmen in der Kommunikationsbranche steigt jährlich um 400 bis 500. Das heißt, dass eine dramatische Verlagerung in selbstständige Tätigkeiten erfolgt, nachdem viele Agenturen massiv abgespeckt haben. Wir haben dieser Entwicklung in der Interessensvertretung Rechnung zu tragen. Es hat sich ein neues Feld aufgetan und es ist wichtig die Interessenslagen dieser Personen zu erkennen und entsprechende Rahmenbedingungen zu setzen. Diese Unternehmen benötigen Service und Struktur und das ist die Aufgabe der Kammer. Aus diesem Grund engagieren wir uns auch. Wir haben den Eindruck, dass die Kammer noch nicht erkannt hat, dass dies komplett neue Aufgabenstellungen sind. Wir als Team Werbung Wien würden diese Änderungen gerne herbeiführen.

leadersnet.at: An welche Änderungen haben Sie konkret gedacht?

Arige: Alles was in den letzten Jahren am Markt dazu gekommen ist, waren keine klassischen Agenturen, sondern EPUs und KMUs. Die letzte große Agenturgründung, die für Aufsehen gesorgt hat, war Dirnberger de Felice. Seitdem hat es keine größere Agenturgründung mehr gegeben, die am Markt etwas bewegt hat. Und dahingehend muss sich natürlich auch eine Interessensvertretung ausrichten. Die Interessen der Mitglieder müssen endlich vertreten werden. Wenn das die Kammer nicht macht, dann schließen sich die Leute in außerordentlichen Vertretungen zusammen. Allein in der Werbung gibt es 27 solcher Interessensvereine. Das geht von der Design Austria über den CCA und die IAA bis hin zur Strategie Austria. Wenn ich mir die Veranstaltungen dieser Vereine ansehe, dann ist dort das Niveau um einiges höher als bei jeder Veranstaltung, die die Fachgruppe Werbung in den letzten fünf Jahren gemacht hat.

Javurek: Wir würden gerne die EPUs bei den Mitgliedsbeiträgen finanziell entlasten. Zudem soll die Fachgruppe neu konzipiert werden. In Zukunft soll sie nicht mehr in 14 einzelne Berufsgruppen eingeteilt werden, für die jeweils ein Gewerbeschein zu lösen ist. Wenn ein Grafiker beispielsweise aus einer Agentur ausgelagert wird, meldet er sich als Grafiker bei der Fachgruppe an und zahlt dafür. Will er, dass seine Arbeit als Onlinewerbung umgesetzt wird, braucht er einen neuen Gewerbeschein und zahlt wieder dafür. Will er ein Plakat produzieren, braucht er wieder einen neuen Gewerbeschein. Will er, dass dieses Plakat affichiert wird und er dafür eine Agenturprovision erhält, braucht er wiederum einen neuen Gewerbeschein. Das muss sich ändern.

leadersnet.at: So wie Sie das beschreiben, braucht es in der Wirtschaftskammer einen Modernisierungprozess?

Javurek: Ja, und er gehört in erster Linie einmal gedanklich vollzogen. Die handelnden Personen reden von Kommunikation immer noch, als wären wir in den 1990er Jahren. Heute gibt es integrierte Kommunikation. Jeder, der in den Markt hineingehen will, braucht integrierte Kommunikationskonzepte, die Online, Events, Grafik, PR usw. umfassen.

leadersnet.at: Aber gibt es eine realistische Möglichkeit hier etwas verändern?

Arige: Ja, natürlich. Jene, die sich nicht richtig vertreten fühlen, sind die absolute Mehrheit. Diese Leute müssen wir natürlich auch zur Wahl bewegen und entsprechend glaubwürdig auftreten. Wenn wir die Mehrheit in der Fachgruppe Werbung bekommen, dann können wir auch einiges bewegen, da wir autark in unseren Entscheidungen sind. Wir brauchen nur Mehrheiten.

leadersnet.at: Was die Transparenz bei Ausschreibungsprozessen angeht, hat es bereits Neuerungen gegeben.

Arige: Ja, das war ein Antrag von uns. Wir haben eine Transparenzplattform für Ausschreibung gefordert. Die Idee war, dass sich die Leute auf dieser Plattform anmelden können und das System wirft zufällig fünf Namen aus. Dann wird kontrolliert, ob die vorgeschlagenen Unternehmen die notwendigen Kriterien – wie Gewerbeschein, kein Konkursverfahren, ausreichend Ressourcen um das entsprechende Projekt umzusetzen usw. – erfüllen. Ist dies der Fall, dann darf ein Angebot gestellt werden. Leider haben die beiden Mehrheitsparteien, die Plattform aufgeteilt: einerseits in Gesellschaften und andererseits in EPUs. Dadurch hat es dann zwei Listen gegeben – auf der einen Seite eine mit den großen Agenturen und auf der anderen Seite eine mit den EPUs. Letztere wurde in der Regel von den beiden Mehrheitsfraktionen gleich zur Seite geschoben, weil – O-Ton bei der Vergabe des PR-Etats – „Ich will mich ja nicht von einer Grippewelle abhängig machen." Ich weiß nicht, wieviel Krisen-PR die Fachgruppe Werbung braucht, um sieben Tage die Woche eine Agentur an der Seite zu haben. Ich glaube in diesem Jahr hat die Fachgruppe gerade einmal zehn Presseaussendungen rausgegeben. Das hätte jedes EPU problemlos geschafft. So stelle ich mir eine Ausschreibungsplattform nicht vor. Vor der Wahl wird dann aber aufgeschrien, dass EPUs und KMUs so stark benachteiligt werden.

www.teamwerbung.wien

Das Team Werbung Wien

Das sozialdemokratische Team Werbung Wien tritt bei der kommenden Wirtschaftskammerwahl in Wien an, um wieder, wie bis vor fünf Jahren, die Fachgruppe Werbung zu leiten. Folgende Themen stehen für das Team rund um Karl Javurek und Marcus Arige auf der Prioritätenliste ganz oben:

  • Grundumlage für EPU halbieren
  • Reform der SVA
  • Gewerbliches Lobbying
  • Pitchberater
  • Finanzierung Werberat
  • Honorarrichtlinien
  • Preiskalkulator
  • Berufsbilder
  • Gewerbeschein

Das Team Werbung Wien

Das sozialdemokratische Team Werbung Wien tritt bei der kommenden Wirtschaftskammerwahl in Wien an, um wieder, wie bis vor fünf Jahren, die Fachgruppe Werbung zu leiten. Folgende Themen stehen für das Team rund um Karl Javurek und Marcus Arige auf der Prioritätenliste ganz oben:

  • Grundumlage für EPU halbieren
  • Reform der SVA
  • Gewerbliches Lobbying
  • Pitchberater
  • Finanzierung Werberat
  • Honorarrichtlinien
  • Preiskalkulator
  • Berufsbilder
  • Gewerbeschein

leadersnet.TV