Was sich bereits vor einigen Wochen abgezeichnet hat (LEADERSNET berichtete), ist nun offiziell: Thomas Bründl ist neuer Präsident der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ). Der Geschäftsführer der Starlim Group folgt damit auf Stefan Pierer, der das Amt im Rahmen der KTM-Insolvenz ruhend gestellt hat, und ebenfalls vor Ort mit dabei war. Neben Bründl wurde im Rahmen der Vollversammlung am 18. Juni, bei der das Motto "Aufbruch" hieß, auch das weitere Präsidium der IV OÖ für die Funktionsperiode 2025 bis 2028 gewählt. Herbert Eibensteiner (voestalpine), Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß (Fronius) und F. Peter Mitterbauer (Miba) wurden als Vizepräsidenten für eine weitere Funktionsperiode bestätigt. Joachim Haindl-Grutsch bleibt Geschäftsführer.
Am selben Tag fand in Linz auch der traditionelle Industrieempfang der IV OÖ statt. Der Abend ging in einer vollbesetzen Kepler Hall am Campus der Johannes Kepler Universität über die Bühne. Wie die Vollversammlung stand der Empfang im Zeichen von standortpolitischen Schwerpunkten, die das neue Präsidium in den kommenden Jahren setzen möchte. Zu den zahlreichen Gästen aus Politik und Wirtschaft zählten unter anderem Landeshauptmann Thomas Stelzer, IV-Präsident Georg Knill, IV-Generalsekretär Christoph Neumayer, Energie-AG-CEO Leonhard Schitter, der neue RLB-OÖ-Generaldirektor Reinhard Schwendtbauer, Ex-RLB-OÖ-Generaldirektor Heinrich Schaller, WKOÖ-Präsidenten Doris Hummer, der Linzer Bürgermeister Dietmar Prammer, Wirtschaftsforscher Teodoro Cocca oder JKU-Professor Lukas Meinhard. Moderiert wurde die Veranstaltung von Nina Kraft.
Der Abend stand ganz im Zeichen des Veranstaltungsmottos "Aufbruch". Oberösterreich müsse seine Position als industrielle Spitzenregion trotz der massiven bundespolitischen Standortprobleme aufrechterhalten, war man sich einig. Die hohe Innovationskompetenz des Bundeslandes müsse gerade wegen des überdurchschnittlichen Kostenanstiegs wieder in entsprechende Produktivitätssteigerungen am Standort umgewandelt werden.
Bründl warnt vor Wohlstandsverlust
Bei der Vollversammlung wurde ein Katalog mit sieben Maßnahmen, die es für die Metamorphose des Industriestandortes und den "Aufbruch" brauche, präsentiert (siehe Infobox). Thomas Bründl verwies auf die angespannte wirtschaftliche Lage, in der sich Österreich nun seit mehreren Jahren befindet. Nach drei Jahrzehnten vergleichsweise günstiger Rahmenbedingungen, die Europa einen "Urlaub von der Geschichte" ermöglicht hätten, stehe das Wohlstandsmodell Österreichs nun vor grundlegenden Herausforderungen. Die Zeiten, in denen die USA für militärische Sicherheit sorgten, billige Energie aus Russland floss und der Export nach China boomte, seien vorbei, so der neue Präsident.
Das bisherige Geschäftsmodell Österreichs – mit hoher Steuer- und Standortbelastung bei schwachem Wachstum – sei nicht zukunftsfähig. Laut Bründl drohe eine langanhaltende Stagnation wie in Japan oder Italien. Die strukturellen Probleme seien vielfältig: Hohe Personalkosten bei sinkender Produktivität führten zu steigenden Lohnstückkosten, die internationale Wettbewerbsfähigkeit werde dadurch beeinträchtigt. Trotz hoher Anteile erneuerbarer Energien seien die Energiekosten in Österreich weiterhin hoch. Die Staatsfinanzen zeigten ein weiteres Defizit: Trotz der höchsten Sozialausgaben im Verhältnis zum BIP und hoher Steuerquote wachse die Staatsverschuldung, während der ineffiziente Föderalismus Kosten verursache. Zudem belaste eine Sozialpolitik, die Leistung kaum belohne, den Standort.
Der neue Präsident der IV OÖ fordert daher eine klare Kurskorrektur: Die Marktwirtschaft solle als Motor nachhaltigen Wachstums gelten, während staatliche Interventionen die Ressourcenallokation schwächten. Ein schlanker Staat mit niedrigeren Abgaben sei nötig, um Investitionen zu fördern und die Konsument:innen zu entlasten. Soziale Unterstützung müsse zielgerichtet sein, ohne Eigeninitiative zu untergraben. Die Industrie solle als Motor der Volkswirtschaft gestärkt werden, da sie wesentlich Arbeitsplätze schaffe und hohe Kapitalinvestitionen verlange.
Oberösterreich, als industrielles Herz Österreichs, sichere rund eine Million Arbeitsplätze und trage maßgeblich zu Steuereinnahmen bei. Die Region könne auf ihre vielfältigen Stärken bauen: zahlreiche Leitbetriebe und innovative Mittelständler, hohe Technologiekompetenz für die digitale und grüne Transformation, exzellente technische Ausbildung und Forschung sowie einen florierenden KI- und Softwaresektor. Unterstützt werde dies durch regionale Banken und eine gut ausgebaute Infrastruktur, so Bründl. Nun gelte es eine Aufbruchsstimmung zu schaffen, getragen von einer engagierten Bevölkerung und einem politischen Umfeld, das mit Pragmatismus die Wettbewerbsfähigkeit Oberösterreichs nachhaltig sichere. Dafür seien neue Wege notwendig bei der Governance, beim Einsatz von Künstlichen Intelligenz zur Automatisierung der Industrie, bei der Qualifikation der Menschen sowie bei Forschung und Entwicklung.
Vizepräsident:innen
Die wiedergewählten Vizepräsident:innen schlugen in die selbe Kerbe. voestalpine-CEO Herbert Eibensteiner meinte, dass die oberösterreichische Industrie nur dann dauerhaft erfolgreich bleiben könne, wenn Österreich seine globale Wettbewerbsfähigkeit stärke. Dafür wären insbesondere eine Senkung der Arbeitskosten, der Abbau bürokratischer Hürden sowie eine Lösung für die anhaltend hohen Energiekosten erforderlich. Die geplante Strompreiskompensation für 2025 und 2026 könne erste Entlastung bringen, reiche jedoch nicht aus. Eine Ausweitung bis 2030 würde dringend benötigte Planungssicherheit schaffen. Auch auf europäischer Ebene, etwa im Rahmen des Clean Industrial Deal, müsse sich die Bundesregierung aktiv für die Industrieinteressen einsetzen – insbesondere im Hinblick auf leistbare erneuerbare Energien und den zügigen Ausbau grenzüberschreitender Netzinfrastrukturen. Beim CO₂-Grenzausgleich (CBAM) sei eine faire, praktikable Umsetzung zentral. Dazu gehörten eine Exportregelung, klarer Umgehungsschutz sowie ein behutsames Auslaufen der Freizertifikate, um Investitionen nicht zu gefährden. Nur durch entschlossenes Handeln auf nationaler und europäischer Ebene ließen sich die strukturellen Defizite überwinden und die internationale Wettbewerbsfähigkeit sichern.
Auch laut der Fronius-Chefin Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß stelle die sinkende Wettbewerbsfähigkeit Österreichs eine ernstzunehmende Entwicklung dar, der mit klarer Priorität auf Forschung, Innovation und technologischen Fortschritt begegnet werden müsse. Nur wer technologisch aufhole, könne seine industrielle Basis sichern – insbesondere gegenüber dynamisch wachsenden Märkten wie China. Neben einer entschlossenen Reduktion von Bürokratie und Regulierung gelte es, Automatisierung und Digitalisierung zu fördern. Sie würden Effizienz steigern, neue Arbeitsplätze schaffen und die Standortattraktivität erhöhen. Die Forschungsförderung sei ein zentrales Asset Österreichs, müsse jedoch technologieoffen und unbürokratisch ausgestaltet sein. Nicht staatliche Vorgaben, sondern marktwirtschaftliche Prozesse sollten über zukünftige Gewinner entscheiden. Auch Europas Rolle in der grünen Transformation verlange nach eigener Technologieentwicklung – zur Absicherung kritischer Infrastruktur und als Exportchance. Nachhaltige Innovation sei damit sowohl Klimastrategie als auch Wirtschaftsmotor. Stabilität bei Förderungen und gezielte Investitionsanreize könnten zudem kurzfristig das Vertrauen stärken und für neuen wirtschaftlichen Auftrieb sorgen. Nur durch langfristig angelegte Maßnahmen lasse sich der Standort erfolgreich absichern.
Miba-Vorstandsvorsitzender F. Peter Mitterbauer ist davon überzeugt, dass Künstliche Intelligenz die industrielle Produktion grundlegend verändern werde. Durch lernfähige Systeme ließen sich Prozesse effizienter, flexibler und nachhaltiger gestalten. In Robotik und Automatisierung ermögliche KI autonome Systeme, die sich dynamisch anpassen und komplexe Aufgaben eigenständig bewältigen könnten – ein klarer Vorteil angesichts globaler Lieferketten und wachsender Produktindividualisierung. Hochschulen nehmen Mitterbauer zufolge in dieser Entwicklung eine Schlüsselrolle ein. Ihre Forschung an der Schnittstelle von Technik und Ethik sowie ihre enge Kooperation mit der Industrie seien entscheidend für eine verantwortungsvolle und wirtschaftlich tragfähige Anwendung. Mit dem KI-Zentrum rund um Professor Hochreiter verfüge Oberösterreich bereits über einen international sichtbaren Standortvorteil. Gerade für die Fahrzeugindustrie, eine tragende Säule der Wirtschaft in Österreich und Europa, seien KI und intelligente Fertigung unverzichtbar. Umweltschonende Antriebe und CO₂-Neutralität erforderten massive Investitionen. Damit Oberösterreich auch künftig ein Motor dieser Schlüsselbranche bleibe, müssten nun die richtigen standortpolitischen Entscheidungen getroffen werden.
LEADERSNET war beim Industrieempfang. Fotos sehen Sie in der Galerie.
www.iv-oberoesterreich.at
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