In den vergangenen zehn Jahren ist der Wirtschaftsstandort Österreich sehr stark unter Druck geraten. Im Vergleich mit der EU oder mit den USA ist das heimische Bruttoinlandsprodukt pro Kopf deutlich langsamer gewachsen. Seit 2019 ging das reale BIP pro Kopf hierzulande sogar um 1,7 Prozent zurück.
Zwar ist die Bevölkerungszahl gestiegen, doch die Menschen arbeiten hierzulande im Schnitt immer weniger. Alles vor dem Hintergrund, dass es sich angesichts der hohen Steuerbelastung finanziell schlicht nicht auszahlt, so der Handelsverband (HV) in einer Aussendung. Dazu kommt die Geringfügigkeitsfalle, die stundenweise Beschäftigung plus Arbeitslosengeld zu attraktiv macht. Als Reaktion haben nun österreichische Händler:innen gemeinsam den Plan H (H für Handel) erarbeitet.
Überregulierung in Europa
"Während in der EU von 2019 bis 2024 rund 13.000 Rechtsakte verabschiedet wurden, waren es in den USA im gleichen Zeitraum 3.500 Vorschriften. Diese Regulierungswut in Europa ist ein absoluter Produktivitätskiller und lähmt unsere Innovationskraft. Wir verlieren den Anschluss an die USA und China", sagt Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands und ergänzt: "Erschwerend hinzukommt noch der mangelhafte Vollzug dieser Regulierungen bei Wirtschaftsakteuren aus Drittstaaten. Diese werden dadurch bessergestellt als europäische Unternehmen."
Der jüngste Bericht des früheren EZB-Präsidenten Mario Draghi zur Wettbewerbsfähigkeit der EU belegt, dass vor allem die Überregulierung in Europa ein Bremsklotz für die Wirtschaft sei.
96 Prozent wollen "1-in-2-out-Regel"
Eine aktuelle Händlerbefragung des Handelsverbandes zeigt, dass die Herausforderungen der Zukunft nur gemeistert werden können, wenn es sowohl national als auch auf EU-Ebene einen substanziellen Abbau des Bürokratiedschungels gibt. 96 Prozent der Befragten unterstützen die HV-Forderung nach einem Abbau regulatorischer Hürden durch eine konsequente Anwendung der "1-in-2-out-Regel". Das heißt für jede neue regulative Belastung müssen zwei bestehende Belastungen abgebaut werden.
"Der heimische Handel besteht auf die von der EU-Kommission versprochene Verringerung der Berichtspflichten um ein Viertel. Daher müssen wir den Bürokratiedschungel europaweit, aber auch in Österreich durchforsten und lichten. Wir fordern ein Ende des Gold Platings bei der nationalen Ausgestaltung von EU-Richtlinien", so Rainer Will im Namen der österreichischen Händler:innen.
Das Zukunftsprogramm
Ungeachtet der Bedeutung und seiner Versorgungsfunktion tritt der Handel bei den Rahmenbedingungen seit Jahren auf der Stelle, so der Handelsverband. Österreich sei nach wie vor ein Land der hohen Steuern und Lohnnebenkosten, ein Land mit extremer Regulierungsdichte und zu viel Föderalismus. Die Handelsbranche, die in Zeiten des digitalen Wandels in einem beinharten globalen Wettbewerb steht und seit 2020 von multiplen Krisen (Pandemie, Ukraine-Krieg, Personalmangel, Energiekrise, Teuerung) betroffen war, sieht sich mit immer neuen Auflagen und Gesetzen konfrontiert, die ihre Entwicklung behindern.
"2025 entscheidet sich, ob und wie unser Land aus dem permanenten Krisenmodus herausgeführt wird. Die Nationalratswahl im Herbst 2024 ermöglicht es, neue Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit zu finden. Wir appellieren mit unserem Plan H an die Politik, die Wettbewerbsfähigkeit wiederzubeleben und den Wirtschaftsstandort Österreich zu retten. Gehen wir es an", so Handelsverband-Präsident Stephan Mayer-Heinisch.
Plan H - Acht Reformbereiche
Der Plan H sieht dabei acht Reformbereiche, die zu einer Belebung des Wirtschaftsstandortes Österreich führen sollen.
- Entbürokratisierung & Deregulierung
- Unternehmerische Freiheit & Liberalisierung
- Klimaschutz
- Fairness
- Arbeitsmarktreform
- Innovation
- Sicherheit
- Europa
Den vollständigen Plan H mit den acht Reformbereichen und den 50 konkreten Forderungen an die Politik finden Sie hier.
www.handelsverband.at
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