Interview mit Mario Frühauf
"Unsere Radios werden weiterhin von Menschen für Menschen gemacht"

| Redaktion 
| 29.04.2024

Im Interview mit LEADERSNET spricht Kronehit-Geschäftsführer Mario Frühauf über den Start der neuen DAB+-Kanäle, welche Zielgruppen man damit erreichen will und in welcher Form Künstliche Intelligenz bei den Sendern zur Anwendung kommt.

LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Frühauf, am 21. Juni gehen vier DAB+ von Kronehit an den Start. Zwei regionale Multiplexe und zwei bundesweite Kanäle. Können Sie uns mehr darüber sagen?

Mario Frühauf: Von den zwei bundesweiten Sendern ist "Radio Rot Weiß Rot" ein Sender, der ausschließlich österreichische Musik beinhaltet. Der zweite bundesweite ist "Radio Super 80s", der, wieder der Namen schon ahnen lässt, nur Titel aus den 1980ern in der Rotation hat. Die Sendernamen bei uns sind so gewählt, dass jeder, der einschaltet, weiß, was er bekommt. Bei den zwei regionalen Sendern ist es einmal "Eurodance X-Press" - auch ein Musikcluster, der sehr gefragt ist, und das zweite ist "Pirate Radio", ein Musikprogramm mit Alternative Musik aus den 90ern bis heute. Solche Produkte macht man nicht aus dem Bauchgefühl heraus, sondern auf Basis von Research. Man sieht sich an, in welchen Musikclustern es Nachfrage gibt, wie der Markt abgedeckt ist und wie viele Mitbewerber es gibt. Diese Hausaufgaben haben wir gründlich erledigt, weshalb ich davon ausgehe, dass wir mit unseren Formaten auch erfolgreich sein werden.

LEADERSNET: Nicht allen ist DAB+ ein Begriff. Wer sind diese Hörer:innen, wo holt man sie ab und wie unterscheiden sie sich von den klassischen Radiohörer:innen?

Frühauf: Wir leben in einer Zeit, in der jeder von uns viele digitale Produkte und Dienstleistungen konsumiert, und das über verschiedenste Endgeräte. Wenn man jetzt ans Zuhause denkt, haben viele kein UKW-Radioempfangsgerät mehr, sondern nutzen stattdessen Smart Speaker oder hören Radio über das Handy oder den Fernseher. Im Auto ist es ähnlich. Seit der EU-Gesetzesnovelle 2020 ist bei jeder Auto-Neuzulassung ein DAB+-fähiges Empfangsgerät verpflichtend. Daher hat man im Autoradio die höchste Verbreitung von DAB+ Radios. Unter dem Strich ist es den Menschen aber völlig egal, ob sie jetzt über UKW, DAB+ oder über Streaming hören - sie wollen ihr Lieblingsprogramm hören und unsere Produkte stehen natürlich auch digital zur Verfügung.

LEADERSNET: Kronehit spricht eine jüngere Zielgruppe an, soll das mit den neuen Kanälen weiter vertieft werden? Welche strategischen Überlegungen stecken noch hinter den Kanälen?

Frühauf: Letztes Jahr wurde zeitgleich mit der ORF-Gesetzesnovelle auch der § 9 des Privatradiogesetzes geändert, was es uns jetzt ermöglicht, bis zu sechs DAB+ plus Kanäle zu veranstalten. Das ist also ein großer Meilenstein in unseren Bestrebungen weg von einer reinen Single-Brand hin zu einer Multi-Brand-Strategie zu wechseln. Mit den vier neuen Kanälen können wir uns so positionieren, dass diese Marken tendenziell ältere Zielgruppen ansprechen als Kronehit, schließlich wollen wir uns nicht selbst kannibalisieren. Die Produkte sind gut orchestriert, so dass wir zukünftig auch neue Zielgruppen ansprechen können und so weiterhin wirtschaftlich erfolgreich agieren können.

LEADERSNET: Wird es für die Hörer:innen erkennbar sein, dass es sich um Kronehit-Kanäle handelt?

Frühauf: Die neuen DAB+ Sender werden am Hörermarkt als eigenständige Marken positioniert.

LEADERSNET: Wie viele Mitarbeiter:innen sind an den Projekten beteiligt?

Frühauf: Bereits in der Vorbereitungsphase – Entwicklung von Marken, Logo, Claim etc. –  waren alle Mitarbeiter:innen von Kronehit eingeladen sich aktiv zu beteiligen, das Echo war riesig und wir haben gemeinsam mit unserem bestehenden Team ein sehr gutes Fundament gebaut. Im bevorstehenden Sendebetrieb werden auch weiterhin viele vorhandenen Ressourcen –  Marketing, Vertrieb, Technik etc. – genutzt bzw. entsprechend erhöht. Bezogen auf die einzelnen Sender agieren wir mit kleinen Teams bestehend aus einem Channel Manager, Redaktion und Moderation. Federführend leitet das Projekt Daniela Linzer als Programmdirektorin DAB+.

LEADERSNET: Was sind konkrete Zahlen, die Sie sich erhoffen?

Frühauf: Für mich ist Radio Flamingo die Benchmark, ein sehr erfolgreiches DAB+-Programm der Styria. Wenn wir nach eineinhalb Jahren Sendebetrieb ähnliche Reichweiten und Marktanteile erzielen, dann ist das im ersten Schritt für mich ein Erfolg.

LEADERSNET: Inwieweit ist Künstliche Intelligenz bei den neuen DAB+-Kanälen ein Thema?

Frühauf: Wir nutzen KI, um Produktionsabläufe zu vereinfachen und kosteneffizienter zu gestalten. Speziell im Bereich der Nachrichten müssen wir neue Wege gehen. Für die 4 DAB+ Sender werden zwischen 6 und 20 Uhr jeweils vier unterschiedliche Nachrichtensendungen produziert. Um diesen enormen Arbeitsaufwand bewältigen zu können, kommt AI beim Umformulieren der Agenturtexte zum Einsatz. Wichtig dabei ist, dass immer ein:e Redakteur:in die Meldungen spricht. Damit ist gewährleistet, dass Fehlleistungen der AI nicht auf Sendung gehen können. Was wir mit KI nicht wollen, ist, dass sie den Menschen on Air ersetzt. Unsere Radios werden weiterhin von Menschen für Menschen gemacht.

LEADERSNET: Ist DAB+ langfristig die Zukunft des Radios und wie steht es um 5GH Broadcast?

Frühauf: Ich bin froh, dass es in Österreich die Liberalisierung im §9 gegeben hat, was uns jetzt ermöglicht, über DAB+ aktiv zu werden. Ich gehe davon aus, dass es durch die 30 neuen Sender einen weiteren Push in der Verbreitung geben wird. 5G Broadcast ist vielversprechend, dauert aber noch. Den Menschen ist es egal, ob sie via UKW, DAB+ oder Streaming hören. Deswegen hat jeder Verbreitungsweg seine Berechtigung, jetzt und auch in der Zukunft.  Ich gehe davon aus, dass es in zehn Jahren viele Möglichkeiten geben wird, aber UKW mit Abstand der dominierende Verbreitungskanal bleiben wird. 

LEADERSNET: Zurück zu Kronehit. Seit Anfang April gibt es Neuerungen im Programm: Mehr Musik, weniger Wiederholungen und ein ausgedünntes Nachrichtenschema. Was war die Überlegung dahinter?

Frühauf: Mit Georg Spatt haben wir uns zusätzliches Knowhow an Board geholt und setzen im Zuge unserer Programmreform wichtige Punkte, die Georg schon sehr früh nach Amtsantritt antizipiert hat und die im Zuge einer strategischen Studie belegt wurden, um. Im Kern geht es um die veränderte Erwartungshaltung vom Menschen an das Medium Radio.  Unser Anspruch ist, dass Kronehit, die Community mit viel guter Musik, einem Überblick über die wesentlichsten Themen und positiver Stimmung durch den Tag begleitet. Da haben 'schlechte Nachrichten' nur noch wenig Platz, dafür gibt es volle Hits zur vollen Stunden mit viel Abwechslung. Ich möchte, dass es den Menschen, die uns einschalten, danach besser geht als vorher.

LEADERSNET: 2022 und 2023 waren die bislang stärksten Geschäftsjahre für Kronehit. 2024 gehen Sie mit einem neuen Programmschema und den neuen DAB+-Sendern an den Start.  Was sind Ihre Ziele für dieses Jahr?

Frühauf: Wir wollen die neuen DAB+-Sender schnell in die Höhe bringen und viele Hörer:innen gewinnen. Der Betrieb und Aufbau der Sender verursacht hohe Kosten, ohne dass dem im heurigen Jahr nennenswerte Erlöse gegenüberstehen. Mit hoffentlich guten Werten aus dem Radiotest 2024_4 wollen wir dann kommendes Jahr die Vermarktung hochfahren. Was Kronehit betrifft, wollen wir unserer Reichweite halten und die Hördauer steigern. Wir wollen Marktanteile gewinnen.

LEADERSNET: Hat sich seit Inkrafttreten des ORF-Gesetzes Anfang des Jahres etwas an der Verteilung des Werbekuchens geändert?

Frühauf: Wenn ich mir die Focuszahlen von Ö3 für Jänner und Februar anschaue, dann erkenne ich nicht, dass die marginale Werbezeitenreduktion von zehn Prozent einen Effekt hat. Die Vermarktung der Privatradios läuft gut, entsprechend der Entwicklung von Tagesreichweiten und Marktanteilen  –  siehe Radiotest 2023_2   – ändert sich mit zeitlicher Verzögerung auch die Verteilung der Werbebudgets 

www.kronehit.at

Kommentar schreiben

* Pflichtfelder.

leadersnet.TV