"Ich halte das Ende dieser Steinzeitregelung für gut"

| Redaktion 
| 19.12.2023

Alexander Hofer war fünf Jahre Channel Manager von ORF2 und jahrelanger "Seitenblicke-Macher". Seit einem halben Jahr ist er ORF Landesdirektor in Niederösterreich. Im LEADERSNET-Interview spricht Hofer u.a. über neue Sendungen, die Haushaltsabgabe und neue digitale Angebote für ein junges Publikum. Zudem erklärt er, wieso sich der ORF stärker zu einer Diskussionsplattform für die Menschen entwickeln muss.

LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Hofer, wie war Ihr erstes halbes Jahr als ORF Landesdirektor in Niederösterreich?

Alexander Hofer: Ich habe das Gefühl, gut angekommen zu sein, was auch daran liegt, dass mir das von der Kollegenschaft nicht schwer gemacht wurde. Das Team im Landesstudio ist äußerst engagiert und sehr kreativ. Obwohl der Start ins heurige Jahr für die Kolleg:innen schwierig war, haben wir schnell einen guten Weg gefunden, uns auf das Wichtige zu konzentrieren: Was wir anbieten müssen, wofür es uns gibt und wofür wir unersetzbar sind – täglicher und ständiger Begleiter unseres Publikums zu sein.

LEADERSNET: Auf welche Innovationen dürfen sich die Seher:innen unter der Landesdirektion von Alexander Hofer freuen?

Hofer: Einige Änderungen wie etwa eine neue Rubrikenlandschaft bei "Niederösterreich heute", die wir im Herbst gestartet haben, gibt es bereits. Dazu zählt u.a. ein regelmäßiger Schwerpunkt mit dem Thema Wissenschaft. Dem Team und mir ist es wichtig, den ORF noch stärker als Diskussionsplattform zu verstehen und auszubauen. Viele Diskussionen werden derzeit ziemlich ungeschützt den Social Media-Diensten und weiteren digitalen Kommunikationsmöglichkeiten überlassen, bei denen häufig nicht die Sachlichkeit und fachliche Analyse im Vordergrund stehen. Hier braucht es einen medialen Nahversorger wie den ORF NÖ, der sachlich richtige Informationen verbreitet und diese einordnen kann. Gleichzeitig müssen wir aber dem Publikum die Möglichkeit zur regelmäßigen Meinungsäußerung geben. Mit der Diskussionssendung "Ein Ort am Wort", die im Oktober gestartet ist und ab nächstem Jahr monatlich ausgestrahlt wird, gehen wir ganz bewusst in eine niederösterreichische Gemeinde und diskutieren dort mit den Bürger:innen ein lokales Thema, das die Menschen bewegt. Bei den ersten beiden Sendungen gab es einen sehr emotionalen Austausch, bei dem alle Teilnehmer:innen zu Wort kamen. Genau in diese Richtung sehe ich auch die (programmliche) Weiterentwicklung – nicht nur des Landesstudios Niederösterreich, sondern für den gesamten ORF. Wir müssen den ORF stärker als Diskussionsplattform für die Menschen anbieten.

LEADERSNET: Wie digital muss ein ORF Landesstudio sein, um konkurrenzfähig zu bleiben? Ist die Haushaltsabgabe, die ab 1. Jänner 2024 in Österreich kommt, der Garant für den Bestand der ORF Landesstudios?

Hofer: Persönlich halte ich die Landesstudios als unersetzbar im "Gesamtkonzert" der ORF-Angebote. Diese leisten nämlich deutlich mehr, als man dann am Abend in den 20 bis 25 Minuten der Bundesland heute-Sendungen sieht. Dazu zählen u.a. ein Radiovollprogramm, zahlreiche Dokumentationen und Zulieferungen in tagesaktuelle Sendungen, eine Vielzahl an Veranstaltungen, mit denen man direkt ins Land hinein zum Publikum geht sowie ein intensiver Ausbau digitaler Angebote und des Social-Media-Bereichs. Letzteres dient dazu, um ganz bewusst junges Publikum anzusprechen. Es gibt kein System, mit dem man so nah am Publikum sein kann, wie mit den Landesstudios. Wenn ich hier an den aktuellen Slogan "Ein ORF für alle" denke, wird dieses Versprechen nur dann eingelöst werden können, wenn es aktive, starke und gut ausgestattete Landesstudios auch in Zukunft gibt.

Der ORF muss selbstverständlich stark in der digitalen Welt aktiv sein können, denn ansonsten wird es ihn bald nicht mehr geben. Das jüngere Publikum kann über das lineare ORF-Angebot deutlich schwerer erreicht werden. Junge Menschen konsumieren ihre Medien anders und darauf muss der ORF reagieren können. Ansonsten wird er zu einer aussterbenden museal werdenden Nostalgiefirma, was schon alleine aus demokratiepolitischen Aspekten nicht wünschenswert ist. Daher ist es wichtig, dass der ORF beim digitalen Angebot künftig deutlich mehr Möglichkeiten bekommt. Das ist das Ende einer Steinzeitregelung und das ist auch gut so.

Mich überrascht, dass es so schwer zu vermitteln ist, dass die neue Haushaltsabgabe für die meisten Menschen günstiger wird als die bisherige ORF-Gebühr. Da sich nun weitere Bundesländer für die Abschaffung der Landesabgabe entschieden haben, wird es dort sogar noch günstiger. Ja, es werden mit der neuen Finanzierungsform zwar auch einige Bürger:innen erfasst, die bisher keine Gebühr entrichten mussten, aber für den Großteil wird der monatliche Beitrag für das vielfältige Angebot günstiger.

LEADERSNET: Fernsehen muss informieren, unterhalten und darf auch Spaß machen. Was ist der größte gemeinsame Nenner der künftigen ORF Niederösterreich Community?

Hofer: Service, Information und Unterhaltung für Menschen, die den Tag - vor allem was das Radio betrifft - mit uns verbringen. In der Früh sind das fast 500.000 Hörer:innen, die regelmäßig Radio Niederösterreich wählen, um in den Tag zu starten. Über den Tag begleiten wir so hunderttausende Menschen, die von der Mischung aus Infos, Service und Unterhaltung überzeugt sind. Was dabei immer mitschwingt, ist eine große Leidenschaft zu diesem Bundesland in all seinen regionalen Ausformungen. Daher versuchen wir weitestgehend dieses Land täglich aufs Neue in all seiner Vielfalt und Besonderheit abzubilden – und zwar mit einem sympathischen und freundlichen Augenzwinkern.

LEADERSNET: In Anbetracht der vielen Krisen dürfen wir uns auf die Zukunft freuen, oder müssen wir diese mit Respekt erwarten?

Hofer: Respekt vor der Zukunft ist nie schlecht, Freude ist noch besser. Gut ist, wenn es eine respektvolle Freude darauf ist, was kommen wird. Ich bin jemand, der mit Hoffnung und Zuversicht viel anfangen kann. Nur dann wird es uns gelingen, schwierige Situationen zu meistern. Wenn jemand angstvoll, verschlossen und pessimistisch in die Zukunft blickt, fehlt mir die Phantasie, dass das der Schlüssel für eine erfolgreiche Bewältigung schwieriger Aufgabenstellungen ist. Die Zuversicht und die Hoffnung, auch schwierige Situationen gut zu bewältigen, birgt mehr die Möglichkeit, zu einem guten und positiven Ergebnis zu kommen.

www.noe.orf.at

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