Mit welcher Energie fahren wir in die Zukunft?

Eine hochkarätig besetzte Expert:innen-Runde diskutierte darüber, wohin sich die individuelle und betriebliche Mobilität entwickeln wird. Während die einen an einen schnellen Durchbruch der reinen E-Autos glauben, sind andere davon überzeugt, dass Verbrenner noch eine lange Zukunft vor sich haben werden. 

Für seinen aktuellen Diskussionsabend, der in den Räumen der Wien-Zentrale der EFS-Consulting über die Bühne ging, hat sich der Club Tirol ein kontroversiell diskutiertes Thema ausgesucht: "Die Zukunft der betrieblichen und individuellen Mobilität im Spannungsfeld der Energiewende". Es ging also darum, mit welcher Energie wir in die Zukunft fahren werden. Zentrale Fragen waren, ob es künftig allein das E-Auto braucht, ob es Alternativen dazu gibt und wie es mit Verbrennern weitergeht.

Expert:innen-Diskussion

Dieses sehr emotionale und in nahezu unüberschaubare Weiten führende Themenfeld wurde im Rahmen der Club Tirol-Veranstaltung bei einer Podiumsdiskussion inklusive Publikums-Beteiligung behandelt. Auf der Bühne diskutierte eine hochkarätige Expert:innen-Runde: der zuvor als ins Thema einführender Keynote-Speaker fungierende Hansjörg Mayr, Mitglied des Vorstands der Denzel Auto AG, gefolgt von Lydia Ninz, Mobilitätsexpertin und freie Wirtschaftsjournalistin, Mario Rohracher, Generalsekretär bei GSV, der Plattform für Mobilität, und Günther Rupprechter, Forschungsdirektor des Cluster of Excellence "Materialien für Energieumwandlung und -speicherung (MECS)" sowie Vorstand des Instituts für Materialchemie an der TU Wien.

Die Räumlichkeiten waren durchaus bewusst gewählt. Schließlich zählt EFS-Consulting zu den größten unabhängigen Unternehmensberatern mit starkem Fokus auf die Automotiv-Branche. Roman Benedetto, Partner EFS Consulting - Automotive & Smart Mobility, führte als Moderator durch die Diskussion. Was in Summe einen "spannenden und bewegenden Themenabend" ergab. Genauso, wie ihn sich Club Tirol-Präsident Julian Hadschieff eingangs bei der Begrüßung gewünscht hatte.

Steigende Zulassungszahlen

"Für mich war die Weltklimakonferenz 2015 der Moment, wo ich dachte, wir als Unternehmen können nicht mehr so weitermachen wie bisher, wir müssen schrittweise und gut überlegt raus aus den Fossilen, sonst landen wir in der Sackgasse", ließ Hansjörg Mayr, Vorstandsmitglied eines der größten automotiven Unternehmen Österreichs, zunächst wissen. Bei Denzel erfolgte der Einstieg ins E-Auto-Geschäft bereits 2011, ab "2016 haben wir die E-Mobilität kraftvoll vorangetrieben". Österreichs Zulassungsstatistik zeige den herrschenden Trend zum Elektroauto bereits deutlich: lag der Anteil reiner Stromer bei Neuzulassungen im Jahr 2016 bei 1,2 Prozent, hat sich dieser 2023 auf fast 20 Prozent erhöht. Rechne man "alle Plugin- und Full-Hybrid-Autos hinzu, dann liegen wir bei fast 50 Prozent aller Neuzulassungen." Für diesen Anstieg sei aber bis dato hauptsächlich die Umrüstung vieler Firmen-Fahrzeugflotten verantwortlich.

Ein Blick nach China zeige, dass sich dort der Markt für E-Autos allein zwischen 2020 und 2022 verfünffacht hat. Der chinesische Staat habe diese Entwicklung beschleunigt. Zum einen, um dem riesigen "Smog-Problem" in den Großstädten Herr zu werden und zum anderen aus wirtschaftlichem Eigennutz. China ist mittlerweile nicht umsonst der weltweit größte Batteriehersteller und hat bei der gesamten E-Technologie jenen Vorsprung inne, den Europa bisher bei Verbrennermotoren hatte.

Preise sinken, Ladeinfrastruktur wächst

In Österreich gibt es für die reale Mobilitätswende noch viel zu tun. Fahren doch von den derzeit über fünf Millionen Fahrzeugen im Land lediglich 139.415 Batterieelektrische herum. Die für die "Demokratisierung des Massenmarkts" so wichtige Preisfrage nehme aber jetzt entscheidende Fahrt auf. Als Beispiel brachte Mayr den ab 25.980 Euro angebotenen E-Dolphin des chinesischen Herstellers BYD, mit "dem wir im für viele Käufer leistbaren Preisbereich sind." An dieser Stelle sei auch der neue Citroen E-C3 erwähnt, der erst am Dienstag (17. Oktober) vorgestellt wurde, 2024 startet und ab 23.300 Euro zu haben ist.

Entscheidendes tue sich bei allen "RIP-Faktoren" (Reichweite, Infrastruktur, Preis). Die Lade-Infrastruktur in Österreich wachse laufend und Dank "rasanter Entwicklung bei der Batterietechnologie" sei die Reichweitenfrage bald keine mehr ("absolute Vielfahrer werden mit dem Verbrenner aktuell aber immer noch besser bedient sein").

Alternative Antriebe notwendig

Fahren wir also alle bald mit Strom statt mit Benzin und Diesel durch die Welt? Ein "Jein" lässt sich aus den Aussagen der Diskutant:innen destillieren. Private Käufer:innen müssten erst einmal von den Vorteilen eines Stromers überzeugt werden, so Lydia Ninz. Ein vermutlich langsamer Prozess. Zudem fordere der E-Fahrer-Alltag bei allen Verbesserungen der Infrastruktur ein absolutes mehr an persönlicher Planung. So einfach wie ein Verbrenner werde sich der E-Bruder für die spontane Ausfahrt nie auftanken lassen.

GSV-Generalsekretär Rohracher konstatierte, dass "wir alle Verbesserungen für unsere Umwelt wollen, dabei aber der Realität ins Auge blicken müssen." Heißt, dass zwar die E-Mobilität gekommen ist um zu bleiben, „wir aber trotzdem einen bunten Mix an Antrieben sehen und auch brauchen werden. Stichwort CO2-neutrale E-Fuels, Wasserstoff, Methanol, Ammoniak und ja, auch den immer sauberer werdenden Verbrenner." Kritisch sieht das große "Upscaling" auf die E-Mobilität Technikexperte Rupprechter. Weil sich vermutlich die dafür notwendige riesige Steigerung an "grüner Energieproduktion" selbst im durch viel Wasserkraft bevorzugten Österreich nicht so einfach machen lassen werde. Dazu kommt die Frage, wie lange es etwa die für die Batterie- und Elektromotorherstellung nötigen natürlichen Ressourcen an Schlüsselmaterialien in ausreichender Menge geben wird. An Alternativen wird geforscht.

Kurz, alles in allem werde es für den schrittweisen Übergang hin zur verbrennungsfreien, nachhaltigen und regenerativen Energieproduktion den Einsatz verschiedener Technologien benötigen. Verbunden mit dem Gedanken, unsere Mobilität mengenmäßig zu reduzieren. Letzten Meldungen zufolge wollen die Chinesen, so Rohracher, jetzt auch den Verbrennermarkt wieder fördern. Eigentlich haben sie dort das Umweltproblem mit Schadstoffen nur auf's Land verlagert und bauen dort – um den Energiebedarf abzudecken – massenhaft Kohlekraftwerke und Atommeiler.

Brisantes Thema

Im Publikum war auch nach Diskussionsende die Bandbreite an Emotionen zum Thema spürbar. Während etwa eine daran denkt, sich vom eigenen Auto gänzlich zu trennen und bei Bedarf ein E-Mobil zu "sharen", sind andere noch nicht davon überzeugt, rein elektrisch in die mobile Zukunft zu fahren.

Mit diskutiert an diesem Abend haben unter anderem: Club Tirol-Vizepräsidentin Renate Danler (Renate Danler Consulting) und Club Tirol-Vorstandsmitglied Martina Scheiber (HR-SCOPE). Heinz Gruber (Mitglied des Vorstands der Denzel Auto AG), Stephan Briem (RA Dr. Stephan Briem), Erich Benischek (Blaue Lagune), Martin Prantl (Martin Prantl Management – Consulting KG), Anke Reisch (Reisch RAE), Manfred Schmid (WKÖ Außenwirtschaft Austria), Peter Kielhauser (Kielhauser Management Consulting), Kurt Schranz (Ballerz Ldt), Domink Schrott (Abgeordneter zum NR a.D.), Astrid und Maximilian Veltze (Veltze, Mares&Partner KG), Martin Wachter (RIVNA Partners), Sanja und Herfried Weiß (Daheim Leben Seniorenbetreuung) uvm.

Fotos vom Club Tirol-Diskussionsabend sehen Sie in der Galerie.

www.clubtirol.net

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