Österreichische Banken verdienten so viel wie noch nie

| Tobias Seifried 
| 11.06.2023

Heimischer Bankensektor profitierte von steigenden Zinssätzen und zählt laut der OeNB zu den stabilsten der Welt. Dennoch empfiehlt die Nationalbank Maßnahmen zur Stärkung der Finanzstabilität.

Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) hat ihren mittlerweile 45. Financial Stability Report präsentiert. Der halbjährliche Bericht analysiert u.a. finanzstabilitätsrelevante Entwicklungen in Österreich und im internationalen Umfeld. Dieses Mal fällt das Zeugnis für den heimischen Bankensektor erfreulich aus, dennoch sieht die OeNB Verbesserungspotenzial.

Obwohl die Inflation und in weiterer Folge die Zinssätze in den letzten Monaten stark anstiegen und zu verschärften Finanzierungsbedingungen für Unternehmen und Haushalte führten, seien Kreditausfälle bei österreichischen Banken nach wie vor gering, heißt es in der Analyse. "Unternehmen und Haushalte sehen sich aufgrund der Normalisierung der Geldpolitik mit strafferen Finanzierungsbedingungen konfrontiert", sagte Vize-Gouverneur Gottfried Haber.

Kreditsituation bei Unternehmen und Privaten

Während die Ungewissheit über die wirtschaftliche Entwicklung die Nachfrage der Unternehmen nach langfristigen Krediten gedämpft habe, sei die Nachfrage nach kurzfristigen Krediten leicht angestiegen. Da die meisten Unternehmensdarlehen variabel verzinst werden, sind die Kosten für den Schuldendienst der OeNB zufolge zuletzt markant gestiegen. Dennoch sei die Schuldenquote heimischer Betriebe im Jahr 2022 aufgrund eines deutlichen Gewinnanstiegs zurückgegangen. Das Ausfallsrisiko von Unternehmenskrediten habe sich jedoch angesichts der gestiegenen Kosten, der angespannten Finanzierungsbedingungen und des eingetrübten wirtschaftlichen Umfelds erhöht.

Das Kreditwachstum an österreichische Haushalte hat sich ab Mitte 2022 verlangsamt, besonders bei Wohnimmobilienkrediten. Da trat die sogenannte KIM-Verordnung mit deutlich strengeren Vergabekriterien in Kraft. Damit soll eine gute Kreditqualität mit niedrigen Kreditausfallsraten weiterhin gewährleistet werden. Seit Einführung der entsprechenden Verordnung hätten sich die Vergabestandards deutlich verbessert, so die OeNB in ihrer Analyse. An den strengen Vorgaben gibt es mittlerweile aber auch viel Kritik, da deshalb für "Normalverdiender:innen" Wohnkredite kaum mehr finanzierbar wären.

Banken profitierten von steigenden Zinssätzen

In den Bilanzen der heimischen Banken macht sich die geringere Zahl an vergebenen Wohnimmobilienkrediten nicht negativ bemerkbar. Hier hat sich vielmehr der Anstieg der Zinssätze positiv auf die Zinsmarge und in Folge die Profitabilität des österreichischen Bankensektors ausgewirkt. Auch weil die Rückzahlungsfähigkeit der Schuldner bislang sehr gut geblieben sei, so die OeNB. Der Gesamtjahresgewinn erreichte 2022 (inklusive Einmaleffekten) mit über zehn Milliarden Euro ein Rekordhoch, wobei das Geschäft in Zentral-, Ost- und Südosteuropa mehr als fünf Milliarden Euro beitrug. Der Gewinnanstieg der Tochterbanken in der Region beruhe auf gestiegenen Profiten in fast allen Ländern, besonders aber auch auf einem hohen Beitrag aus Russland. Dort machte vor allem die RBI gute Geschäfte. Der Krieg in der Ukraine und seine Folgen sowie der nach wie vor starke Inflationsdruck würden jedoch erhebliche Herausforderungen darstellen.

Trotz diverser Herausforderungen habe das diversifizierte Geschäftsmodell österreichischer Banken gepaart mit einer guten harten Kernkapitalquote, die zum Jahresende 2022 mit 16,3 Prozent ihren bisherigen Höchstwert erreichte, auch im Umfeld jüngster Finanzmarktturbulenzen stabilisierend gewirkt, zieht die OeNB Bilanz. Turbulenzen bei Banken in den Vereinigten Staaten und der Schweiz führten am österreichischen Finanzmarkt zu keinen Verwerfungen, und die Liquidität der heimischen Banken blieb uneingeschränkt gewährleistet. "Der österreichische Bankensektor zählt weiterhin zu den stabilsten der Welt, wie von S&P Global Ratings erst Anfang 2023 wieder bestätigt wurde", erläutert Haber.

Aufholbedarf bei Kapitalisierung und Empfehlungen

Trotz der insgesamt guten Ergebnisse des 45. Financial Stability Reports hätten vor allem größere österreichische Banken im europäischen Vergleich bei ihrer Kapitalisierung nach wie vor Aufholbedarf.

Darüber hinaus hat die OeNB auch die gestiegenen Risiken im Blick und gibt deshalb Empfehlungen zur Stärkung der österreichischen Finanzstabilität. Dazu zählen eine nachhaltige Stärkung der Kapitalbasis, u.a. durch Zurückhaltung bei der Gewinnausschüttung, die Sicherstellung nachhaltiger Vergabestandards bei Wohn- und Gewerbeimmobilienkrediten, die adäquate Steuerung von Kredit- und Zinsrisiken nach einer langen Phase niedriger Risiken und Zinssätze, weitere Effizienzsteigerungen für eine nachhaltige Profitabilität sowie die Entwicklung und Umsetzung geeigneter Strategien zum Umgang mit Herausforderungen aufgrund neuer Informationstechnologien, gestiegener Cyberrisiken und des Klimawandels.

www.oenb.at

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