"Viele Menschen unterschätzen, was sie auf lange Sicht schaffen können"

| Dejan Filipovic 
| 12.03.2023

Im LEADERSNET-Interview spricht Stephan Kohlhauser, Verkaufsberater in der Laufabteilung bei Gigasport Graz, u.a. über seine Lauf-Passion, was er vom Sport für den Beruf lernen kann, wie ein richtiger Laufschuh ausschaut und welche Rolle der Kopf beim Laufen und im Job einnimmt.  

LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Kohlhauser, Sie sind nicht nur bei Gigasport Graz im Verkauf tätig, sondern auch passionierter Läufer (Ultra-Trailrunning). Was macht diesen Sport für Sie so besonders und wie lässt sich dieser mit Ihrem Beruf vereinbaren?

Kohlhauser: Ich liebe den Ultrasport, weil dieser das reale Leben herrlich widerspiegelt. Man erlebt sowohl Höhen als auch Tiefen. Durch Kontinuität kommt man allerdings zum gewünschten Erfolg. Eines der größten Geschenke ist die mentale Stärke, welche man dadurch erlangt. Zudem darf ich die ganze Saison draußen sein. Man erlebt früher oder später wirklich jedes Wetter. Es muss definitiv nicht immer Schönwetter am Plan stehen.

Der Laufsport wird einfach bestmöglich in meinen Alltag integriert. Diesbezüglich würde ich keine Ausreden akzeptieren. Ich laufe daher vor sowie nach der Arbeit. An manchen Tagen laufe ich zudem in die Arbeit. Durch diese nahezu tägliche Laufroutine kommt man auf ein solides Fundament von zehn bis 20 Kilometern pro Tag. Dies lässt sich dann im Hinblick einer Woche auf 100 bis 150 Kilometer strecken. Wie bei den meisten Dingen im Leben wird man niemals ausreichend Zeit finden. Man muss sich diese persönlichen Auszeiten nehmen.

LEADERSNET: Was kann der Verkaufsberater Kohlhauser vom Läufer Kohlhauser lernen?

Kohlhauser: Der Laufsport gibt mir Ruhe und vor allem innere Ausgeglichenheit. Bevor mein Arbeitstag überhaupt beginnt, habe ich schon ein persönliches Ziel absolviert. Als Verkaufsberater werde ich immer wieder mit neuen Konstellationen konfrontiert. Durch den Ultralaufsport ist man an anspruchsvolle sowie ungeplante Situationen gewöhnt. Bei Ultraläufen mit Distanzen von 100 Kilometern oder mehr, wird niemals alles nach Plan laufen. Ferner lernt man Dinge nicht zu bewerten. Training muss auch nicht immer Spaß machen. Dies ermöglicht mir auch im Verkauf eine neutrale Bewertung. Ferner ist vor allem Zuversicht eine wertvolle Komponente, welche ich lernen durfte. Mir ist einfach bewusst, dass ich durch jahrelangen Einsatz unglaubliche Dinge erreichen kann. Man limitiert sich daher viel weniger mit persönlichen Grenzen. Viele Menschen überschätzen, was sie in kurzer Zeit erreichen können und unterschätzen, was sie auf lange Sicht schaffen können.
Hinzukommend entwickelt man ein sehr gutes Körpergefühl. Dies beinhaltet vor allem Empathie für andere Menschen bzw. Kund:innen, was ebenfalls im Beruf sehr hilfreich ist.

LEADERSNET: Die Ausdauer verbessern, neue Bestzeiten erreichen, die Gesundheit fördern oder einfach den Alltag für ein paar Minuten hinter sich lassen – Laufen bietet viele Möglichkeiten. Wie sieht jedoch der richtige Laufschuh aus und was muss er alles "können"?

Kohlhauser: Der richtige Laufschuh sieht für jeden anders aus. Es macht einen riesigen Unterschied, ob ein Herr mit hundert Kilo laufen möchte oder eine Dame mit unter sechzig Kilo einen Laufschuh benötigt. Prinzipiell ist die individuelle Laufökonomie sowie Körperstatik entscheidend. Kollabiert mein Fußgewölbe, kann ich überhaupt Druck mit dem Großzehngelenk aufbauen, kippt mein Becken ab? Wie hoch ist meine Lauffrequenz, lande ich tendenziell mit der Ferse oder drücke ich mich aktiv mit dem Vorfuß ab? Auf welchem Untergrund möchte ich mich überhaupt fortbewegen?
Eine Mischung aus ausreichender Dämpfung sowie Stabilität führen jedoch meistens zum gewünschten Laufschuh.
Zudem ist vor allem die jeweilige Passform entscheidend. Braucht meine Kund:innenschaft einen breiten Schnitt oder eben nicht. Zugleich spielt es natürlich eine wichtige Rolle, ob eine "Krankenvita" vorliegt. Gab es strukturelle Überbelastungen, ist die Biomechanik gar eingeschränkt? Jeder Bewegungsapparat sollte diesbezüglich individuell betrachtet werden.

LEADERSNET: Egal, ob man als Anfänger:in startet, oder neue sportliche Herausforderungen sucht, der Laufsport ist für jedes Alter und Fitness-Level geeignet. Neben dem perfekten Schuh nehmen in dieser Hinsicht auch die richtige Ernährung und Vorbereitung eine entscheidende Rolle ein. Auf was muss man dabei achten?

Kohlhauser: Relevant ist meiner Meinung nach eine Ist-Analyse sowie die bisherige sportliche Vita. Es gibt mit Sicherheit einen athletischen Cross-Effekt. Wenn ich beispielsweise andere Sportarten auf höherem Niveau betrieben habe, verfüge ich wahrscheinlich über ein solides Fundament für den Laufsport. Kardiovaskulär muss ich dann beispielsweise nicht bei Null anfangen. Hinzukommend sollte allgemein eine Mischung aus Kraft sowie Athletiktraining absolviert werden. Gerade passive Strukturen benötigen etwas länger, um sich an Belastung zu gewöhnen.

Als Läufer.in ist vor allem eine gewisse Routine von Nöten. Wann bzw. wie oft kann ich innerhalb einer Woche überhaupt laufen. Viele scheitern nicht am Mangel von Motivation oder gar Disziplin. Das Kartenhaus stürzt meistens erst ein, wenn die Rahmenbedingungen nicht mehr passen bzw. spontane Veränderungen auftreten. Diesbezüglich kann ich nur anraten auf längere Sicht zu planen. Es wird mit Sicherheit einmal der Fall eintreten, dass die gewünschte Einheit ausfallen muss oder man gar erkrankt. Ernährung beinhaltet für mich die Komponente Leistung sowie Regeneration. Unterschiedliche Laufeinheiten benötigen eine unterschiedliche Supplementierung. Nüchternläufe sowie Einheiten mit a 60 bis 100 Gramm Kohlenhydrate pro Stunde haben eine gleichberechtigte Wertigkeit im Trainingszyklus. Diesbezüglich sollte jedoch der individuelle Faktor beachtet werden. Möchte ich einfach nur Joggen oder trainiere ich für einen Wettkampf.
Wir reagieren hinzukommend unterschiedlich auf Nahrungsmittel. Ernährung hat zudem immer mit einer Wertschätzung für den eigenen Körper zu tun. Ferner beinhaltet Leistung eben Energie. Daher ist es Ratsam diese dem eigenen Körper zukommen zu lassen. Für welche Ernährungsform man sich dann entscheidet, muss jeder für sich selbst herausfinden. Der menschliche Organismus verstoffwechselt unterschiedlich bzw. reagiert der Blutzuckerspiegel bei jedem anders. Hierbei kann ich nur anraten möglichst viel selbst auszuprobieren.

Vorbereitung bedeutet eben sich auf etwas vorzubereiten. Daher gibt es eine gewisse zeitliche Ebene. Von heute auf morgen sollte niemand Höchstleistungen erwarten. Ausdauersport ist ein langwieriger Prozess. Wir setzen unserem Körper schließlich sportlichen Reizen aus, welche erst einmal verarbeitet werden müssen. In dieser Hinsicht kann ich nur anraten eine Leistungsdiagnostik zu machen. Hinzukommend sollte ein großes Blutbild mit einer entsprechenden Auswertung gemacht werden. Wenn dann die nötigen Rahmenbedingungen gegeben sind, ist mehr möglich als viele zunächst glauben. Der Mensch ist schließlich für Bewegung geschaffen.

LEADERSNET: Jede:r Läufer:in setzt sich eigene Ziele und findet seine/ihre Motivation in unterschiedlichen Bereichen. Wie wichtig ist unser Kopf/das Mindset beim Laufen?

Kohlhauser: Unsere Psyche steuert absolut alles. Bevor der Körper aufgibt hat bereits der Kopf aufgegeben. Für mich gibt es hierbei allerdings eine Kausalität. Wenn ich trainiere, trainiere ich niemals nur meinen Körper allein. Gerade an intensiven Trainingstagen zahle ich vermehrt auf mein mentales Konto ein. Ultraläufe sind Paradebeispiel dafür. Nach zehn Stunden Wettkampfzeit kann man sich nahezu unmöglich ausgezeichnet fühlen. Ab diesem Zeitpunkt muss man sein Warum kennen. Man muss es als Privileg sehen, dass es nun unangenehm wird. Man öffnet eine neue "Tür", man wächst mental.

Hinzukommend sitzt unser Kopf eben immer am längeren Hebel. Er kennt alle Sorgen sowie Ängste. Daher sollte man möglichst rational bleiben und darf seinen Emotionen nicht zu viel Bühne geben. Müdigkeit, Kälte, Dunkelheit, Stress oder Zeitmangel werden sonst zur unüberwindbaren Barriere. Persönlich behafte ich Anstrengung daher positiv. Diesen Zustand muss man sich schließlich verdienen! Wer bin ich, wenn es einmal nicht gut läuft? Diese Frage treibt mich an. Diese Momente bieten unheimlich viele Möglichkeiten für persönliches Wachstum. Schwierigkeiten treten ohnehin auf. Daher sollten wir lernen damit umzugeben und das passiert eben im Kopf.

LEADERSNET: Was steht als Nächstes an? Wie schauen Ihre persönlichen Pläne und wie die von Gigasport für die Zukunft aus?

Kohlhauser: Als nächstes laufe ich Mitte März beim Donau24 Ultralaufevent mit. Hierbei gilt es dann die 100 Kilometer Marke erneut zu knacken. Persönlich möchte ich auch weiterhin meiner Laufpassion treu bleiben. Daher freue ich mich sowohl auf gute als auch auf schlechte Tage. Gemeinsam mit dem Marketing von Gigasport planen wir einen Charity-Lauf, welcher Anfang Juli in Bad Blumau stattfinden wird. Dort soll dann die 150 Kilometer Marke im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten von Kastner & Öhler geknackt werden. Ganz nach dem Motto: "Wir feiern mit!" Ferner möchte ich mich noch mehr im Unternehmen einbringen.

www.gigasport.at

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