"Aus einer Wiener Garage in die ganze Welt"

Die woom-Gründer Christian Bezdeka und Marcus Ihlenfeld im Interview über den Weg zur "beliebtesten Fahrradmarke der Welt", auf welches Marketing sie dabei setzen und wie die Produktion umgestellt wird, um Lieferverzögerungen zu vermeiden. 

Jedes dritte neu gekaufte Kinderfahrrad in Österreich ist ein woom bike. Wie das 2013 in einer Wiener Garage gegründete Unternehmen so erfolgreich wurde, verraten die Gründer Christian Bezdeka und Marcus Ihlenfeld im Interview.

LEADERSNET: Konnten Sie bei der Gründung 2013 damit rechnen, dass Sie einmal der berühmteste Hersteller von Kinderfahrrädern werden?

woom: Am Anfang haben uns alle für verrückt erklärt, doch wir haben an unserem Ziel festgehalten, Fahrräder zu designen, die den Kindern mehr Fahrspaß bereiten und sie fürs Radfahren begeistern. Die Idee war neu und der Erfolg hat uns wortwörtlich überrollt, das freut uns sehr.

LEADERSNET: Sie haben schon eine extrem hohe Marktdurchdringung. Wo wollen Sie hin?

woom: Heute möchten wir die beliebteste Fahrradmarke weltweit werden, um Kinder raus in die Natur zu holen und ihnen Spaß an der Bewegung im Freien und an der Freiheit auf dem Rad zu vermitteln.

LEADERSNET: Wie kam es eigentlich zur Gründung?

woom: woom wurde 2013 in einer Wiener Garage gegründet. Wir sind beide Fahrradenthusiasten und wollten für unsere Söhne Räder kaufen, die den kindlichen Proportionen und dem Fahrverhalten von Kindern gerecht werden. Weil keines zu finden war, bauten wir es selbst. Als gelernter Biomedizintechniker und studierter Industriedesigner mit jahrelanger Erfahrung in der Radbranche beschäftigte sich Christian intensiv mit der Anatomie der Kleinsten, entwickelte eigene Größentabellen, um die Räder optimal an die Bedürfnisse der Kids anzupassen.

Als Freunde und Bekannte das Rad aus den Händen rissen, wurde klar, dass dieses Projekt Potential hat. Am Anfang wurden die Räder nachts neben den Haupt-Jobs zusammen gebaut. Später lag der Fokus dann auf dem Aufbau des Unternehmens woom mit Sitz im Industrieviertel von Klosterneuburg.

LEADERSNET: Was ist das Besondere an woom?

woom: woom bikes wiegen im Schnitt bis zu 40 Prozent weniger als gewöhnliche Kinderräder.  Das ist wichtig für das Handling wie Anheben, Wenden, Schieben und Anfahren. Ein gängiges Kinderfahrrad wiegt bis zu 70 Prozent des kindlichen Körpergewichts. Für einen 80 kg schweren Erwachsenen würde das bedeuten, mit einem rund 50 kg schweren Gefährt das Radfahren zu lernen. Auf einem leichten woom bike hingegen gelingt es um einiges schneller. Und dank vieler durchdachter Komponenten sind die Kids auch sicherer unterwegs. 90 Prozent der Komponenten eines woom bikes sind nicht "von der Stange" zugekauft, sondern extra von woom konzipiert. Das reicht von der Handbremse, die auf kleine Kinderhände abgestimmt ist, über die ergonomischen Griffe bis zum schmalen Sattel, der für das Becken von Kindern designt ist und noch viele Details mehr.

LEADERSNET: Wie ist der Hype um woom entstanden? Welche Rolle spielte das Marketing dabei?

woom: woom ist so beliebt, weil die Kinder mit einem woom bike auf Anhiebe Freude und Sicherheit beim Radfahren erleben. Kinder sind durch Marketing wenig beeinflussbar.

Zudem sind die bikes langlebig, verfügen über ein Design, das zeitlos klassisch und elegant ist. In unseren Marketing Kampagnen bemühen wir uns, Kindern auf Augenhöhe zu begegnen und sie zu involvieren, das scheint zu gelingen.

LEADERSNET: Warum sollen die Kleinkinder eigentlich schon so früh an das Radfahren herangeführt werden?

woom: Mit dem passenden Rad erleben die Kinder bereits am Laufrad Freude an der eigenständigen Bewegung. Je früher sie aufs Radfahren sozialisiert werden, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch als Erwachsene das Rad für die Alltagsmobilität einsetzen. Das macht die Welt ein bisschen nachhaltiger und trägt zum Klimaschutz bei.

LEADERSNET: Sie holen die Produktion der Fahrräder für die europäischen Absatzmärkte nach Europa. Was steckt dahinter?

woom: Seit Jänner 2021 werden woom bikes im polnischen Świebodzin endgefertigt. In Zukunft soll ein Drittel der Jahresproduktion in Polen erfolgen. Damit setzen wir - wie im Vorjahr angekündigt – einen weiteren Schritt, um die Produktion seiner Fahrräder für die europäischen Absatzmärkte nach Europa zu holen: Bis Ende 2021 sollen bereits 115.000 woom Original  bikes endgefertigt werden. Das ist knapp 40 Prozent der gesamte Jahresproduktion.

Bisher hat die Bike-Industrie ihre Komponenten fast ausschließlich von Spezialisten aus Asien bezogen. Jetzt wird es möglich, mit Zulieferern in Europa zu entwickeln und zu produzieren. Da sehen wir eine Riesenchance für woom.  Statt die Komponenten 30 Tage auf See von Asien nach Europa zu verschiffen, können diese Komponenten in Zukunft binnen weniger Tage innerhalb der EU per Lkw an die Fertigungslinien gebracht werden. Das spart Zeit und ist gut für die Umwelt.

LEADERSNET: Hat auch Corona etwas damit zu tun?

woom: Ja, die Wichtigkeit, Produktionsstandorte in Europa zu haben, zeigte sich nicht zuletzt während der Coronakrise: Produktionsstätten in Asien wurden aufgrund des Lockdowns teilweise heruntergefahren; Transportwege wurden unverlässlicher. Bis heute leidet die Fahrrad-Branche unter Lieferengpässen bei gängigen Komponenten. Die Zusammenarbeit mit dem deutschen Unternehmen Sprick Cycle, das das Werk in Polen betreibt, bedeutet für uns einen wichtigen Schritt in Richtung unseres großen Zieles: woom bikes für europäische Absatzmärkte in Europa herzustellen. Zwar wird die Produktion von Fahrrädern im asiatischen Raum für die woom Wachstumsmärkte Nordamerika und Asien weiterhin eine wichtige Rolle spielen und auch weiter ausgebaut werden.

LEADERSNET: Wie lange muss man künftig auf ein woom warten?

woom: Es ist derzeit unser wichtigstes Anliegen, unsere Kundinnen und Kunden zufrieden zu stellen und die Lieferzeiten zu verkürzen. Man muss auch bedenken, dass woom erst 2013 gegründet wurde und die Nachfrage jedes Jahr aufs Neue die berechnete optimistische Erwartung um ein Vielfaches übersteigt, das stellt uns als junges Unternehmen vor vielfältige Herausforderungen.

LEADERSNET: Warum kam es zu Lieferverzögungen?

woom: Die Lieferverzögerungen ergaben sich, weil mehrere Faktoren aufeinandertrafen: die Beliebtheit von woom steigerte sich exponentiell, Fahrradfahren lag schon seit Jahren im Trend aufgrund des Klimaschutzgedankens und einem allgemeinen Umdenken in Richtung nachhaltiger Mobilität. Und schließlich aufgrund der Corona Krise, die Lieferzeiten einzelner Komponenten auf bis zu 600 Tage verlängert hat, sodass wir nach neuen Lösungen suchen müssen, wie etwa die Eröffnung der Produktionsstätte in Polen. Derzeit digitalisieren wir außerdem unsere supply chain mit der cloudbasierten Technologie  OSCA von der Firma Setlog. Diese macht Aussagen über die Verfügbarkeit der Räder verlässlicher. Durch Informationen in Echtzeit und eine effizientere Kommunikation verkürzen sich die Beschaffungszeiten.

LEADERSNET: Welche Wachstumsmärkte wollen Sie noch erobern?

woom: In Österreich sind circa 40 Prozent aller neu gekauften Kinderfahrräder woom bikes. Wir möchten in weiteren Teilen Europas bekannter werden. Wir haben ein sehr erfolgreiches Team in den USA und haben auch bereits erste Schritte auf dem asiatischen Markt vollzogen. (jw)

www.woombikes.com

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