VÖP: ORF soll bei Programmrechten für Film, Serien sowie Sport sparen

| 29.11.2016

Das Gezerre um die Gebühren geht munter in die nächste Runde.

In den nächsten Tagen wird der Generaldirektor des ORF eine Erhöhung des Programmentgelts beantragen. Er wird dies angeblich mit einem drohenden Budgetloch argumentieren und an die Mitglieder des Stiftungsrats appellieren, diesem Antrag zuzustimmen. Eine Erhöhung des ORF-Programmentgelts ist aus Sicht des VÖP weder notwendig noch gerechtfertigt. Der ORF brauche demnach  nicht mehr Gebühren, sondern sollte beginnen, intelligent zu sparen.

Einsparungen im TV-Bereich wären laut VÖP etwa im Bereich Premium-Sport leicht umzusetzen, machte Markus Breitenecker deutlich: Allein durch den Verzicht auf „Formel 1“ und „Champions League“ ließen sich zirka 18 Millionen € pro Jahr einsparen; der Verzicht auf weitere, zur Verlängerung anstehende Sportrechte würden das TV-Budget um weitere 10 bis 20 Millionen Euro pro Jahr entlasten – ohne dabei die Erfüllung des Kernauftrags zu beeinträchtigen. Ähnliches gilt im fiktionalen Bereich, wo der ORF fast alle Erstausstrahlungsrechte für Hollywood-Blockbuster, Premium-Serien und Top-Show-Formate kauft. Allein für Kauffilme fließen pro Jahr mindestens 50 Millionen Euro des ORF-Budgets ins Ausland, v.a. in die USA. Eine Reduktion um 20% brächte Einsparungen von 10 Millionen Euro pro Jahr und ließe dem ORF noch immer den Großteil an fiktionalen Premium-Erstausstrahlungsrechten.Allein diese Ergebnisverbesserungspotentiale – noch ohne mögliche Einsparungen in der Verwaltung und in der Technik, ohne Erlöse aus dem Verkauf von nicht-rundfunkrelevanten Firmenbeteiligungen des ORF und ohne Programmstrukturveränderungen würden laut VÖP-Aussendung ausreichen, um das von der ORF-Geschäftsführung befürchtete Budgetdefizit abzudecken.

Ferndiagnosen auf Basis mangelhafter Unterlagen?

Via Aussendung nimmt der ORF zu den "Anwürfen" Stellung: Die Zuständigkeit für die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich und seine Kontrolle liegen beim ORF-Stiftungsrat und der unabhängigen Medienbehörde KommAustria und nicht beim VÖP. Ferndiagnosen zu den ORF-Finanzen von unzuständigen und selbsternannten Experten wie dem ehemaligen Roaming-Lobbyisten Alexander Zuser auf Basis mangelhafter Unterlagen entbehren jeglicher faktischer Grundlage und sind als das zu werten, was sie sind: ein Lobbying-Papier der größten TV-Konzerne Europas, um die Kolonialisierung des österreichischen Medienmarktes weiter voranzutreiben.
Der ORF hat nie behauptet, dass es eine „Finanzierungslücke“ gebe. Was allenfalls von den zuständigen Instanzen zu prüfen ist, ist eine gesetzlich im 5-Jahres-Rhythmus vorgesehene teilweise Valorisierung, also Inflationsabgeltung, der Programmentgelte. Der ORF setzt selbstverständlich kein Gebührengeld für den Erwerb ausländischer Produktionen – ob Fiction oder Sport – ein, sondern finanziert diese über kommerzielle Erlöse. Die Gebührenmittel verwendet der ORF ausschließlich entsprechend seines Auftrags für österreichische Information und Kultur, heimischen Sport, österreichische Unterhaltung und seine Regionalprogramme, was der VÖP ja implizit bestätigt, lautet es weiter.

Werbeerträge an Mutterkonzerne

Zudem sei es  nicht verwunderlich, dass ein Lobbyingverband der deutschen Privatsender in Österreich – fünf von sechs VÖP-Mitgliedern im TV-Bereich gehören deutschen bzw. internationalen Medienkonzernen an, vier davon der ProSiebenSat.1-Gruppe – den ORF marginalisieren will und alles unternimmt, um die rund 570 Millionen Euro Werbeerträge, die jedes Jahr aus Österreich via Werbefenster zu den deutschen Mutterkonzernen fließen, abzusichern und auszubauen.

Weder der VÖP noch einzelne Mitglieder wollen den ORF marginalisieren, lautet es in einer weiteren Stellungnahme des Verbandes Österreichischer Privatsender: Tatsächlich gehen die Einsparungsvorschläge nicht zu Lasten österreichischer Wertschöpfung, sondern sie sollen den Abfluss von ORF-Geldern ins Ausland auf ein vertretbares Maß reduzieren. Dass der VÖP für Fragen der Finanzierung des ORF nicht zuständig sei, sei korrekt. Daher hätten sich die heutigen Ausführungen explizit an den zuständigen Stiftungsrat gerichtet, um dessen Entscheidungsgrundlage zu erweitern. (jw)

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