Der österreichische Zinshausmarkt durchläuft eine Phase tiefgreifender Veränderungen. Während spekulative Akteure sich zurückziehen, eröffnen sich für langfristig orientierte Investoren neue Perspektiven. Gerhard Hudej, seit über zwei Jahrzehnten ausschließlich auf Wiener Zinshäuser spezialisiert, analysiert im Gespräch mit Leadersnet die aktuellen Marktdynamiken, erklärt, warum Substanzobjekte weiterhin gefragt sind, und zeigt auf, wo er die größten Chancen für antizyklische Investoren sieht.
Sie verfolgen den österreichischen Zinshausmarkt seit vielen Jahren. Wie charakterisieren Sie die gegenwärtige Marktsituation – erleben wir eine Abkühlung oder bleibt das Interesse der Investoren bestehen?
Wir befinden uns in einer Phase der Neuorientierung und Differenzierung. Der Begriff "Abkühlung" greift zu kurz, denn was wir tatsächlich beobachten, ist eine Rückkehr zu fundamentalen Werten. Zinshäuser in erstklassigen Lagen mit herausragender Bausubstanz bleiben für Kenner und langfristig denkende Investoren äußerst attraktiv. Diese Objekte sind nicht nur architektonische Meisterwerke, die das Wiener Stadtbild prägen, sondern auch verlässliche Stabilitätsanker in jedem Portfolio.
Gleichzeitig hat sich der Markt von der spekulativen Überhitzung der vergangenen Jahre deutlich entfernt. Der Handel, der von kurzfristigen Renditeerwartungen getrieben war, ist spürbar zurückgegangen. Objekte in weniger attraktiven Lagen oder mit erheblichem Sanierungsbedarf sehen sich mit Preisanpassungen von bis zu dreißig Prozent konfrontiert – sofern überhaupt Käufer zu finden sind. Für erstklassige Objekte hingegen erzielen wir nach wie vor sehr gute Preise, während Immobilien mit substanziellen Mängeln deutlich an Wert verloren haben.
Zusammengefasst: Der Markt hat sich beruhigt, spekulative Akteure sind verschwunden, und das solide, wertorientierte Investment in Zinshäuser steht wieder im Mittelpunkt.
Früher galten Zinshäuser oft als schnell handelbare Objekte. Hat sich dieses Muster verändert, und wenn ja, welche Faktoren sind dafür verantwortlich?
Absolut. Dieses Muster hat sich grundlegend gewandelt. Die Wahrnehmung des Zinshauses als "schnell handelbare Ware" war ein eindeutiges Zeichen der Marktüberhitzung bis 2022. Getrieben von einer Niedrigzinspolitik stieg die Nachfrage kontinuierlich, was kurzfristige Transaktionen mit attraktiven Gewinnen ermöglichte. Viele Marktteilnehmer haben von dieser Dynamik profitiert.
Die Ursachen für den Wandel sind vielschichtig: die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung, die hohe Inflation und insbesondere die gestiegenen Finanzierungskosten. Diese Faktoren haben eine Marktbereinigung eingeleitet, die zur aktuellen Konsolidierung geführt hat. Investoren, die noch vor wenigen Jahren bereit waren, überhöhte Preise zu zahlen, haben ihre Strategie drastisch angepasst. Private Anleger, die in den letzten zehn Jahren als treibende Kraft für immer neue Preisrekorde fungierten, haben sich weitgehend aus dem Markt zurückgezogen. Gleichzeitig sahen sich gewerbliche Investoren mit einem Mangel an Käufern konfrontiert und mussten ihre Verkaufsprozesse verschieben. Das Ergebnis ist eine Marktbereinigung, die zu der aktuellen Konsolidierung geführt hat.
Warum sind Zinshäuser aus Ihrer Perspektive nach wie vor eine attraktive Anlageklasse – gerade im Vergleich zu anderen Immobilienformen oder Finanzprodukten?
Die Attraktivität des Zinshauses als Anlageklasse ist ungebrochen und liegt in seiner Substanz begründet. Im Gegensatz zu volatilen Anlagen wie Aktien oder dem zinslosen Gold generiert ein Zinshaus einen kontinuierlichen, inflationsgeschützten Cashflow durch Mieteinnahmen. Es erfüllt das fundamentale Bedürfnis des Wohnens und ist somit ein Eckpfeiler für den langfristigen Vermögenserhalt und -aufbau.
Ein weiterer entscheidender Aspekt: Zinshäuser sind nachhaltig und stabil – vorausgesetzt, die politischen Rahmenbedingungen bleiben investorenfreundlich. Die größten Risiken liegen nicht in der Anlageklasse selbst, sondern sind bedingt durch politische Eingriffe und die wirtschaftliche Unsicherheit in Österreich. Einige Eigentümer, sowohl private als auch institutionelle, trennen sich von Objekten aus Sorge vor unkalkulierbaren regulatorischen Maßnahmen. Doch gerade in diesen Herausforderungen liegen auch Chancen für antizyklische Investoren, die die langfristige Stabilität und den inneren Wert dieser einzigartigen Anlageklasse zu schätzen wissen.
Welche Kundengruppen sprechen Sie bei Hudej Zinshäuser konkret an, und wie hat sich die Zusammensetzung dieser Gruppen in den letzten Jahren entwickelt?
Seit unserer Gründung im Jahr 2012 verfolgen wir einen klar fokussierten Ansatz. Wir beraten ausschließlich beim Kauf und Verkauf von Zinshäusern – von vermögenden Privatanlegern und Family Offices bis hin zu institutionellen Akteuren. Unser Anspruch ist es, für jeden Kunden die optimale Anlagestrategie zu entwickeln und die besten Opportunitäten im Markt zu identifizieren.
In den letzten Jahren hat sich die Zusammensetzung unserer Klientel spürbar verändert. Während früher auch Käufer mit kurzfristigem Anlagehorizont vertreten waren, dominieren heute langfristig orientierte Investoren. Diese schätzen nicht nur die finanzielle Rendite, sondern auch den kulturellen und historischen Wert eines Zinshauses. Wir unterscheiden dabei zwei Hauptprofile: Einerseits repräsentative Zinshäuser mit exzellenter Substanz und stabilem Ertrag, andererseits historische Zinshäuser mit signifikantem Entwicklungspotenzial in guten bis sehr guten Lagen. Beide Kategorien erfordern unterschiedliche, wertsteigernde Anlagestrategien.
Unser Service richtet sich dabei nicht nur an Käufer, sondern auch an Verkäufer. Wir begleiten den gesamten Transaktionsprozess – von der Due-Diligence-Prüfung bis hin zum strategischen Portfoliomanagement. Unsere Kunden schätzen diese umfassende Beratung, da sie sich darauf verlassen können, dass wir ihre Interessen mit höchster Diskretion und Professionalität vertreten.
Sie haben in den letzten zehn Jahren Standorte in ganz Österreich aufgebaut und fokussieren sich nun wieder verstärkt auf Wien. Was war die strategische Überlegung hinter dieser Neuausrichtung?
Diese Rückkehr zu den Wurzeln war eine bewusste strategische Entscheidung. Meine Vision war es, das flächendeckendste Beraternetzwerk für Zinshäuser in ganz Österreich zu etablieren. In einem von hoher Nachfrage geprägten Markt war diese Expansion der richtige Schritt, und es ist uns gelungen, ein beachtliches Netzwerk aufzubauen, das bis heute Bestand hat.
Doch die Entscheidung, unseren Fokus wieder vollständig auf Wien zu legen, basiert auf einer klaren Erkenntnis: Wien ist und bleibt das Epizentrum des österreichischen Zinshausmarktes. Die Dichte an erstklassigen Objekten, die Marktliquidität und die internationale Nachfrage sind hier am höchsten. Durch die Konzentration auf Wien können wir unser Netzwerk noch gezielter einsetzen und unseren Kunden den entscheidenden Mehrwert bieten: exklusiven Zugang zu Objekten, die oft nicht öffentlich angeboten werden.
In einem Markt, in dem die besten Objekte diskret und abseits der Öffentlichkeit gehandelt werden, ist dieser exklusive Zugang ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil. Mein Netzwerk in Wien ermöglicht es mir, für meine Kunden den entscheidenden Mehrwert zu schaffen: Zugang zu den richtigen Objekten zum richtigen Zeitpunkt.
Abschließend: Welche Entwicklungen sehen Sie als die wichtigsten Trendfaktoren für den Wiener Zinshausmarkt in den kommenden Jahren?
Ich sehe drei entscheidende Faktoren, die den Markt maßgeblich prägen werden.
Erstens: Die Professionalisierung der Käuferseite. Oberflächliche Kenntnisse reichen nicht mehr aus – tiefgreifende Expertise und ein exzellentes Netzwerk sind entscheidend, um das richtige Objekt zum richtigen Zeitpunkt zu identifizieren. Für uns als Spezialisten ist dies eine enorme Chance, da sich viele unerfahrene Marktteilnehmer zurückziehen.
Zweitens: Die Rückkehr der Juwelen. Investoren, die in den vergangenen Jahren zurückhaltend waren, kehren nun zurück, und mit ihnen kommen auch Objekte auf den Markt, die jahrelang nicht verfügbar waren. Historische Zinshäuser in erstklassigen Lagen mit einzigartiger Bausubstanz – genau die Art von Immobilien, von denen man vor wenigen Jahren nur träumen konnte. Für antizyklische Investoren ist dies eine einmalige Gelegenheit, Substanzwerte von bleibendem Wert zu erwerben.
Und drittens: Die politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen. Eingriffe in den Markt – sei es im Mietrecht oder bei Steuerfragen – können die Investitionsbereitschaft dämpfen. Auch die Entwicklung der Zinsen und Finanzierungskosten bleibt ein Faktor, den es genau zu beobachten gilt. Mein Credo lautet daher: Über den Tellerrand schauen, Chancen erkennen und Risiken professionell managen.
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