Weg vom (Such-)Fenster: Google Gründer treten zurück

Ende einer Ära im Silicon Valley: Larry Page und Sergey Brin danken als Chefs des Mutterkonzerns Alphabet ab – Sundar Pichai übernimmt Agenden.


Paukenschlag im Silicon Valley – in der Chefetage von Alphabet, dem Mutterkonzern von Google, kam es zu einem überraschenden Machtwechsel: die beiden Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin sind mit sofortiger Wirkung als Chefs von Alphabet zurückgetreten und übergeben an Sundar Pichai, der seit 2004 im Unternehmen ist und als Chef schon seit einigen Jahren die Geschicke von Google leitet. Nun wurde er durch den Rücktritt der Alphabet-Chefs über Nacht in seiner Rolle als eine der mächtigsten Entscheidungsträger des Silicon Valley mehr als bestärkt, denn auch die Geschicke von Google wird Pichai weiter leiten.

Gründer bleiben im Verwaltungsrat

Den sofortige Personalwechsel teilte der Konzern am Dienstagabend nach US-Börsenschluss im kalifornischen Mountain View mit. Pichai werde künftig sowohl als Vorstandschef von Alphabet als auch von Google agieren, was ihn auch für Alphabets Zukunftsprojekte zuständig macht. Der 46-jährige Page war zuletzt Alphabet-Chef, der gleichaltrige Brin hielt im Management einen Posten als "Präsident" mit einem nicht näher beschriebenen Aufgabenbereich. Beide behalten ihre Sitze im Verwaltungsrat, der dem Vorstand übergeordnet ist. Sie behalten weitgehend die Kontrolle durch besondere Aktien mit mehr Stimmrechten.

Alphabet war 2015 als Konzerndach über Google gesetzt worden. Die Idee war, diverse neue Bereiche als eigenständige Schwesterfirmen neben Google aufzubauen. Zum Dachkonzern gehören zum Beispiel die Roboterautofirma Waymo und der Lieferdrohnenentwickler Wing. Die Einnahmen kommen allerdings nach wie vor hauptsächlich aus dem Werbegeschäft von Google. Die anderen Alphabet-Firmen mit ihren neuen Technologien erzeugen hohe Kosten bei geringen Umsätzen.

So kamen die Google-Geschäftsbereiche im vergangenen Quartal auf Erlöse von gut 40,3 Milliarden Dollar ( entspricht 36,3 Milliarden Euro) – alle restlichen Alphabet-Firmen brachten in dieser Zeit 155 Millionen Dollar Umsatz ein. Dafür kamen bei ihnen operativ rote Zahlen von 941 Millionen Dollar zusammen, während Google fast 10,9 Milliarden Dollar verdiente.

Pichai seit 2004 bei Google

Der 47-jährige Sundar Pichai, der aus einfachen Verhältnissen stammt, ist seit 2004 bei Google und legte dort eine beeindruckende Karriere hin. Pichais Vorschlag, Google sollte einen eigenen Webbrowser entwickeln, überzeugte die Gründer – und der Erfolg von Chrome war seine Eintrittskarte in die Chefetage. Page war mit der Gründung von Alphabet von der Google-Spitze auf den Chefposten beim neuen Dachkonzern gewechselt.

Pichai muss Google und Alphabet durch eine schwierige Zeit navigieren. Der Konzern steht – wie auch andere amerikanische Tech-Schwergewichte – unter verstärktem politischen Druck, unter anderem aufgrund von Steuer- und Datenschutzfragen. Inzwischen nehmen auch die lange wohlwollenden US-Wettbewerbshüter Google ins Visier. In Europa verhängte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager bereits Strafen von mehr als acht Milliarden Euro gegen Google. Der Internetkonzern steckte sie locker weg.

"Google ist keine konventionelle Firma"

In jüngster Zeit geriet Google aber auch mehrfach auf Kollisionskurs mit seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. So lösten Medienberichte, wonach Andy Rubin, der führende Entwickler des dominierenden Mobilbetriebssystems Android, trotz Vorwürfen sexueller Nötigung mit einer Abfindung von 90 Millionen Euro aus der Firma ausgeschieden sei, vor gut einem Jahr Proteste an diversen Google-Standorten aus. Rubin bestritt die Vorwürfe. Viele Mitarbeiter prangerten dennoch Sexismus im Unternehmen an. Auch ein Softwaredeal mit dem US-Militär sorgte intern für Ärger.

Page war in der Anfangszeit Chef von Google, räumte dann den Platz für den erfahrenen Softwaremanager Eric Schmidt und kehrte 2011 an die Google-Spitze zurück. Die Alphabet-Mitteilung machte nun deutlich, dass die beiden Gründer keine Ambitionen haben, irgendwann ins Management zurückzukommen. "Wir gehörten nie zu denen, die sich an Managementpositionen klammern, wenn wir glauben, dass es einen besseren Weg gibt, das Unternehmen zu führen", verkündeten Page und Brin in einem Blogeintrag. "Google ist keine konventionelle Firma. Wir wollen auch keine werden." (red)

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