Abwärtstrend in der Autoindustrie hält an

EY-Analyse: Gewinne und Pkw-Verkäufe rückläufig.

Der Abwärtstrend in der weltweiten Autoindustrie hält an: Auch im zweiten Quartal dieses Jahres ging der Gesamtgewinn der 16 größten Autokonzerne der Welt zurück – um 18 Prozent. Rückläufige Absatzzahlen in allen wichtigen Märkten führten zu einem weltweiten Absatzminus von fünf Prozent – nur vier Unternehmen verkauften mehr Neuwagen als vor einem Jahr: Mitsubishi, Honda, Toyota und BMW. Das geht aus einer aktuellen Studie des Beratungsunternehmens EY (Ernst & Young) hervor.

Die stärksten Absatzrückgänge verzeichneten die US-Hersteller (minus neun Prozent) und die französischen Konzerne (minus zehn Prozent). Im Ranking der absatzstärksten Autokonzerne lag Toyota aufgrund eines Absatzwachstums von vier Prozent leicht vor Volkswagen (minus zwei Prozent). Das sind Ergebnisse einer Analyse der Finanzkennzahlen der 16 größten Autokonzerne der Welt, die die Prüfungs- und Beratungsorganisation EY quartalsweise erstellt.

Mehr Umsatz danke SUV-Boom

Beim Umsatz konnte die Mehrzahl der Unternehmen hingegen, vor allem dank des SUV-Booms, zulegen. Insgesamt stieg der Umsatz der Unternehmen um 1,3 Prozent und erreichte damit einen neuen Höchststand. Das stärkste Wachstum schafften die deutschen Hersteller mit einem Umsatzplus von 5,2 Prozent vor den französischen Konzernen (4,7 Prozent). Rückläufig war der Umsatz der US-Unternehmen (minus drei Prozent) und der japanischen Hersteller (minus 1,3 Prozent). Umsatzweltmeister war im zweiten Quartal Volkswagen vor Toyota.

"Die weltweite Autoindustrie befindet sich in einer Absatz- und Gewinnkrise, die derzeit noch in erster Linie konjunkturell bedingt ist", beobachtet Gerhard Schwartz, Partner und Sector Leader Industrial Products bei EY Österreich. "Alle großen Absatzmärkte schrumpfen – das führt zu einem stärkeren Preisdruck und zu rückläufigen Margen. Hinzu kommen hohe Investitionen in Bereichen wie Autonomes Fahren und Elektromobilität."

Trend zu mehr Kooperationen und Partnerschaften

Die echten Herausforderungen lägen aber noch vor der Branche, betont Schwartz: "In den kommenden Jahren werden die Karten neu gemischt. Strengere Emissionsgrenzwerte und der Vormarsch der Elektromobilität führen zu nie dagewesenen Umbrüchen – denen nicht alle Unternehmen gewachsen sein werden. Für die Entwicklung und Einführung verbrauchsärmerer Motoren, neuer Elektroautos und neuer Mobilitätsdienstleistungen werden in den kommenden Jahren enorme Investitionen nötig sein."

Daher gehe der Trend hin zu mehr Kooperationen und Partnerschaften, die teilweise auch sehr weit gingen, erwartet Schwartz: "Nur so lassen sich die enormen Kosten und Risiken bei den Zukunftsinvestitionen in den Griff zu bekommen. In jedem Fall stehen wir am Anfang eines Ausleseprozesses."

Aufgrund der aktuellen Absatzflaute drohen nun Überkapazitäten, fürchtet Schwartz: "Die derzeitigen Absatzrückgänge kommen relativ unerwartet – gerade der schrumpfende chinesische Markt hat einige Anbieter auf dem falschen Fuß erwischt. Das passt nicht zu den optimistischen Planungen vieler Unternehmen, die auf weiteres Wachstum gesetzt hatten. Die Situation in China wird also immer ungemütlicher." Das haben vor allem die französischen und US-amerikanischen Autobauer zu spüren bekommen, deren Absatz im Reich der Mitte im zweiten Quartal um 14 bzw. 55 Prozent einbrach.

Stark sinkende Gewinne, aber gute Perspektiven

Ungeachtet der aktuell insgesamt schwachen Gewinnsituation der deutschen Automobil-Konzerne erfreuen sich ihre Produkte weltweit weiter großer Beliebtheit: So hielt sich das Absatzminus mit zwei Prozent in Grenzen – gerade im Vergleich zur Konkurrenz aus den USA und Frankreich. Der Rückgang sei zudem teilweise auf die mangelnde Verfügbarkeit von Modellen und anstehende Modellwechsel zurückzuführen, so dass im zweiten Halbjahr durchaus wieder ein Absatzplus möglich sei, erwartet Schwartz.

Er betont zudem, dass insbesondere Einmaleffekte für die schwache Gewinnentwicklung im zweiten Quartal verantwortlich waren: "Die deutschen Konzerne haben zuletzt in großem Stil Altlasten aus der Bilanz geräumt – Themen wie die Dieselkrise, Kartellvorwürfe, Rückrufe wegen defekter Airbags und die WLTP-Umstellung haben in den vergangenen Jahren zu erheblichen Gewinneinbußen geführt. Das Großreinemachen könnte nun aber den Weg frei machen für steigende Gewinne, spätestens im kommenden Geschäftsjahr. Denn operativ läuft es bei den Unternehmen nicht schlecht – sie gewinnen weltweit Marktanteile, kommen bei der Elektrifizierung der Modellpalette voran und werden mit harten Sparmaßnahmen auch die Kosten wieder senken."

Brexit und China als Risikofaktoren

Einen Strich durch die Rechnung könnte allerdings die unsichere politische Lage machen: So werde ein harter Brexit immer wahrscheinlicher, was voraussichtlich zu erheblichen Einbußen auf dem europäischen Absatzmarkt führen würde, betont Schwartz. Auch China bereite Sorgen, so Schwartz: „In China sind die deutschen Autokonzerne trotz der aktuellen Marktschwäche derzeit noch gut unterwegs. Wenn der Handelsstreit mit den USA aber weiter eskaliert, wird das auch die deutsche Autoindustrie verstärkt zu spüren bekommen." (red)

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