"Albtraumszenario" für den Handel: "Jetzt geht es um Überlebenshilfe"

Appell an die Bundesregierung durch Lockdown-Verlängerung verschärft: Was jetzt gefordert wird, und was "inakzeptabel" ist.

Nachdem die österreichische Bundesregierung mit Sonntag offiziell und definitiv die Verlängerung des dritten harten Lockdowns bis (vorerst) 7. Februar verkündet hat, reagierten Vertreter der betroffenen Branchen weitgehend mit einem Aufschrei. Denn die Verlängerung und Verschärfung des Lockdowns bedeutet, dass der heimische Non-Food Handel ebenso wie die Gastronomie und Hotellerie weiterhin geschlossen bleiben müssen Hinzu kommt: Im gesamten Handel müssen ab 25. Jänner FFP2-Masken getragen werden.

Will: "Unser Albtraumszenario ist eingetreten"

"Die Coronavirus-Mutation B117 hat leider dafür gesorgt, dass unser Albtraum-Szenario eingetreten ist. Wir rechnen jetzt für den sechswöchigen Lockdown im Handel mit einem Umsatzverlust von fast sechs Milliarden Euro. Mittlerweile sind über 100.000 Jobs in der Branche akut gefährdet. Die Hälfte der verbliebenen Händler hat massive Existenzängste, sie wissen nicht, wie es weitergeht. 10.000 Betriebe sind de facto insolvent", so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will in einer ersten Stellungnahme.

Die heute präsentierten neuen Corona-Hilfen sorgen im Handel für Fassungslosigkeit – sowohl bei den tausenden EPU und KMU-Händlern, deren Liquiditätsreserven längst aufgebraucht sind, als auch bei den beschäftigungsintensiven mittelständischen Händlern, die im Jänner mit einem 30-prozentigen Ausfallsbonus von max. 60.000 Euro abgespeist werden sollen.

Damoklesschwert über unzähligen Unternehmen

"Die Sicherheit und Gesundheit der Bevölkerung steht für den Handel an erster Stelle. Selbstverständlich unterstützen wir jede sinnvolle Maßnahme der Bundesregierung. Das haben wir bereits bei der Umsetzung der Hygienekonzepte bewiesen und werden wir auch bei der FFP2-Maskenpflicht und der Ausdehnung des Mindestabstandes auf 2 Meter gewährleisten", versichert Will, "im Gegenzug erwarten wir uns jedoch, dass die zugesagten Hilfen bei den direkt und indirekt betroffenen Unternehmen endlich ankommen. Die Bundesregierung hat der Bevölkerung zugesichert, dass niemand in dieser Krise zurückgelassen wird. Dieses Versprechen muss jetzt eingelöst werden und die Überlebenshilfe sofort fließen, sonst droht uns heuer ein wirtschaftlicher Kollaps. Nicht das Virus kostet Arbeitsplätze, sondern jene Hilfen, die nicht ankommen".

Unzählige Unternehmen, die vor der Coronakrise vitale Firmen waren, stehen jetzt vor dem finanziellen Ruin. Wenn ihnen aufgrund des verlängerten Lockdowns weiterhin die Möglichkeit der Selbsthilfe verwehrt bleibt, müssen zumindest rasche und höhere Hilfen sowie Planungssicherheit in steuerlicher, finanzieller und bilanzieller Hinsicht zur Selbstverständlichkeit werden. Zusätzlich sollten Firmen durch eine zeitnahe Novellierung des Unternehmensreorganisationsgesetzes die Möglichkeit gegeben werden, schneller und rascher zu gesunden.

Ausfallsbonus mit 60.000 Euro Deckelung "nur Tropfen auf heißem Stein"

"Der mit 800.000 Euro gedeckelte Umsatzersatz hat sich bereits im zweiten Lockdown bewährt und war das einzige Instrument, das rasch an die betroffenen Firmen ausbezahlt werden konnte", so der Handelsverband in der ersten Aussendung nach Verkündung der Lockdown-Verlängerung. Da alle anderen Hilfen (wie unter anderem Kurzarbeit, Fixkostenzuschuss oder Verlustersatz, Anm.) bürokratischer zu beantragen sind und erst mit erheblicher Verzögerung bei den Betrieben ankommen, hatte der Handelsverband vehement für eine Verlängerung des Umsatzersatzes für die gesamte Lockdown-Dauer geworben.

"Erfreulicherweise" habe der Finanzminister diese Forderung aufgegriffen und in Form des "Ausfallsbonus" umgesetzt. Die Höhe von 30 Prozent der Umsatzausfälle im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt sei für die Branche jedoch "ebenso völlig unzureichend" wie die Obergrenze von 60.000 Euro, die die Liquiditätssituation der Firmen "verkenne", so der Handelsverband. Rainer Will findet klare Worte:"Von Bonus kann in Anbetracht der massiven Ausweitung der behördlichen Schließung keine Rede sein. Der Ausfallsbonus ist für jeden mittelständischen Händler nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die Deckelung auf nur 60.000 Euro wird bei vielen betroffenen Unternehmen nur einen Bruchteil der tatsächlichen Umsatzverluste im Lockdown abdecken. Für KMU-Händler wiederum ist die Höhe von maximal 30 Prozent bei weitem zu niedrig angesetzt. Daher appellieren wir an die Bundesregierung, hier dringend nachzubessern, um den Unternehmensfortbestand sowie hunderttausende Arbeitsplätze im österreichischen Handel abzusichern", stellt der Handelssprecher klar.

Mindestens 40 Prozent Umsatzausfall als Auszahlungsbedingung zu hoch angesetzt

Überdies sei die Eintrittshürde mit mindestens 40 Prozent Umsatzausfall "bei weitem zu hoch" angesetzt. "Was soll ein Händler mit 39 Prozent coronabedingtem Umsatzeinbruch dazu sagen?", so Will. Der Handelsverband fordert daher, dass diese Untergrenze als Auszahlungsbedingung zumindest von 40 auf 30 Prozent Umsatzausfall gesenkt wird. Es müsse aber auch hinterfragt werden, warum all jene Betriebe, die weniger als 40 oder 30 Prozent coronabedingten Verlust hinnehmen müssen, um derart viele Hilfen umfallen. "Denn auch Verluste dieser Dimension summieren sich zu einem gravierenden Ausmaß", so Will.

Handelsverband-Forderung für indirekt betroffene Betriebe umgesetzt

Positiv sei anzumerken, dass nun auch alle indirekt vom Lockdown betroffenen Unternehmen, insbesondere der Großhandel, eine unbürokratische, gleichwertige Unterstützung bekommen werden. Dies war eine zentrale Forderung des Handelsverbandes.

Die Bevölkerung, die sich mehrheitlich an die Einschränkungen hält, und alle von den Folgen der Pandemie betroffenen Unternehmen haben sich Dank und gezielte Anreize verdient, damit für die Zeit nach den Lockdowns ein Klima der Zuversicht geschaffen und bis dahin der Zusammenhalt gestärkt wird", schließt Handelssprecher Will, der in diesem Rahmen auch erneut auf die Corona-Petition #arbeitsplätzeretten des Handelsverbandes aufmerksam macht, die mittlerweile von mehr als 6.000 Unterstützerinnen und Unterstützern aus Handel, Gewerbe, Industrie und Privathaushalten unterzeichnet wurde. (red)

www.handelsverband.at

www.arbeitsplaetzeretten.at

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