"In wenigen Jahren wird jedem Büroangestellten ein digitaler Assistent zur Seite stehen"

Automationswelle: Jede zehnte Stelle in fünf Jahren obsolet. 

Drei Viertel der Unternehmen lassen einfache, sich wiederholende Datenverarbeitungsprozesse bereits von Roboterprogrammen erledigen. "Robotic Process Automation, kurz RPA, hat sich in rasantem Tempo etabliert", sagt Sebastian Ostrowicz, Automationsexperte bei Horváth & Partners. Ein Grund dafür dürfte die hohe Zufriedenheit mit dieser Technologie sein: 93 Prozent der befragten Entscheider geben in der aktuellen Horváth-Studie an, ihre Effizienzziele voll erreicht oder sogar übertroffen zu haben. Für die Studie "Next Generation Process Automation" wurden von Februar bis April 2018 insgesamt 180 Entscheidungsträger aus zwölf Branchen im Wirtschaftsraum D-A-CH befragt. 

"Im Vier-Stufen-Modell auf dem Weg zur intelligenten Prozessautomation ist RPA allerdings nur die Einstiegstechnologie", so Ostrowicz. Die nächsten zwei Stufen, Cognitive Automation und Digital Assistants, werden sich dem Experten zufolge ebenfalls in den nächsten ein bis zwei Jahren etablieren. Derzeit sind sie in etwa jedem dritten Unternehmen im Piloteinsatz oder in Planung. "Die verschiedenen Ausbaustufen von Prozessautomation lösen sich dabei nicht gegenseitig ab, sondern werden in verschiedenen Bereichen eingesetzt", so Ostrowicz. Cognitive Automation bezeichnet Software aus dem Bereich Machine Learning, die in der Lage ist, auch in unstrukturierten und kleineren Datenmengen Muster zu erkennen und entsprechend einem Algorithmus zu verarbeiten, den sie selbst stetig verbessert. Digital Assistants kommen in der Kommunikation mit Menschen zum Einsatz. Sie verarbeiten und nutzen Text oder Sprache und sind darauf trainiert, menschliche Intentionen zu erkennen.

"Die höchste und einzige Stufe, bei der man tatsächlich von künstlicher Intelligenz sprechen kann, ist jedoch noch Zukunftsmusik: die so genannten Autonomous Agents", sagt Horváth-Experte Sebastian Ostrowitz. Bei dieser intelligenten Prozessautomation verarbeiten komplexe Softwaresysteme Daten unbegrenzter Menge und Art und übernehmen Aufgaben und Entscheidungen, die menschliches Urteilsvermögen übersteigen, etwa beim autonomen Fahren. Der Studie zufolge haben weniger als fünf Prozent der Unternehmen bereits Ansätze dieser Technologie im Einsatz.

Doch auch die einfacheren digitalen Prozessverarbeitungshelfer der ersten bis dritten Generation werden gravierende Auswirkungen auf die Personal- und Aufgabenstrukturen der Unternehmen haben. Elf Prozent der Vollzeitstellen, so schätzen die für die Horváth-Studie befragten Entscheider, werden innerhalb der nächsten fünf Jahre durch den fortschreitenden Einsatz von Automationslösungen obsolet. Noch einmal fünf Jahre weiter gehen die Befragten von fast einem Fünftel Stelleneinsparungen aus (18 Prozent).

Mitarbeiterwiderstand

Diese Aussichten, so die Befürchtung vieler Manager, werden bei der Belegschaft Widerstand hervorrufen. Für 55 Prozent der Befragten ist mangelnde Akzeptanz der Mitarbeiter die größte Herausforderung beim verstärkten Einsatz von Automationslösungen. Dennoch hält die Mehrheit an ihren Plänen fest, Prozessautomation der ersten bis dritten Stufe weiter auszubauen.

"In den nächsten Jahren werden die Unternehmen Prozessautomation hauptsächlich dazu nutzen, Personallücken zu füllen, die durch den Fachkräftemangel und den demografischen Wandel entstehen", sagt Horváth Automations-Experte Sebastian Ostrowicz. "Erst danach wird es spannend, in welchem Ausmaß die Digitalisierung, wie von vielen Experten prophezeit, tatsächlich neue Jobs schafft und ob diese dann auch durch Mitarbeiter ohne Studium oder IT-Kenntnisse übernommen werden können."

Der Horváth-Experte geht davon aus, dass in wenigen Jahren jedem Büroangestellten ein digitaler Assistent zur Seite steht, der ihm die 80 Prozent Fleißarbeiten wie Datenübertragung, Dokumentation oder Standardkommunikation abnimmt. Die gewonnene Zeit lässt sich für wirklich wertschöpfende Tätigkeiten nutzen, bei denen Know-how und Erfahrung des Angestellten zum Einsatz kommen. In diesem Fall könnte der Mitarbeiter den Roboter als Unterstützer anstatt als Feind wahrnehmen. "Es ist nicht unrealistisch, dass die Kundenanforderungen oder auch Umsatzziele der Unternehmen im Zuge dieser Entwicklung so weit steigen, dass gar nicht weniger menschliches Personal benötigt wird als vor dem Einzug der Roboter", so Sebastian Ostrowicz. (red)

www.horvath-partners.com

 

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