Fotos vom Club Tirol-Event
Einblicke in die "irrlichternde" Trumpsche Zollpolitik

Zwei WU-Professoren erläuterten im Rahmen einer Club-Tirol-Veranstaltung die aktuellen wirtschaftspolitischen Herausforderungen weltweit und in Österreich.

Harald Oberhofer ist nicht nur WU-Professor und renommierter Ökonom, sondern seit dem 20. Jänner 2025 auch begehrt bei Medienvertreter:innen: Seit dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump und den damit einhergehenden Zoll-Verwirrungen wird der Außenhandelsexperte nämlich des Öfteren von der heimischen Presse kontaktiert – mit der Bitte, eine Einschätzung zu den neusten präsidialen Ideen aus Übersee abzugeben. Damit Oberhofer selbst immer am neusten Stand bleibt und so rasch wie möglich über die aktuellsten Vorhaben von Donald Trump informiert ist, hat sich der Professor einen Account bei "Truth Social", der eigenen Social-Media-Plattform des US-Präsidenten, zugelegt. "Ich muss gleich sehen, was er da schreibt", so der Ökonom.

Wie die Trump-Ideen einzuordnen sind, was das eigentliche Ziel seines Zoll-Zickzack-Kurses sein könnte und wie sich dieser auf Österreich auswirkt, erläuterte Harald Oberhofer jüngst den Mitgliedern des Club Tirol. Dieser versammelte sich nämlich vor wenigen Tagen auf Einladung von WU-Rektor Rupert Sausgruber zu einem Vortragsabend im Festsaal der Wirtschaftsuniversität Wien. Unter dem Thema "Aktuelle wirtschaftspolitische Herausforderungen" richtete Oberhofer seinen Blick dabei auf die US-Außenhandelspolitik, bevor Rektor Sausgruber selbst in einem Vortrag die Wirtschafts- und Budgetkrise in Österreich unter die Lupe nahm. Abschließend standen die beiden Experten den interessierten Anwesenden Frage und Antwort zum Thema.

Wie Trumps Zollspiele seinem eigenen Land schaden

Wie Oberhofer erläutert, passe eine der jüngsten Verkündungen auf "Truth Social" wieder einmal perfekt in das "für uns Ökonomen so schräge Bild" von Trumps Zollpolitik: Dabei beklagte Trump, dass die US-amerikanische Filmindustrie aufgrund einer "konzertierten Aktion anderer Nationen im Sterben liege". Also drohte er kurzerhand, 100 Prozent Zoll auf ausländische oder im Ausland produzierte Filme einzuheben. Das klingt nicht nur völlig absurd, sondern ist es wohl auch: "Ich weiß nicht einmal, wie man das praktisch umsetzen soll", so Oberhofer. 

Mit seinen angekündigten – bisher aber noch ausgesetzten – weltweiten Vergeltungszöllen auf Autoimporte, Autoteile, Stahl, Aluminium und andere Güter verfolge Trump offensichtlich das Ziel, das hohe Handelsbilanzdefizit der USA im Warenexport zu verringern und insbesondere die amerikanische Güter-Industrie wieder "great again" zu machen. Aus ökonomischer Sicht sei es jedoch fraglich, ob die nahezu pauschale Zollbelastung von Importen der richtige Weg ist – vor allem, weil die USA bei Dienstleistungen deutlich stärker sind als etwa Europa, das im Gegensatz dazu beim Warenexport Vorteile hat. Sollte Trump alles Angekündigte tatsächlich einheben, werde die "größte Volkswirtschaft der Welt ein so hohes Zollniveau erreichen und damit so abgeschottet sein, wie zuletzt in den 1930er-Jahren", meint der Ökonom. 

Trump plant, die Unternehmenssteuern in den USA zu senken – finanziert durch Zolleinnahmen. Oberhofer sieht das kritisch: "Das hat mehr schlecht als recht im Jahr 1890 funktioniert, die damalige Weltwirtschaft mit der heutigen zu vergleichen, ist jedoch absurd." Mit seinen Maßnahmen will Trump den Anteil der Industrie an der US-Wertschöpfung, der derzeit bei 14 bis 15 Prozent liegt, deutlich steigern, "aber viel mehr als ein paar Prozentpunkte Zuwachs wird er nicht schaffen", glaubt Oberhofer. Erste Wirtschaftsdaten zeigen bereits die negativen Begleiterscheinungen: hohe Produktionskosten, schwaches Wirtschaftswachstum in den USA – mit globalen Auswirkungen –, zunehmender Inflationsdruck, ein schwächerer Dollar. Und die Zölle? Letztlich zahlen sie die amerikanischen Konsument:innen.

Dringender Handlungsbedarf in Österreich

Im Anschluss an Oberhofers Vortrag führte WU-Rektor Rupert Sausgruber den Blick von der Weltwirtschaft zurück auf Österreich. "Dass Österreichs Wirtschaft das dritte Jahr schrumpft, wir beim Wachstum nun EU-Schlusslicht sind, das tut echt weh", statuierte der Volkswirtschaftler und zog "hausgemachte Probleme" dafür zur Verantwortung – darunter etwa die nicht gut bekämpfte hohe Inflationswelle in Österreich, die sich in weiterer Folge 1:1 in massiv höhere Löhne übertragen habe. Dies wiederum habe Unternehmens-Investitionen sinken lassen. Überdies habe der Staat die Wirtschaft zuletzt mit Subventionen und ähnlichem "auf Pump" geschützt, was die Inflation weiter angeheizt habe. "Jetzt haben wir eine belastete Volkswirtschaft mit hohen Lohnkosten und auf der anderen Seite hohe Staatsschulden, die wir abbauen müssen."

Sausgruber sprach zudem ein Strukturproblem an, das es in Österreich gebe: eine ganz schwache Produktivitätsentwicklung. Dafür gebe es vielfältige Gründe, wie den Demografiewandel (sinkende arbeitende Bevölkerung) sowie eine restriktive Migrationspolitik: "Länder, die Technologie-Leader sind, sind offen für gut ausgebildete Zuwanderer:innen, das bringt Produktivitätswachstum." Dementsprechend rät der Experte der Politik, mehr "High-Skilled-Migrant:innen" ins Land zu holen sowie mit Handelsabkommen die Grenzen weit zu öffnen.

Hinsichtlich der "Budgetkrise" appelliert der Rektor zu schnellen Maßnahmen, um zunächst den staatlichen "Primärsaldo" zu konsolidieren, um damit auf "den rechten Pfad zu kommen". Dies wäre mit Einsparungen, aber auch durch befristete, erhöhte (Steuer-)Einnahmen zu bewerkstelligen. Darüber hinaus brauche es vonseiten der Regierung "sehr viel Mut" zu dringend notwendigen Strukturanpassungen – Stichwort Pensionssystem. In Bezug auf eine Deregulierung im Staatsapparat spricht Sausgruber, wohl mit Blick in die USA, eine Warnung aus: "Da muss man sehr aufpassen, welche Ämter man einspart oder wo man Personal abbaut – sonst verliert der Staat an Leistungsfähigkeit und es dauert alles noch länger."

Gemeinsam Verantwortung übernehmen

Abschließend nach den beiden Vorträgen richtete sich Club Tirol-Präsident Julian Hadschieff, selbst erfolgreicher Unternehmer, mit einem Appell an alle Zuhörer:innen: "Wir müssen raus aus der Vollkasko-Mentalität. Wir dürfen nicht länger darauf warten, dass der Staat alles für uns richtet, denn wir selbst sind der Staat. Übernehmen wir gemeinsam Verantwortung, gestalten wir mutig und blicken zuversichtlich nach vorne – so können wir die Zukunft positiv verändern."

Namhafte Gäste

Beim WU-Vortrag mit dabei waren unter anderem Club Tirol-Vizepräsidentin Renate Danler (Renate Danler Consulting) die Club Tirol-Vorstandsmitglieder Peter Kunz (Kunz Wallentin RAE GmbH), Herbert Rieser (cafe+co), Martina Scheiber (HR-Scope), Charlotte Sengthaler (Spa Ceylon Austria) und Luis Bucher (Siemens). Die Vorstandsdirektorin der Tiroler Versicherung Isolde Stieg, Harald Flatscher (Payment Services Austria GmbH), Reinhard Heiserer (Jugend eine Welt), Marianne Hussl-Hörmann (Dorotheum), Hannes Hirber (Nagler & Company), Inge Kuchelmair (Münze Österreich), Marcus Kottinger (VIG), Ralf Kronberger (WKÖ), Thomas Lanner (Berger Fahrzeugtechnik), Martin Lanner (Hoyos Klinger Lanner RAE), Thomas Partl (Topart Immobilien KG), Marius Rohracher (GSV - Die Plattform für Mobilität), Claudia Peintner-Schmied (ORF), Mark Schmitt (Health Impact Transfer), Dominik Schrott (Abgeordneter zum Nationalrat a. D.), Marcel Wieser (CBRE Capital Markets), Patrick Walch (RBI) und Martin Wachter (Rivna Partners).

Eindrücke der Veranstaltung finden sie in der Galerie.

www.clubtirol.net

www.wu.ac.at

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