"Der Kampf um die besten Talente wird essentiell werden"

Country Managerin Petra Hauser und CEO Davide Dattoli im Interview über den Shift zum Humankapital, Arbeitslust und Wien als ersten deutschsprachigen Standort von Talent Garden.  

Seit der Gründung in Brescia 2011 hat sich Talent Garden zur einer der führenden Innovationsplattformen und als Coworking-Netzwerk für digitale Innovation entwickelt. Heute betreibt Talent Garden 23 Campus in acht Ländern (Albanien, Dänemark, Italien, Irland, Litauen, Österreich, Rumänien, Spanien) und bietet tausenden Talenten aus den Bereichen Startups, Freelancer, KMUs und Großunternehmen eine Infrastruktur für ihre Entfaltung. LEADERSNET hat mit Petra Hauser und Davide Dattoli  über ihre Vision, Ziele und das Arbeiten der Zukunft gesprochen. 

LEADERSNET: Welche Vision verfolgen Sie mit Talent Garden? Wohin geht  die Reise?

Dattoli: Talent Garden wurde 2011 in Italien gegründet und hat es sich zur Aufgabe gemacht, lokale, lebendige und global vernetzte Standorte zu schaffen, die digitale und technische Communities stärken. Wir sind von der Mission geleitet, konkrete Möglichkeiten zu schaffen, um dem Wunsch von Innovatoren nachzukommen, die sich als Teil eines Ökosystems fühlen wollen, das über die Grenzen ihres Landes hinausgeht. In diesem Jahr hatten wir Neueröffnungen in Mailand, Rom, Wien, Turin sowie Madrid und arbeiten derzeit auch daran, unsere Präsenz im DACH-Raum, in Frankreich und den Nordischen Ländern auszubauen. Um zusätzlich auch die europäische Gemeinschaft mit den stärksten globalen Technologie-Ökosystemen wie dem Silicon Valley zu verbinden, arbeiten wir auch an einem besonderen Projekt in San Francisco.

Hauser: Für strategische Zukunftspläne eignet sich Wien als erster deutschsprachiger Standort natürlich hervorragend: Einerseits für Skalierungen innerhalb des Landes, aber auch als Drehscheibe für Expansionen im DACH oder CEE Bereich. Wir haben jedenfalls viel vor.

LEADERSNET: Der Eintritt in einen neuen Markt ist immer mit einem gewissen Risiko verbunden, aber Talent Garden Vienna scheint recht erfolgreich und fast ausgebucht zu sein. Wie wurde Ihr innovatives Konzept in den anderen europäischen Ländern angenommen?

Dattoli: In Italien ist die Brand Awareness von Talent Garden extrem groß, was natürlich daran liegt, dass wir unseren Ursprung in diesem Land haben und hier bereits in 11 Städten vertreten sind. Als Beispiel: Vergangene Woche haben wir in Rom unseren dritten Campus eröffnet und bereits vor der offiziellen Eröffnung hatten wir 350 Mitglieder aus innovativen Start-ups, Freelancern und Unternehmen. Wichtig ist, dass wir in jedem Land, in das wir expandieren, mit starken lokalen Partnern zusammenarbeiten, die die gleiche Vision teilen - nur so ist es möglich, dass man erfolgreich und nachhaltig das Campus-Netzwerk erweitert. Und dass unser Wiener Standort nach nur 6 Monaten bereits zu mehr als 80% ausgelastet ist, ist ein wunderschönes Zeichen dafür, dass unsere Mission auch außerhalb Italiens funktioniert. Das ist einerseits den lokalen Partnern, aber auch einem herausragenden Team zu verdanken.

LEADERSNET: Apropos Team: Seit September steht Talent Garden Austria unter neuer Leitung. Wie lässt sich Ihre langjährige Erfahrung in ein junges, dynamisches Umfeld wie dieses einbringen?

Hauser: Die Position als Country Manager von Talent Garden Austria vereint sämtliche meiner Leidenschaften: Innovation, Digitalisierung, Startups, Community - aber vor allem auch Bildung. Ich bin außerdem auch CEO und Gründerin des Exponential Business Hub, einem Kompetenzzentrum für digitale Transformation, sowie Chapter Ambassador der SingularityU Vienna. Es mag vielleicht ungewöhnlich erscheinen, dass man von der Selbstständigkeit zurück in ein Unternehmen bzw. ein Startup wechselt, aber genau das macht das Ganze zu einer spannenden Herausforderung. Und nicht nur ich kann meine Erfahrung in Talent Garden einbringen, sondern ich nehme gleichzeitig auch viel neue Inspiration mit.

Dattoli: Mit Petra haben wir eine Country Managerin gefunden, die die Reise von Talent Garden in Österreich mit ihrer Expertise optimal begleitet und von der wir alle profitieren. Vor allem freut es mich, dass unsere Unternehmenswerte Diversität und Gleichberechtigung mit Petra als weitere Frau in einer Führungsposition gelebt und gestärkt werden. Im gesamten Unternehmen sind derzeit mehr als 65 Prozent Frauen - in Österreich sind es sogar 80 Prozent.

LEADERSNET: Das Konzept basiert auf drei Säulen: Coworking, Innovation School und Business Networking in Form von Events. Welche DNA verbirgt sich hinter dieser Trilogie?

Hauser: Im Gegensatz zu den meisten vertikalen Mitbewerbern, die sich entweder auf Arbeitsbereiche, Bildungs- oder Innovationsaktivitäten spezialisiert haben, bietet Talent Garden ein einzigartiges Konzept, das alle Aspekte vereint. Außerdem legen wir besonderen Fokus auf die digitale Technologie und auf die Vernetzung und Stärkung unserer Community. Heute beherbergen wir mehr als 4.500 Innovatoren innerhalb des Campus-Netzwerkes in Europa, haben im vergangenen Jahr 2.300 Studierende sowie 1.200 Kinder in den Bereichen Coding und Robotik ausgebildet, und veranstalteten 1.700 Events mit über 65.000 Teilnehmenden.

LEADERSNET: Wie innovativ ist Ihre Innovation School? Was kann diese?

Dattoli: Mit der Gründung der Talent Garden Innovation School wurden wir 2015 im Bildungsbereich aktiv. Es handelt sich dabei um eine innovative Bildungsinstitution, die Bootcamps, digitale Transformationsprogramme für Unternehmen und Masterclasses im Bereich digitaler Technologien und Innovationen anbietet. Dabei konzentrieren wir uns auf die Kernbereiche Business, Coding, Data, Design und Marketing. Unsere Konzepte sind sehr praxisbezogen. Wir schauen uns an, welche Skills am Arbeitsmarkt benötigt werden und maßschneidern unsere Kurse dann dementsprechend. Neben
Wien, gibt es auch in Mailand, Rom, Madrid, Dublin und Kopenhagen Standorte. Überall dort bilden wir junge Menschen und Fachleute aus, bringen neue Kultur und innovative Fähigkeiten in die Unternehmen ein und bieten Upgrades und Updates für diejenigen, die in diesen Bereichen bereits tätig sind.

Hauser: In Wien starten wir Mitte November mit unseren ersten drei Vollzeit-Bootcamps in den Bereichen Coding, UX Design und Growth & Digital Marketing. Das Besondere: Nach der dreimonatigen Ausbildung folgt ein sechsmonatiges Praktikum bei einem unserer Partnerunternehmen - so verknüpfen wir optimal die Ausbildung mit der Praxis. 2020 wird es neben den Vollzeit-Programmen, auch Teilzeit-Programme geben und im Jänner bieten wir spannende Masterclasses zu hochaktuellen Themen wie Internet of Things und Blockchain an.

LEADERSNET: Kann man mit den tradierten Wirtschaftsmustern noch Geld verdienen oder benötigt man den Spirit von Talent Garden?

Dattoli: Momentan basieren Unternehmenswerte nur auf finanziellen Aspekten, zukünftig werden die Werte der Personen, die für das Unternehmen arbeiten, verstärkt in den Vordergrund rücken - also der klassische Shift zum Humankapital. Für viele Unternehmen werden nicht mehr technologische Vorteile, sondern eher die Talents den entscheidenden Faktor ausmachen, durch den sie sich von der Konkurrenz abheben. Die Talente werden Innovationen und damit Wettbewerbsstärke in die Unternehmen bringen. Der Kampf um die besten Talente und um deren Zufriedenheit am Arbeitsplatz wird für jedes Unternehmen essentiell werden.

LEADERSNET: Wie ist die Arbeitslust der Zukunft definiert?

Hauser: Wie Davide bereits erwähnt hat, werden sich die Sichtweisen - einerseits der Unternehmen, andererseits auch die der Talents - drastisch verändern. Unternehmen werden stärker an ihrer Unternehmenskultur sowie an der Work-Life-Balance ihrer Mitarbeiter arbeiten müssen. Wenn Unternehmen den Mitarbeitern die Wahl von Arbeitsplatz und -zeiten überlassen, müssen sie sie auch dabei unterstützen, produktiver zu sein. Ziel sollte also eher sein, eine Arbeitsumgebung für Mitarbeitende zu schaffen, in der sie sich wohlfühlen und sich weiterentwickeln können. Die Herausforderung wiederum wird darin bestehen, einen Rahmen zu bilden, der allen individuellen Bedürfnissen gerecht wird und dennoch Teamarbeit und Motivation ermöglicht.

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