Für die Wirtschaft Österreichs sind internationale Unternehmenszentralen essenziell – nicht nur schaffen sie hochqualifizierte Arbeitsplätze, sondern fördern auch Innovation und vernetzen den Wirtschaftsstandort Österreich auf internationaler Ebene. Damit dies so bleibt, müssen natürlich Anreize geschaffen werden – aktuell ein schwieriges Unterfangen, denn bürokratische Hürden, hohe Steuerbelastungen, Fachkräftemangel – insbesondere im digitalen Bereich – sowie steigende Energie- und Standortkosten gefährden die Wettbewerbsfähigkeit.
Wie man Österreich als attraktiven Standort für internationale Headquarters erhalten und weiterentwickeln kann, war jüngst Thema einer gemeinsamen Veranstaltung des Club 20 und eXplore!. Auf Basis des Buches "Österreich und seine Headquarters Economy", herausgegeben von Forscher:innen der Wirtschaftsuniversität Wien, stellten sich beim Event führende Wirtschaftsexpert:innen dem Problem und diskutierten über mögliche Lösungsansätze.
Österreich mit großem, aber ausbaufähigem Potenzial
Zu Beginn des Gesprächs machte Phillip Nell, Leiter des Forschungsprojekts Headquarters in Austria an der Wirtschaftsuniversität Wien, deutlich, warum Unternehmenszentralen für das Land so relevant sind: "Sie schaffen nicht nur hochwertige Arbeitsplätze, sondern wirken auch als wirtschaftlicher Multiplikator. Wissenschaftliche Forschung zeigt, dass jeder Job in einer Zentrale mindestens zwei weitere Stellen im Land nach sich zieht – vor allem im Dienstleistungssektor." Der Experte erläuterte, dass die Standortwahl internationaler Unternehmen auf vielfältigen Faktoren basiere – überzeugen könne Österreich etwa durch seine Nähe zu Osteuropa, die politische Stabilität, eine leistungsfähige Infrastruktur und oftmals auch durch bestehende Produktionskapazitäten im Land. Vor diesem Hintergrund warnt Nell: "Wenn die politische Stabilität ins Wanken gerät, notwendige Infrastrukturinvestitionen ausbleiben und Produktionskapazitäten schrittweise abgebaut werden, droht Österreich an Attraktivität zu verlieren."
Der Wettbewerb um die Ansiedelung von Unternehmenszentralen werde zunehmend kompetitiver, beobachtete auch René Tritscher, Geschäftsführer der Austrian Business Agency (ABA). "Österreich punktet mit zentraler Lage, großartiger Forschungsförderung und hoher Lebensqualität, aber administrative Hürden, hohe Abgaben und steigende Betriebskosten setzen den Standort immer mehr unter Druck. Das Regierungsprogramm bietet in vielen dieser Bereiche bereits Ansatzpunkte für Verbesserungen – die Herausforderung wird jedoch sein, diese rasch umzusetzen."
Standortwahl aus Unternehmenssicht
Einen Betrag zur Diskussion aus Unternehmenssicht leistete Martina Sennebogen, Vorstandsvorsitzende von Capgemini Österreich. Für ihr Unternehmen sei vor allem wichtig gewesen, dass Österreich eine hohe Lebensqualität und eine exzellente Ausbildungsqualität bietet. "Der zentrale Punkt, den wir jedoch dringend verbessern müssen, ist die Integration von Fachkräften – sowohl in kultureller als auch in bürokratischer Hinsicht. Hier besteht noch erheblicher Optimierungsbedarf. Darüber hinaus benötigen wir eine größere Offenheit gegenüber Transformationen und der internationalen Arbeitskräftezuwanderung", so die Vorstandsvorsitzende.
Und auch Birgit Rechberger-Krammer, Präsidentin von Henkel Österreich, gab einen Einblick in die Standortentscheidung für Österreich: "Henkel hat sich für eine regionale Zentrale in Österreich entschieden, weil wir hier produzieren, Waren distribuieren und lagern sowie Ausbildungszentren für unsere Kunden betreiben. Diese Voraussetzungen haben die Entscheidung, das Top-Management nach Österreich zu holen, erheblich erleichtert." Damit Österreich auch künftig und langfristig attraktiv für Ansiedelungen bleibt, brauche es einen raschen Bürokratieabbau und eine klare Positionierung, so die Henkel-Präsidentin: "Wien eignet sich beispielsweise hervorragend für den Bereich der Biowissenschaften. Wenn wir gezielt Zukunftsbereiche fördern und dazu die entsprechenden Ökosysteme entwickeln, kann Österreich in bestimmten Nischen echte Standortvorteile aufbauen."
Eindrücke vom Event finden Sie in unserer Galerie.
www.club20.net
www.explore.university
Kommentar veröffentlichen