Die Industriellenvereinigung (IV) hat am Donnerstag die Ergebnisse ihrer aktuellen Konjunkturumfrage (siehe Infobox) präsentiert. Dabei gibt es erstmals seit langer Zeit eine leicht positive Tendenz. Denn laut dem Konjunkturbarometer dürfte die schon drei Jahre anhaltende Talfahrt der österreichischen Wirtschaft und Industrie sich ihrem unteren Wendepunkt nähern. Gleichzeitig könne noch keine Entwarnung gegeben werden. "Jedoch wäre es verfrüht, auch nur einen Hauch von Frühjahrserholung zu erkennen", so die IV. Zwar verbessere sich erstmals seit 18 Quartalen die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage, aber zentrale Indikatoren wie die Produktionserwartungen verharrten noch in negativem Territorium. Zudem seien seit der Erhebungsperiode zusätzliche handelspolitische Risiken aufgekommen, welche eine Trendumkehr wieder zunichtemachen könnten.
Lage bleibt fragil
Konkret steigt das IV-Konjunkturbarometer auf +1,8 Punkte – und liegt damit zum ersten Mal seit Mitte 2023 wieder über der Nulllinie. "Doch eines muss uns allen klar sein: Ein so dringend gewünschtes Comeback der Zuversicht braucht eine reale Grundlage. Zwar verbessert sich die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage, aber die Lage bleibt – nicht zuletzt durch die neue, radikale Zollpolitik der USA – fragil. Die Anzahl der pessimistischen Unternehmen wird weniger, die Optimisten werden aber kaum mehr. Die aktuellen Ergebnisse der IV-Konjunkturumfrage sind daher keinesfalls als Freibrief fürs Nichtstun – im Sinne von 'Es wird sich schon von selbst bessern' – zu verstehen, sondern ein klarer Auftrag an die Politik, rasch zu handeln, um das zarte Pflänzchen der Stabilisierung zu schützen und zu stärken", so Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung.
IV-Chefökonom Christian Helmenstein sieht es ähnlich: "Mit dem Vorzeichenwechsel beim IV-Konjunkturbarometer verzeichnen wir ein statistisches Lebenszeichen der Industrie, für einen Aufschwung braucht es jedoch einen wirtschaftspolitischen Befreiungsschlag bei der Belastung der Unternehmen. Die Talsohle ist in Sicht – aber ohne gezielte Impulse wird die Rezession lediglich von einer prolongierten konjunkturellen Seitwärtsbewegung abgelöst werden. Es bedarf eines Zusammenspiels aus Strukturreformen, Investitionsanreizen und neuen außenwirtschaftlichen Beziehungen, um auf einen Wachstumspfad zurückzukehren."
Zollkonflikt als Risiko
Besonders vor dem Hintergrund schon eingetretener und noch zunehmender Zollkalamitäten im transatlantischen Handel sei zu berücksichtigen, dass angesichts hoher Risiken für die exportorientierte Industrie der Handlungsimperativ für die nationalen und europäischen Entscheidungsträger:innen wichtig bleibe, strategisch gegenzusteuern. Es brauche jetzt mehr denn je ein industriepolitisches Programm, das die Standortresilienz untermauert, unternehmerisches Vertrauen stärkt und internationale Aktionsräume ausbaut, zeigt man sich bei der Industriellenvereinigung überzeugt.
"Der Umstand, dass der Anteil der Pessimist:innen, die ins neutrale Lager wechseln, zunimmt, ist ein typisches Frühsignal für eine bevorstehende Trendwende. Für tragfähigen Optimismus braucht es kurzfristig Maßnahmen wie beschleunigte Abschreibungen, welche die Zuversicht und damit die Investitionen zurückbringen, wie sie ansatzweise in Deutschland vorgesehen sind", fordert Neumayer. Mittelfristig brauche es laut dem IV-Generalsekretär eine mutige österreichische Industriestrategie, die Kosten für Arbeit, Energie und Bürokratie senkt, budgetäre Spielräume für Strukturreformen schafft und Möglichkeiten gibt, in Zukunftstechnologien zu investieren – und vor allem neue Partnerschaften und Handelsbeziehungen aktiv gestaltet. Nur so lasse sich die Wettbewerbsfähigkeit dauerhaft absichern und der Weg aus der industriellen Stagnation nachhaltig gestalten.
Wichtige Ergebnisse im Überblick
Wie eingangs erwähnt, zeigt die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage bei den befragten Unternehmen nach 18 Quartalen erste Anzeichen einer Stabilisierung. Der Saldo verbessert sich auf -4 Punkte (zuvor -15). Trotz weiterhin negativer Stimmung deute dies auf eine Annäherung an die Talsohle hin. Auch die Erwartungen in sechs Monaten verbesserten sich, der Saldo steigt auf +7 Punkte. Besonders der Rückgang jener, die mit einer Verschlechterung rechnen (von einem Drittel auf 10 Prozent), trage dazu bei. 17 Prozent erwarten demnach Besserung, 73 Prozent sehen keine Änderung.
Das IV-Konjunkturbarometer – ein gewichteter Mittelwert aus aktueller Lage und Erwartungen – liegt nun bei +1,8 Punkten. Somit helle sich der Konjunkturhorizont leicht auf, erste positive Impulse zeichneten sich ab. Ebenfalls positiv: Der Indikator der Gesamtauftragsbestände steigt deutlich auf -1 Punkt (zuvor -18), womit der Auftragsverlust fast zum Stillstand kommt – laut der Industriellenvereinigung sei das ein wichtiges Signal für den Erhalt heimischer Produktionsstandorte.
Auch die Auslandsaufträge ziehen der Umfrage zufolge an: Der Saldo verbessert sich von -13 auf -1 Punkt. Die Lage bleibe aber angespannt – Österreichs Industrie verliere weiter Marktanteile und könne vom globalen Wachstum kaum profitieren. Zudem würde die Euro-Aufwertung gegenüber dem Dollar die Exportaussichten zusätzlich belasten.
Weniger gut ist folgendes Ergebnis: Wegen der schwachen Auftragslage bleiben die Produktionserwartungen negativ. Der saisonbereinigte Saldo steigt leicht auf -5 Punkte (zuvor -8), was auf eine verlangsamte Schrumpfung hinweise, eine Trendwende bleibe jedoch aus. Die Beschäftigungsaussichten bleiben laut dem Konjunkturbarometer ebenfalls eingetrübt: Der Saldo verbessert sich zwar auf -13 Punkte (zuvor -31), bleibt aber negativ. 22 Prozent der Unternehmen wollen demnach Personal abbauen, nur neun Prozent neue Stellen schaffen.
Trotz schwacher Auslastung bleibe der Kostendruck hoch, wodurch die Preiserwartungen zulegen: Der Saldo steigt von -2 auf +8 Punkte. Daher bleibe auch die Ertragslage angespannt, der aktuelle Saldo stagniert bei -23 Punkten. Ertragserwartungen in sechs Monaten drehen jedoch ins Positive (Saldo +6), so die IV – bedingt durch einen Rückgang der pessimistischen Einschätzungen.
Fazit
Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Hoffnung auf eine Stabilisierung vorsichtig zu keimen beginnt und damit die Erwartung, dass die Talsohle der Rezession in der Industrie im Laufe dieses Jahres erreicht werden wird. Laut IV aber nur dann, wenn zeitnah die richtigen Schritte gesetzt werden. Allerdings würden geopolitische und außenwirtschaftliche Unsicherheiten eine allfällige Erholungsperspektive erheblich dämpfen.
www.iv.at
Kommentar veröffentlichen