KSV1870 Insolvenzstatistik
In Österreich gehen derzeit täglich 19 Unternehmen pleite

| Redaktion 
| 20.03.2024

Erstes Quartal 2024 ist das insolvenzreichste seit 2009. Parallel dazu steigen die Passiva laut KSV1870 aufgrund vieler Großinsolvenzen gravierend.

Wenn man in den vergangenen Wochen die Nachrichtenseite seiner Wahl besucht hat, kam man an den zahlreichen Meldungen rund um die Insolvenzen der Signa-Gruppe (worüber es mittlerweile sogar schon ein Theaterstück gibt (LEADERSNET berichtete)) und dessen einst schillernden Gründer René Benko kaum vorbei. Im Windschatten dieser mega Pleiten braut sich aber abseits der großen Wahrnehmung etwas zusammen: Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Insolvenzen unlängst um ganze 27,3 Prozent. Damit ist das erste Quartal 2024 das insolvenzreichste seit 2009.

Das Insolvenzgeschehen hat in den ersten drei Monaten des Jahres deutlich an Geschwindigkeit zugelegt. Die wirtschaftliche Lage zahlreicher heimischer Unternehmen ist im Jahr 2024 weiterhin äußerst angespannt und das Marktumfeld gestaltet sich vielerorts schwierig – insbesondere die Industrie leidet aufgrund der hohen Energiekosten massiv.

"Unübersehbare Spuren"

"Die vergangenen Jahre haben unübersehbare Spuren in den Betrieben hinterlassen. Der Druck auf die Wirtschaft steigt zunehmend und die daraus resultierenden Folgen spiegeln sich jetzt auch im sehr deutlichen Anstieg der Insolvenzen wider", meint Karl-Heinz Götze Leiter KSV1870 Insolvenz. Aufgrund der Entwicklungen im Vorjahr sei ein Anstieg im Bereich der Firmenpleiten jedenfalls erwartbar gewesen. Der nunmehrige Zuwachs von 27,3 Prozent auf 1.691 Unternehmensinsolvenzen falle in diese Dimension dann aber doch etwas höher als erwartet aus. Ein tiefergehender Blick in die aktuelle Hochrechnung zeigt, dass bereits im vierten Quartal 2023 mit 1.450 Pleiten rund 150 Fälle mehr gezählt wurden als in jedem der drei vorangegangenen Quartale.

"Das erste Quartal 2024 ist nicht nur das insolvenzreichste Quartal seit dem Jahr 2009, sondern aus heutiger Sicht auch der Auftakt zu einem massiven Zuwachs an Insolvenzen in 2024", so Götze, und fügt hinzu: "Das Tempo hat sich deutlich erhöht. Vor allem sind immer häufiger auch etablierte, größere Betriebe betroffen."

© KSV1870

Steigende Zahl an "Nichteröffnungen" belasten Wirtschaft

Eine zusätzlich besorgniserregende Entwicklung ist die weiterhin hohe Zahl an nichteröffneten Fällen aufgrund fehlenden Kapitals. Gegenüber dem Vorjahr sind die "Nichteröffnungen" um 15,3 Prozent auf 597 Fälle gestiegen. "Es ist mehr als bedenklich, dass in diesen Fällen nicht einmal mehr die Verfahrenseröffnung bei Gericht bezahlt werden kann. Vor allem, weil wir hier von Kosten in der Höhe von 4.000 Euro sprechen", so Götze. Diese Entwicklung würden die heimische Wirtschaft zunehmend gefährden. Denn nicht ordnungsgemäß abgewickelte Firmen würden gleichzeitig ein höheres Geschäftsrisiko für deren Geschäftspartner bedeuten, zumal diese in solchen Fällen de facto zur Gänze auf ihren offenen Forderungen sitzen bleiben. „Für die betroffenen Geschäftspartner kann das mittel- und langfristig zum Fiasko werden und im schlimmsten Fall den Ruin bedeuten“, so Götze.

Insolvenztreiber: Bau, Handel, Beherbergung/Gastronomie

Wie die aktuelle KSV1870 Hochrechnung zeigt, belegt die Bauwirtschaft mit 312 insolventen Unternehmen (+ 17 Prozent) seit Jahresbeginn Platz eins. Dieses Ergebnis kommt insofern wenig überraschend, da sich die Bauwirtschaft, neben dem Handel, bereits im Vorjahr zu einem der größten Sorgenkinder der heimischen Wirtschaft entwickelt hat. Und auch für das Jahr 2024 wird aus Sicht der Wirtschaftsforscher keine nennenswerte Verbesserung in Aussicht gestellt. Getrieben von massiven Preissteigerungen ist insbesondere der Wohnbau betroffen. Darüber hinaus stabilisiert sich die Zahl der Baubewilligungen lediglich auf niedrigem Niveau, worunter Projektentwickler und in weiterer Folge auch beauftragte Bauunternehmen leiden. Auf Platz zwei liegt der Handel mit insgesamt 306 Pleiten (+ 33 Prozent) – die größten prozentuellen Anstiege innerhalb der Branche verzeichnen der Kfz-Handel (+ 58 Prozent), der Großhandel (+ 34 Prozent) und der Einzelhandel mit einem Zuwachs von 24 Prozent. Auf Position drei rangiert der Sektor Beherbergung/Gastronomie mit 237 Fällen (+ 28 Prozent).

Passiva explodieren

Eines wird aktuell besonders deutlich: die Zahl der Großinsolvenzen mit Passiva von zumindest 10 Millionen Euro steigt. Während im Vorjahr zu diesem Zeitpunkt lediglich fünf Unternehmensinsolvenzen dieser Dimension zu Buche standen, sind es heuer bereits 14 Fälle. Die bislang größte Firmenpleite nach Passiva betrifft die Windhager Zentralheizung Technik GmbH aus Salzburg mit Verbindlichkeiten von 78,2 Millionen Euro, heißt es vom KSV1870. Insgesamt sind die Passiva gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um 146,2 Prozent auf 992 Millionen Euro gestiegen. Weiters fällt auf: Im ersten Quartal 2023 gab es innerhalb der zehn größten Fälle drei Konkursverfahren und sieben Sanierungsverfahren mit/ohne Eigenverwaltung zu vermelden – in diesem Jahr fällt das Ergebnis genau umgekehrt aus.

"Der gute Wille vieler Unternehmen, das Ruder doch noch selbständig herzumzureißen, ist zuletzt vermehrt zum Boomerang geworden. Durch zu langes Abwarten blieb in diesen Fällen am Ende nur noch die Option eines Konkursverfahrens übrig, was häufig in einer vollständigen Liquidierung des Betriebes endet und für viele Menschen den Verlust ihres Arbeitsplatzes bedeutet", so Götze.

www.ksv.at

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