Thyssenkrupp streicht 11.000 Jobs

Auf Milliardenverlust folgt nun die große Kündigungswelle – Geplanter Stellenabbau durch Corona beinahe verdoppelt.

Thyssenkrupp startet das größte Sparprogramm seiner Unternehmensgeschichte: Nachdem der führende deutsche Stahlhersteller bereits im abgelaufenen Geschäftsjahr immense Verluste hinnehmen musste, ist der Konzern durch die Auswirkungen der Coronakrise nun dazu gezwungen, den Sparstift noch rigoroser anzusetzen. Noch im Frühjahr war von 6.000 abzubauenden Stellen die Rede, nun sollen jedoch insgesamt 11.000 Arbeitsplätze gestrichen werden. Diese Zahl, die der Industriekonzern am Donnerstag im Rahmen seiner Bilanzpressekonferenz kommunizierte, entspricht mehr als jedem zehnten Arbeitsplatz im Unternehmen.

Besonders deutsche Jobs betroffen

Vor allem die deutschen Standorte sollen Hauptleidträger des Massen-Stellenabbaus werden. In Deutschland stehen 7.000 Jobs zur Disposition oder wurden bereits gestrichen. Zu diesem Zeitpunkt sei auch noch ungewiss, ob nicht noch weitere Arbeitsplätze fallen werden müssen. "Wir werden weitere, auch tiefgreifende Entscheidungen treffen müssen", so die Vorstandsvorsitzende von Thyssenkrupp, Martina Merz. Für die Sanierung des Stahlgeschäfts hofft sie auf finanzielle Unterstützung des Staates. Im Ende September ausgelaufenen Geschäftsjahr musste Thyssenkrupp den Wert seiner Stahlsparte um mehr als 1,5 Milliarden Euro nach unten korrigieren. Viele unrentable Unternehmensteile stehen zum Verkauf.

Thyssenkrupp musste (ohne das mittlerweile verkaufte Aufzugsgeschäft, Anm.) einen bereinigten operativen Verlust (Ebit) von 1,6 Milliarden Euro hinnehmen. Dies entspricht einer steilen Kurve nach unten, denn im Vorjahr war noch ein Minus von 110 Millionen Euro angefallen. Den mit Abstand größten Anteil am Minusgeschäft steuerte dabei das Stahlgeschäft bei, wo ein Verlust von fast einer Milliarde Euro angefallen war. Der Umsatz brach im fortgeführten Geschäft um 15 Prozent auf rund 28,9 Milliarden Euro ein. "Die Coronakrise hat uns voll erwischt", sagte Merz. Vor allem die Nachfrage aus der Automobilindustrie war eingebrochen. Thyssenkrupp macht 30 Prozent des Umsatzes mit den Autoherstellern.

Zukunftslösung soll im März gefunden werden

Das wohl brennendste Problem von Thyssenkrupp ist die Stahlfrage. Eine Lösung hierfür soll bis zum Frühjahr gefunden werden: "Wir wollen im März im Prinzip die Zukunftslösung für den Stahl haben", sagte Merz, die nachlegte: "Wir machen es selbst, oder wir gehen zusammen".

Thyssenkrupp lotet Kooperationen mit anderen Stahlherstellern in Europa aus, prüft aber auch ein Übernahmeangebot des britischen Konzerns Liberty Steel für seine Stahlsparte. Die Briten hatten bereits im Oktober ein Angebot vorgelegt. Selbst als Käuferin will Merz aber nicht auftreten. Eine Übernahme biete sich in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Verfassung von Thyssenkrupp nicht an. Deshalb sei diese Option nicht geprüft worden.

Gespräche um Staatshilfe am Laufen

Thyssenkrupp würde für eine Sanierung des Stahlgeschäfts im Alleingang aber finanzielle Hilfe benötigen, wie Vorstandschefin Merz klarstellte. Man sei in Gesprächen mit der Deutschen Bundesregierung über Geld aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Wenn Thyssenkrupp beim Stahl alleine weitermache, wäre es "eine große Hilfe, wenn wir Mittel daraus bekommen könnten", betonte die Konzernchefin.

Dies wäre der Interessensgemeinschaft Metall jedoch nicht genug, diese fordert einen Einstieg des Staates bei der Stahlsparte von Thyssenkrupp.

Merz zeigt sich positiv: "Wir werden kleiner, aber auch profitabler"

Trotz der aktuell bedrohlichen Lage ist Merz zuversichtlich, das Ruder bei dem Traditionskonzern herumreißen zu können. "Der Umbau kommt insgesamt gut voran", versicherte sie. Durch den Verkauf der Aufzugsparte für mehr als 17 Milliarden Euro konnte der Konzern seine Bilanz aufbessern. Thyssenkrupp werde "kleiner, aber auch profitabler", betonte Merz.

Der Stellenabbau läuft seit dem vorigen Jahr, rund 3.600 Arbeitsplätze sind bereits weg. Damit müssen in den kommenden drei Jahren noch 7.400 Stellen gestrichen werden, wie Personalvorstand Oliver Burkhard vorrechnete. Diese Zahl sei "eine Momentaufnahme aus heutiger Perspektive". Sie hänge vom weiteren Geschäftsverlauf und der Entwicklung der Pandemie ab. "Neue, langfristige Beschäftigungsgarantien können wir aktuell nicht geben." Betriebsbedingte Kündigungen seien nicht ausgeschlossen, sollen aber das letzte Mittel sein. Die IG Metall reagierte empört. "Kostenreduzierungen, die sich auf Personalabbau und Mitarbeiterbeiträge konzentrieren, lehnen wir ab", sagte der Vize-Vorsitzende des Thyssenkrupp-Aufsichtsrats, Jürgen Kerner, der Rheinischen Post.

www.thyssenkrupp.com

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